*18*

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Obwohl ich diesem Spruch nie Vertrauen geschenkt habe, beschließt das kleine hell erleuchtete asiatische Restaurant mich umzustimmen.
Es kann nur besser werden.
Mein Magen grummelt zustimmend und bevor ich mich umentscheiden kann, gehe ich einfach rein. Die Tür hinter mir fällt laut ins Schloss und die Blicke der Gäste richten sich auf mich. War ja mal wieder klar. Ich hasse diese Aufmerksamkeit. Ganz verübeln kann ich es ihnen aber nicht, weil ich mir ungefähr vorstellen kann, wie verschwitzt und verheult ich aussehe. Dazu kommt noch eine komische Haarfarbe ... ach du Scheiße meine Haare! Ich fasse an meinem Kopf, nur um festzustellen, dass sie total zerzaust sind. Hatte ich eben noch gedacht, es kann nur besser werden? Ich revidiere das mal ganz schnell wieder. Anscheinend möchte mich eine höhere Kraft davon überzeugen, dass ich nie recht habe.

Mir fällt wieder ein, dass ich immer noch Salzsäulen ähnlich vor der Eingangstür des Restaurants stehe und es langsam aber sicher unangenehmer wird. Kurz überlege ich und komme zu dem Entschluss, dass es peinlicher wäre, wenn ich jetzt einfach so wieder rausgehen würde. Ich bündle meine letzten Reste Selbstachtung, straffe meine Schultern und hebe meinen Kopf. Dabei starre ich alle Glotzenden genau so an, wie sie es tun und sofort wenden alle ihren Blick ab. Schließlich verkrümle ich mich an einen der hintersten Tische und versuche von jetzt an weniger aufzufallen.
» Konbanwa « ertönt eine Stimme und ich blicke zu einer kleinen japanische Frau auf, welche zur Begrüßung eine leichte Verbeugung andeutet. Überfordert murmle ich eine Begrüßung zurück.
» Was möchten Sie essen? Kann ich Ihnen etwas zu Trinken bringen? « fragt sie mich mit einem niedlichen Akzent und schnell blicke ich in die Karte und aus Eile wähle ich das, was mir als erstes auffällt.
» Ähm, ein Zitronenwasser und das Ramengericht Nummer 13 « antworte ich ihr überfordert und sie lächelt mich freundlich an und geht in Richtung Küche.
Mein Blick schweift durch den Raum und ich habe das Gefühl, dass ich beobachtet werde. Doch immer, wenn ich jemanden beim Starren erwischen will, schaut niemand. Vielleicht werde ich auch einfach nur paranoid. Doch trotzdem spüre ich ein Prickeln im Nacken, welches mich unwohl fühlen lässt.
» Bitte sehr. Das Zitronenwasser. Essen ist bald soweit « reißt mich die Japanerin aus meiner Überlegung und stellt ein Glas vor mir ab. Ich schaue sie an und bedanke mich, wobei mir auch ihr neugieriger Blick nicht entgeht. Langsam wird das echt seltsam. So interessant kann ich doch unmöglich sein, dass mich alle so anstarren. Um mich abzulenken, hole ich mein Handy aus der Tasche. Abschätzend wiege ich es in den Händen. Sollte ich es wieder anschalten oder es doch lieber weglegen? Seufzend schalte ich es an und warte darauf, dass langsam alle Benachrichtigungen angezeigt werden. Meine Mailbox zeigt 18 verpasste Anrufe, davon zwei von meiner Cousine. Ich öffne meinen Messenger und finde doppelt so viele Nachrichten wie Anrufe wider. Als erstes öffne ich den Chat zwischen meinen Dad und mir. Hauptsächlich bestehen die Nachrichten aus Entschuldigungen und Fragen zu meinen Aufenthalt. Ich lese alles durch, doch ich antworte auf keine einzige seiner Fragen. Irgendwie hatte ich gehofft, dass er mir meine Fragen beantwortet. Das große "WARUM?" schwebt immer noch in meinem Kopf und lässt die unterschwellige Wut wieder brodeln, die ich versucht habe zu unterdrücken.
Schließlich lese ich auch meine übrigen Nachrichten, die alle von Lavender sind. Sie erinnert mich daran, dass wir eigentlich jeden Tag chatten, telefonieren oder skypen wollten. Ich antworte mit einer kurzen Entschuldigung und dem Versprechen, dass ich ihr bald schreiben werde. Dann lasse ich mein Handy wieder in die Jackentasche gleiten und fahre frustriert durch meine Haare. Ich bin eine schreckliche Freundin mit einem mehr als angeknacksten Vater-Tochter-Verhältnis. Es könnte doch nicht besser laufen.
» Bitte sehr. Ramengericht Nummer 13. Guten Appetit! « Eine große Schüssel Ramen wird vor mir abgestellt und ich bedanke mich. Ich greife nach den Stäbchen und während ich anfange zu essen, versuche ich mir eine Lösung für mein Schlamassel auszudenken. Allerdings führt keine meiner Lösungen zu einem Ziel.
» Ich habe wirklich noch nie jemanden gesehen, der diese extrascharfen Ramen zu gefühllos gegessen hat wie du « stellt eine Stimme amüsiert fest und ich blicke auf.
» Rin? « frage ich überrascht mit vollem Mund, sodass man rein gar nichts versteht. Abwechselnd blicke ich zwischen den Ramen und ihn an. Ohne zu fragen lässt er sich gegenüber mir auf die Sitzbank fallen und grinst mich weiter an.
» Das sind ungefähr die schärfsten Ramen ganz Utah's . Und du isst sie einfach so « wirft er mir vor. Tatsächlich spüre ich jetzt das stechende Brennen auf der Zunge und im Rachen und je länger ich mich auf diesen Schmerz konzentriere, desto schlimmer wird er. Meine Geschmacksnerven haben sich schon längst von mir verabschiedet, nur der Schmerz brennt weiter. Passend zu dem Rest meines Lebens. Doch ich esse trotzdem weiter. Ich habe es bestellt, deswegen werde ich es auch essen. Kurz fange ich den verdutzten Blick von Rin auf, bis er dann in schallendes Gelächter ausbricht.
» Eins muss man dir lassen - du bist echt tough. Auch wenn dein Gesicht schon ziemlich rot ist « bemerkt er beeindruckt. Ich verspanne mich automatisch. Die Rötung kommt wohl eher vom Heulen und vom Schwitzen, doch ich bin zu stolz um das zuzugeben.
» Ist alles in Ordnung bei dir? « fragt Rin plötzlich ziemlich ernst und betrachtet mich eingehender.
» Hör auf mich anzuglotzen, mir geht's prima « keife ich unabsichtlich zickig. Wenn das nicht mal unauthentisch war.
» Ja ja ist klar « erwidert er, verschränkt die Arme hinter dem Kopf und lehnt sich zurück. Dabei bleibt sein Blick immer noch auf mir.
» Es geht dich nichts an, also hat es dich auch nicht zu interessieren « meine ich kühl und schlürfe die letzten Reste meiner Ramen. Trotz der extremen Schärfe war diese Nudelsuppe genau das, was ich gebraucht habe.
» Kann es sein, dass du gerne das letzte Wort hast? « fragt Rin mich.
» Ich will einfach nur Ruhe vor Menschen, die ich nicht einschätzen kann « platze ich heraus und würde mir im selben Moment gegen die Stirn klatschen. Doch ich lasse mir nichts anmerken und halte den Blickkontakt zu ihm. Rin lehnt sich wieder vor und studiert eingehend mein Gesicht, wobei ich versuche, teilnahmslos zurückzustarren.
» So ist das also « murmelt er leise und ich weiß nicht, zu wem er das sagt. Auf jeden Fall habe ich jetzt keine Lust mehr, mich mit ihm zu unterhalten. Ich halte Ausschau nach der Frau, welche mich bedient hat. Als ich sie entdecke, winke ich ihr zu, damit sie weiß, dass ich zahlen möchte. Lächelnd kommt sie zu meinem Tisch und bemerkt Rin neben mir.
Ihr freundliches Gesicht wird zu einer strengen Maske und sofort fängt sie an, in einem schnellen Japanisch auf ihn einzureden. Überrascht blicke ich zwischen den beiden hin und her, während Rin immer mehr in seinen Stuhl zusammensinkt. Ich verstehe kein Wort, aber eins ist klar: so können nur Mütter mit ihren Kindern schimpfen. Schließlich unterbricht Rin sie und antwortet in einen gehetzten Ton, aber auch ebenfalls auf Japanisch. Ihr Gesicht erhellt sich bei jedem Wort und sie nickt verstehend. Ich sehe, wie Rin erleichtert zusammensackt. Warum, verdammt, kann ich kein Japanisch?! Kurz räuspere ich mich und beide Blicke liegen auf mir.
» Ich würde gerne zahlen « sage ich. Wieder nimmt ihr Gesicht strenge Züge an und für einen Moment glaube ich, dass ich eine alte Tradition oder sowas in der Art gebrochen habe und den heiligen Ramengott beleidigt habe, was weiß ich denn schon?! Doch dann lächelt sie wieder.
» Nicht doch. Heute ist kostenlos. Beehren Sie uns bald wieder « Mit einer kleinen Verbeugung verschwindet sie wieder in der Küche. Verwirrter denn je schaue ich ihr hinterher.
Nach meiner Jacke greifend schaue ich wieder zu Rin.
» Ich nehme mal nicht an, dass du mir sagen wirst, was du gerade besprochen hast. Ich hoffe nur, du willst keine Geheimnisse vor mir verbergen « wende ich mich an ihn und beuge mich ein Stück über den Tisch. » Denn eins kann ich dir sagen: Geheimnisse und Lügen sind leicht zu durchschauen. «
Mit diesen Worten lasse ich ihn sitzen und gehe auf die Tür zu. Bevor ich jedoch nur einen Fuß nach draußen setzen kann, wird mir der Weg von einer breiten Brust versperrt. Ohne hochschauen zu müssen, weiß ich schon, wer es ist. Der hat mir ja gerade noch gefehlt. Ich schaue zur Seite und entdecke das Anhängsel und zusammen bilden sie meine persönliche ungebetene Gesellschaft.
» Es ist überflüssig zu fragen, warum zum Geier ihr mir wieder den Weg versperrt, oder? « sage ich und blicke hoch in Koray's Gesicht.


Hello people!

Es ist tatsächlich der nächste Sonntag und ich bin hier mit einem neuen Kapitel!

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Peace out and good Vibes - fearnofuture

Just the moon, you and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt