Als Varons Blutschatten anfing zu bocken, wusste Reyna, sie waren am richtigen Ort.
Dunkelrot schien die Sonne vom Himmel, obwohl es kaum nach Mittag sein konnte.
„Die Dunkelheit des Kaiserreichs wird hier stärker." erklärte Varon leise. Er deutet auf den Norden. „Die Grenze zu meiner Heimat ist nur wenige Kilometer von hier entfernt."
Reyna folgte der Richtung, in welcher der Dunkelelf deutete.
Schwarze Wolken zogen im Norden auf. Sie kniff die Augen zusammen. Die Wolken waren anders. Dunkler als Regenwolken. Sie hingen schwer und Tief über den Schwarzen Landen der Dunkelelf.
„Als der Untergang über das Elfische Reich kam, wurde der Himmel verdunkelt, so das kein Licht mehr in unser Reich gelang." begann Varon, doch Reyna räusperte sich schmerzhaft und Unterbrach ihn. „Ich kenne die Geschichte eures Reiches schon, Prinz Varon. Ihr müsst sie mir nicht noch einmal erzählen."
Der Dunkelelf sah sie mit einer hochgezogenen Augenbrauen an. Kurz dachte Reyna, er würde sie wegen ihres Tonfalls maßregeln, doch die tat er nicht. „Ihr solltet mich nicht mehr Prinz nennen Prinzessin." sagte er leise.
Asha hinter ihm runzelte Fragend die Stirn. „Aber ihr seit doch der Prinz Asphodels?"
Varon schüttelte leicht den Kopf. „Nein, Lady Asha. Mein Vater, Kaiser Nytheios, hat mich meiner Position als Erbe des Thrones enthoben und mir den Titel des Prinzen genommen."
Er sah zu den Schwarzen Wolken am Horizont. „In den Augen meines Volkes, bin ich nichts mehr, außer meinem Namen."
„Oh." Asha klang etwas kleinlauter als sonst.
Sie setzten ihren Ritt fort, doch langsamer als zuvor.
Die Bäume um sie herum wurden immer Dunkler und schwärzer. Das Licht der Untergehenden Sonne und der auskommende kalte Wind, ließen die Bäume schwanken und verschwimmen, bis Reyna schwindelig wurde.
Immer Tiefer ritten sie in den Schwarzen Wald hinein. Schließlich entdeckte Reyna eine Art Turm, in der Ferne. Dort mussten sie hin, da war sie sich sicher.
Als sie es Varon mitteilte, wurden seine Augen für einen Moment lang schmal, doch er sagte nichts.
Das Licht des Tages, war nur noch als hellblauer Schimmer zu erahnen, als die drei das Gemäuer erreichten.
Es handelte sich, nicht wie von Reyna angenommen, um einen Einzelnen Turm, welcher im Wald stand, sondern um eine ganze Festungsanlage.
Misstrauisch betrachtet Reyna die Zehn Meter hohen Mauern, welche das quadratisch angeordnete Areal umgaben. Sie waren nicht aus Holz gefertigt, wie sie zuerst angenommen hatte, sondern aus massiven Steinquadern, welch so perfekt aufeinander gerichtete waren, das nicht einmal eine Messerklinge zwischen die Steine gepasst hätte.
Reyna beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Varon dicht an die Mauer ritt und mit der Hand über die schwarzen Steine strich. „Das ist ein Menschliches Bauwerk." stellte er fest. „Es muss aus den frühen Tagen des Alten Besell sein. Mir ist sonst keine solche Bauart bekannt. Mein Volk verwendet andere Materialien und die Nymphen haben keine Festungen."
Reyna betrachtete die Mauern nun mit mehr Respekt. Das Alte Kaiserreich von Besell, war das erste große Reich der Menschen gewesen, doch es hatte vor Jahrtausenden aufgehört zu Existieren, nachdem die Elfen es vernichtet hatten.
„Warum steht ein Festung des Alten Reiches, hier mitten im Wald?" fragte Asha.
Varon wendete den Blutschatten und trabte zum Tor der Festung. „Nachdem meine Ahnen die Menschen aus diesen Gefilden vertrieben hatte, hat es einige ihrer Anlagen übernommen. Auch ihre Ehemailegen Befestigungen. Wenn sie noch standen."
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Greifentochter - Band 2 - Erbe der Schatten
FantasyReyna hat alles verloren. Ihren Liebsten. Ihren Vater. All das wurde ihr genommen, von ihrem besten Freund und ihrem, verlorengeglaubten Bruder. Im Glauben, versagt zu haben schreit ihr Herz nach Blutiger Rache. Das wunderschöne Cover ist von @Clove...