Reyna war Nervös, ein Umstand, der ihr nicht behagt. Sie hatte sich für die Feier bei ihrem Bruder, für eine dunkelgrünes Gewand entschieden, das zwar ihre Figur betonte, gleichzeitig aber noch genug Bewegungsfreiheit ließ, um im Notfall kämpfen zu können.
„Bist du bereit?", Valentin rückte seinen Kragen zurecht. Er hatte sich für ein Gewand aus schwarzer Wolle entschieden, ähnlich dem, welches er auch schon auf Reynas Feier getragen hatte.
„Bin ich. Wo ist Asha?"
„Ich komme nicht mit.", Asha stand auf der Balustrade und sah auf Reyna und Valentin hinab. „Feiern der Menschen sind nichts für mich. Das merke ich, je länger ich in dieser Stadt bin."
„Was hast du den vor?"
Asha seufzte. „Ich gehe in das Armenviertel. Ich will den Menschen dort Helfen. Ich kann ihr Leid spüren."
Reyna runzelte die Stirn. „Bist du sicher, dass das eine Gute Idee ist? Du weist wie Menschen sein können."
„Ich kann mich verteidigen, keine Sorge.", in Ashas Stimme lag eine Schärfe, die Reyna nicht einordnen konnte.
„In Ordnung. Ich wollte nur...", sie brach ab und versuchte Worte zu finden, doch es gelang ihr nicht. „Wir sehen uns dann später."
Asha nickte und nahm Ladon auf, der sich an einem Pfosten hochzog. Die Schlange zischte leise. „Bis später."
Reyna lächelte schwach und verließ dann die Villa. Valentin folgte ihr.
„Fühlt sie sich hier wirklich so unwohl?", fragte Reyna, während sie den Kiesweg entlang gingen.
Valentin zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Nymphen sind... seltsam. Bevor ich losgezogen bin, um dich zu hohlen, hatte ich kaum die Ländereien meines Vaters verlassen."
Eine Kutsche fuhr über den Marktplatz und auf sie zu. Sie war aufwendig verziert und mit Blattgold verkleidet. Auf der Tür war ein Greif abgebildet.
Valentin öffnete ihr die Tür und sie stiegen ein.
Rumpelnd setzte sie sich in Bewegung und fuhr sie zum Anwesen ihres Bruders.
Nachdenklich sah Reyna aus dem Fenster und beobachtet einen Schwarm Möwen, der über den Styra seine Kreise zog.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Valentin nach einer weile.
Reyna zuckte leicht zusammen. „Ja. Entschuldige. Ich war in Gedanken."
„Du solltest dich besser Konzentrieren. Wir sind nämlich da."
Reyna sah erneut aus dem Fenster und ihr Herzschlag beschleunigte sich.
Umringt von weißen Birken, ragte eine Mehrstöckige Villa auf. Ihre hellen Mauern waren Geschmückt mit blauen Bannern, auf denen ein weißer Stern, ein weißer Drache und eine weiße Rose abgebildet waren. Die Banner von Arkon, Amaron und Freya, wie Reyna vermutete. Die Kutsche fuhr bis zum Eingang des Mauerrings, wo vier Wachen in grauen Kettenhemden und weißen Umhängen, Posten bezogen hatten.
Die Tür der Kutsche öffnete sich und Valentin stieg aus und half Reyna hinaus.
Als sie auf die Wachen zu gingen, straften diese ihre Haltung und verbeugten sich leicht. Ohne Probleme betraten sie das Gelände des Anwesens.
„Das ging jetzt erstaunlich leicht.", bemerkte Valentin überascht.
Reyna zuckte mit den Schultern. „Jemanden mit über zwei Meter Körperwuchs, in Begleitung einer Frau mit zwei Augenfarben und einer weißen Haarsträhne... es ist ziemlich eindeutig wer wir sind."
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Greifentochter - Band 2 - Erbe der Schatten
FantasiaReyna hat alles verloren. Ihren Liebsten. Ihren Vater. All das wurde ihr genommen, von ihrem besten Freund und ihrem, verlorengeglaubten Bruder. Im Glauben, versagt zu haben schreit ihr Herz nach Blutiger Rache. Das wunderschöne Cover ist von @Clove...