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Ich habe noch nie bedauert, ein Werwolf zu sein. Mal abgesehen von den Verpflichtungen eines Alphas, welche mir wohl oder übel vererbt wurden, mag ich diesen anderen Teil von mir ziemlich gerne. Er verleiht mir ungeheure Kraft und Schnelligkeit, welche mir als Mensch nicht gegeben sind. Die geschärften Sinne sind auch nicht gerade übel, sodass ich auch jetzt in der Nacht uneingeschränkte Sicht habe.

Eine kleine Bewegung lässt mich meinen Kopf drehen und ich sehe hinab auf die schlafende Gestalt, welche sich in mein Fell klammert, als wäre ich ihr Lieblingskuscheltier. Von wegen » Ich bin nicht müde «, denke ich amüsiert, als ich Helens entspanntes Gesicht betrachte. Wenn sie schläft, sehen ihre Gesichtszüge viel weicher aus. Obwohl Helen sonst ein ziemlicher Dickschädel ist und vor ein paar Minuten noch behauptet hat, dass sie unter freiem Himmel sowieso nicht so schnell einschlafen kann, straft ihr erschöpfter Körper sie Lügen.

Die Stelle, an der wir uns für die Nacht niedergelassen haben, ist ziemlich nah an der Grenze unseres Territoriums und liegt auf einer kleinen und dicht bewachsenen Erhebung im Wald. Die vielen Sträucher und Bäume bieten einen guten Schutz vor dem Wind und gleichzeitig ist es ein gutes Versteck. Doch wenn es hart auf hart kommen sollte, könnten wir auch schnell auf näherkommende Verfolger aufmerksam werden, da das Dickicht ein lautloses Anschleichen verhindert.

Mir selbst ist natürlich klar, dass es für uns Werwölfe durchaus angenehmer ist, unter freiem Himmel zu übernachten als für einen Menschen wie Helen einer ist, aber wir hatten keine andere Alternative. Ein Motel zu suchen wäre eine unsinnige Unternehmung gewesen. Es würde uns Zeit kosten, da wir von unserem Weg abkommen würden und Zeit ist etwas, was uns im Moment nicht gerade massig zur Verfügung steht. Außerdem würden drei Teenager ohne Begleitung und ohne jegliches Gepäck oder Fortbewegungsmittel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Also auch etwas, was wir definitiv vermeiden müssen. Deswegen müssen wir uns mit dem moosbedeckten Waldboden zufrieden geben.

In Helens bunt zusammen gewürfelter Ausrüstung hatte sich zwar etwas Essen und drei Wasserflaschen befunden, jedoch kein Schlafsack. Da die Nächte wieder kälter werden, diene ich Helen als Ersatz für Decke und Matratze, in dem ich mich um sie zusammengerollt habe. Dass ich Helen wärmen kann, ist ein ungeahnter Vorteil eines Werwolfes, welcher mir bis jetzt noch nicht bewusst gewesen war. Ich könnte nicht zufriedener sein.

» Wie lange willst du sie eigentlich noch anglotzen? « reißt mich Koray aus meinen Gedanken und ich hebe kurz meinen Blick.

» Fühlst du dich gerade dazu berufen, den Anstands-Wau-Wau zu spielen?« frage ich zurück. Der weiße Wolf bettet seinen Kopf auf seinen Vorderpfoten und die grünen Augen funkeln in der Dunkelheit.

» Wenn du darauf besteht, dann gerne « gibt Koray zurück und ich verdrehe meine Augen.
» Schlaf jetzt Koray « meine ich trocken.
» Ja Mama «
Am liebsten würde ich ihm für diesen Kommentar einen Schlag verpassen, aber ich will Helen nicht wecken. Deswegen begrenze ich mich auf einen Blick aus zusammengekniffenen Augen. Natürlich kommt gleich der nächste Kommentar. War ja klar, dass Koray nicht auf mich hört.

» Ich hätte echt nicht gedacht, dass du so weich sein kannst. «
» Und ich hätte nicht gedacht, dass ich mir jemals so einen nervigen Freund freiwillig ausgesucht habe « erwidere ich und mustere seine feixende Miene.

» Ich versteh schon, du bist nur zu Helen so nett. War ja klar, dass du deine Freundlichkeit nur auf eine Person konzentrieren kannst « stichelt Koray weiter. Unbeeindruckt sehe ich nach oben, in der Hoffnung, den Mond zwischen den Baumkronen zu erspähen. Es gelingt mir nicht.

» Bist du etwa eifersüchtig? Fühlst du dich von mir nicht mehr wertgeschätzt? « frage ich und beschließe, auf Korays Spiel einzugehen. Ich sehe ihn wieder an und erkenne, dass es ihm langsam immer mehr Spaß zu machen scheint.

» Ich bin schon längst darüber hin weg. Ich suche mir einfach ein neues Rudel, was mich mehr wertschätzt als du es tust, lieber zukünftiger Alpha. «
» Na dann viel Glück dabei, zukünftiger Beta « erwidere ich gelassen. Auch wenn es manchmal nicht so wirkt, weiß ich ziemlich genau, dass Koray mich niemals hängen lassen würde.

» Ich brauch kein Glück. Abgesehen von dir gibt es sicherlich viele Rudel, die meine Qualitäten sofort erkennen! « frotzelt Koray weiter, was mich zum Kopfschütteln bringt.
» Und was sind das für Qualitäten? Unheimlich nervig und besonders geschwätzig zu sein? «
» Da siehst du es! Du machst dich nur über mich lustig! Wäre ich nicht gewesen, dann würde Helen jetzt nicht bei dir sein und dass nur dank meiner Vermittlungskünsten. «

Ich schüttle leicht pikiert meinen Kopf. Dieser Kerl! Ist das zu glauben?
» An so etwas kann ich mich nicht erinnern. Eher daran, wie du fast ständig mit Helen geflirtet hast. Das habe ich noch recht lebhaft in Erinnerung, Casanova. «
Obwohl ich es nicht beabsichtigt habe, klingt meine Stimme etwas grollend.

» Hab ich's doch gewusst! Du warst eifersüchtig! «
Hätte er gekonnt, dann würde Koray sicherlich jetzt mit seinen Augenbrauen wackeln. Denn er weiß ziemlich genau, dass mich das nervt.
» War ich nicht « lüge ich.

» Und ob du das warst. « Korays Zähne blitzen in der Dunkelheit auf, als er seine Lefzen zu einem Grinsen verzieht.
» Na schön. Ja, ich war eifersüchtig « gebe ich murrend zu.

» Ich will mich ja selbst nicht brüsten, aber dass Helen dir nicht so gleichgültig ist, wie du es immer gerne behauptet hast, hast du ganz allein durch mich erkannt. Helen ist zwar eine sehr eine intelligente und schlagfertige Frau, aber was wäre ich für ein Freund, wenn ich dir deine Mate ausspannen würde? Mein Ziel war einfach, dich auf deine unterdrückten Gefühle aufmerksam zu machen. «

Ich weiß nicht so genau, ob ich ihn erwürgen oder danken sollte. Am liebsten beides.

» Ich hätte ahnen müssen, dass die ganze Aktion einen tieferen Sinn gehabt hat. Du bist ein raffinierter Bastard, weißt du das? « Obwohl meine Worte harsch sind, ist meine Stimme sanft. Bei der Mondgöttin, was täte ich nur ohne diesen Idioten?

» Für das Kompliment danke ich « entgegnet Koray bloß und neigt seinen Kopf, um seine Worte zu unterstreichen.

» Du bist echt ein Idiot, aber ich bin trotzdem froh, dich als Freund zu haben « meine ich und ziehe meine Lefzen zu einem schiefen Grinsen.

» Ach hör schon auf! Sonst werde ich noch ganz rot! Wie sähe das denn aus? « entgegnet er und versteckt seine Schnauze unter seinen Pfoten. Als gäbe es irgendwas oder irgendwen, der Koray zum Erröten bringen könnte. Ich bin es definitiv nicht.

» Jetzt hast du den Moment verdorben « werfe ich ihm vor und Koray stößt ein belustigtes Schnauben aus.
» Sorry bro. Ich wollte dir eigentlich auch sagen, dass ich dich über alles liebe, aber ich bin einfach zu schüchtern für Liebeserklärungen. «
Sagte ich bereits, dass er ein Idiot ist?

» Ok Koray, jetzt ist wirklich Schlafenszeit. Halt die Klappe und schlaf endlich. « Und obwohl ich mit Protest gerechnet habe, legt Koray seinen Kopf auf seine Vorderpfoten und schließt brav seine Augen.

» Weck mich dann bald, dann wechseln wir. Und denk dran, du musst nicht alleine die Welt retten « meint Koray und ich brumme zustimmend. Und dann gibt er endlich Ruhe.



Hey ho!

ist es denn zu fassen? Ein neues Kapitel!

Heute ein bisschen Bromance zwischen Koray und Levi, weil ich irgendwie Bock drauf hatte. Ich kann mir irgendwie gut vorstellen, dass so in etwa ihre Freundschaft funktioniert - ihr hoffentlich auch?

Wir sehen uns im nächsten Kapitel! (ich weiß nicht, hoffen wir auf nächsten Sonntag oder ist das zu gewagt? i don't know...)

good vibes and peace out - fearnofuture

Just the moon, you and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt