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» Ich bin zu Hause! « rufe ich und schleppe mich in die Küche, wo mein Dad auf dem genau gleichen Stuhl wie heute früh sitzt und in seine Notizen blickt. Als hätte er sich in der ganzen Zeit kein Stück bewegt. Er blickt auf und sein konzentrierter Gesichtsausdruck wechselt zu einem liebevollen Lächeln, als er mich sieht.

» Hattest du einen schönen Tag Leni? « fragt er mich, während ich meine ganzen Taschen mit einem zufriedenen „Uff" endlich abstellen kann.

» Ja, es war ganz in Ordnung. Und wie war dein Tag? « frage ich zurück und drehe meinen Kopf, damit ich seine Notizen lesen kann. Doch das ist hoffnungslos, da ich seine kleine, kritzlige Schrift nicht lesen kann. Alles steht kreuz und quer, hier und da wurde etwas eingefügt oder mit Sternchen versehen, um auf etwas anderes zu verweisen. Nur das Genie beherrscht das Chaos.

» Bei mir war auch nicht so viel los. Unsere Möbel sind jetzt aufgebaut und die restlichen Kartons sind auch angekommen « meint er zufrieden und ich schaue mich jetzt einmal mehr um. Der offene Bereich von Küche und Wohnzimmer ist jetzt mit mehr Möbeln bestückt, sowohl aus unserem alten Haus, als auch von hier. Alles ist eine ziemlich bunte Mischung, doch scheint auf eine bizarre Weise trotzdem zusammen zu passen. Ich kann noch nicht richtig glauben, dass dieser fremde Ort jetzt mein neues Zuhause sein soll. Zweifelnd schaue ich mich um. Jeder einzelne Meter schreit „Unbekannt!" und ich fühle mich wie ein Eindringling in einem Leben einer anderen Person. Mein Blick bleibt wieder bei meinem Dad hängen. In diesem ganzen Durcheinander ist er meine Konstanze. Ich will ihm die Chance geben, weiterhin an seinen unbeschadeten Neuanfang zu glauben und diese Illusion nicht mit meiner schlechten Laune zu trüben. Doch wenn ich ihn so sehe, entdecke ich endlich sein altbekanntes Strahlen für seine Berufung. Wissenschaft und Literatur ist das, was ihn am meisten ausmacht. Es hatte früher fast so auf mich gewirkt, dass es das ist, was ihn am Leben hält, wie seine persönliche Luft zum Atmen. Nachdem Mom aber so plötzlich von uns gegangen war, hatte man gesehen, dass sie seine Flamme, sein funkelndes Licht gewesen war. Jetzt stolpern wir beide durch dieselbe Finsternis, nun da ihr Licht erloschen ist, doch ich versuche ihm ständig meine Hand zu reichen, um ihm hoch zu helfen. Ich muss stark für uns beide sein, damit Dad langsam wieder zu sich selbst finden kann. Und bis dahin übernehme ich jede Verantwortung und jede Konsequenz.

» Hast du etwas gegessen? « frage ich ihn. Man muss ihn manchmal daran erinnern, dass Kaffee allein keine dauerhafte und einzige Nahrungsquelle darstellen kann. Verlegen kratzt er sich am Hinterkopf.

» Ich wollte mir ein Käse-Sandwich machen, aber wir hatten keine Butter mehr da. Ich dachte, dass Erdnussbutter ja auch Butter ist, weswegen ich es zusammen ausprobiert habe « antwortet er etwas verlegen. Still muss ich über meinen verpeilten Dad lächeln.

» Weißt du, wo dein Handy ist? Ich habe dich angerufen « meine ich und hieve die Einkaufstüten auf die Arbeitsplatte. Verwirrt schaut er von seinen Notizen wieder auf, in die er gerade wieder zu versinken gedroht hatte.

» Mein Handy? « fragt er geistesabwesend » Nein, ich hab keine Ahnung, wo es ist « Schulterzuckend wendet er sich seinen Notizen wieder zu und ich räume die Einkäufe in den Kühlschrank. Dort liegt, zu meinem Überraschen, ein angefangenes Käse-Erdnussbutter-Sandwich und das Smartphone von meinem Dad.

» Willst du das noch essen? « wende ich schmunzelnd an meinem Dad und deute auf seine überaus fragliche Kombination.

» Vielleicht habe ich später noch Appetit... ich wollte es nicht einfach wegschmeißen, weil ich ja noch nicht einkaufen war « nuschelt er verlegen.

» Kein Problem, ich war heute einkaufen. Konzentrier du dich nur weiter auf dein... « ich wirbele mit dem Finger, um sein Chaos aus Notizblättern zu umfassen » was auch immer und ich mache ein genießbares Abendessen « erwidere ich und er lächelt mich an.

Just the moon, you and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt