Die nächsten Tage vergehen wie im Flug und kaum dass ich es mich versehe, sind schon drei Wochen in der neuen Stadt verstrichen. Obwohl ich es anfangs nicht gedacht hätte, komme ich in einen ziemlich regelmäßigen Alltagsrhythmus, der zu meiner Überraschung auch Koray und seine Freunde beinhaltet. Anscheinend hat Koray meine Aussage über das Privattaxi ernst genommen und holt mich jeden Früh von zuhause ab, um mit mir zur Schule zu fahren. Zwar habe ich immer doch das Gefühl, dass seine Freunde und er mir auflauern, aber dafür habe ich keine handfesten Beweise. Entweder bin ich paranoid oder ich spüre ihre Anwesenheit auf eine obskure Art und Weise. Bis jetzt konnte ich mich noch nicht entscheiden, welche Variante ich besser finde. Sie erinnern mich an die Dunkelheit, vor der ich als Kind immer Angst gehabt hatte. Sobald ich unbedacht in ihre Fänge gerate, werden sie mich verschlingen und mir meinen Weg nach Draußen ins Licht versperren. Aber so reif wie ich nun einmal bin, tue ich genau dasselbe, was ich auch als Kind getan habe: ich ignoriere die Schatten. Wenn man den drohenden Schatten und der lauernden Dunkelheit nicht genug Aufmerksamkeit schenkt, dann verschwinden sie zwar leider nicht, aber die Tatsache, dass sie immer noch da sind, stören weniger.
Was bringt es also mich aufzuregen, wenn ich sowieso keine Chance gegen diese Dickschädel habe? Genau, rein gar nichts, deswegen lasse ich es bleiben.
» Kein Wunder, dass dich Koray immer fährt. Du müsstest sonst wann aufstehen, wenn du jeden Tag zur Schule laufen müsstest « Cass dreht kurz grinsend ihren Kopf zu mir, widmet sich dann aber glücklicherweise wieder dem Steuer zu. Ausnahmsweise sitze ich nicht mit Koray im Auto, sondern gemeinsam mit Bloom in Cass' Toyota. Ihr kleines Auto holpert durchaus mehr über die unebenen Wege zu unserem Haus als der Jeep, aber ich bin mal froh, nur etwas mit den Mädels zu machen. Auch wenn es sich um eine Gruppenarbeit für das Fach Geschichte handelt.
» Ich schätze mal, das ist euer Haus. Coole Hütte « meint Cass und parkt vor unserem Haus.
» Jip « sage ich nur, weil mir nichts anderes einfällt. Wir gehen rein und ich suche als erstes nach Dad, welchen ich mit dem Kopf im Kühlschrank entdecke.
» Hi Dad, das sind Cass und Bloom. Wir sind oben in meinem Zimmer und lernen « begrüße ich ihn kurz und gebe ihm einen Kuss. Freundlich gibt er beiden die Hand und stellt sich als Ken vor, dann verschwinden wir in meinem Zimmer.
» Dein Dad ist ja niedlich. Ein bisschen verstreut ist er aber schon, was? « fragt Cass mich und Bloom zieht scharf die Luft ein aufgrund ihrer Direktheit. Ich schätze Cass' Ehrlichkeit und fühle mich von dieser auch nicht angegriffen. Sie spricht aus, was sie denkt.
» Du hast ja keine Ahnung « erwidere ich und reibe mir müde über mein Gesicht. Wieder habe ich die Nacht beschissen geschlafen, weil die Albträume von dem Tod meiner Mom einfach nicht aufhören wollen. Und obwohl ich in jeden Traum versuche, meine Mom zu retten, kann ich es einfach nicht schaffen. Ich weiß es eigentlich schon in den ersten Momenten, dass sie wieder vor meinen Augen sterben wird, doch trotzdem bleibt der Schmerz immer derselbe.
» Ich geh noch mal kurz runter. Ohne Essen übersteh ich das nicht. Ich bring euch was mit « entschuldige ich mich kurz und gehe wieder in die Küche, um etwas zu knabbern und zu trinken zu holen. Als ich vollgeladen die Treppe wieder hochgehe, höre ich die flüsternden Stimmen der zwei.
» Riechst du etwas? « Mich verwirrt die Frage von Cass, aber ich schnuppere trotzdem in der Luft. Ich rieche nichts Ungewöhnliches.
» Nein, ich rieche nur ihren eigenen Duft. Du etwa nicht? « Die Antwort von Bloom verwirrt mich umso mehr.
» Doch, tue ich. Da wird sich der Alpha freuen, meinst du nicht? « Ich könnte schwören, dass Cass gerade grinst, da ich es förmlich in ihrer Stimmlage hören kann. Heillos verwirrt mache ich mich mit einem Räuspern bemerkbar und stoße die Tür auf. Während Cass immer noch grinst, sieht Bloom irgendwie ertappt aus und läuft rot an. Gewissermaßen habe ich sie ja auch ertappt, die Frage ist nur bei was? Einem merkwürdigen Gespräch, bei dem es um Gerüche in meinem Zimmer ging?
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Just the moon, you and me
Werewolf» Ihr kennt mich doch überhaupt nicht! « fauche ich sie an, doch richte meinen Blick konkret auf ihn. » Fahr die Krallen ein, Kitty. Wir beißen schon nicht « erwidert er lässig und ich schnaube erbost auf. » Spar dir deine dämlichen Spitznamen! Ich...