Jagd 2.5

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"Haltet die Köpfe unten!", befahl der junge Offizier, der uns zu Sergej und Dr. Pfaff bringen sollte. Wir brauchten sie gegen diesen Angreifer und sein Befehlshaber hatte ihrer Freilassung zugestimmt.

Das Rattern einer Gewehrsalve ließ ihn zusammenzucken. Dann sprintete er geduckt zur nächsten Deckung, mit uns im Schlepptau. Ein starker Wind war aufgezogen und trieb Wellen über die Planen der Armeezelte, zwischen denen wir uns unter den Schüssen unseren Weg suchten.

Ein Brüllen übertönte die Schüsse, ließ sie sogar für einen Moment verstummen. "Unmenschlich!", flüsterte ich und die Haare standen mir zu Berge. Knirschen durchzog die Stille. Als ob jemand den Deckel von einer Erdnussdose zog und sie dabei vor ein Megaphon hielt. Dann ein Krachen. Einige Zelte weiter schrie jemand einen Befehl, dann fielen wieder Schüsse.

Mr. Eiszombie hatte sich am Ende doch dazu entschlossen, den Stützpunkt anzugreifen. Musste er dafür denn wirklich warten, bis wir mittendrin waren?

Wir erreichten ein Zelt, vor dem zwei zitternde Wachen standen. Sie nahmen Haltung an und salutieren vor dem Offizier.

"Die Gefangenen sind unverzüglich freizulassen!", bellte der Offizier. Die Wachen salutierten erneut. Es lief alles reibungslos. Ich hätte fast behauptet, dass es zu reibungslos lief, aber es war ja nicht so, dass wir gerade von einem unkaputtbaren Monster angegriffen wurden.

Eine der Wachen verschwand im Inneren und kurz darauf verließ unsere Verstärkung mitsamt ihrer Ausrüstung das Zelt.

Sergej warf mir einen finsteren Blick zu. War er nicht glücklich darüber, dass ich ihm aus der Patsche half? Die Ärztin nickte mir dafür aber anerkennend zu. Verkehrte Welt.

"Also gut, die Armee ist jetzt auf unserer Seite, aber wir haben ein neues Problem", begann ich. Sergej ließ die Knöchel knacken, ein Zeichen, dass er bereit war, Probleme zu lösen. "Ein Typ, der mit Kugeln nicht aufzuhalten ist."

"Ein Eis-zom-bie", hauchte Klara.

"Ein Zombie? Reicht wohl nicht, dass wir es mit Raumschiffen und entlaufenen Wölfen zu tun haben. Was kommt als Nächstes? Vampire?", fragte Dr. Pfaff zynisch.

"Vampire, wer glaubt denn bitte an Vampire?" Ich lachte trocken. "Aber im Ernst. Er wurde im Gesicht getroffen und ich konnte sehen, wie die Einschusslöcher verschwunden sind. Einfach so. Gleichzeitig hat sich der Schnee in seinem Umfeld aufgelöst. Vielleicht habt ihr Ideen, wenn ihr ihn seht." Ich horchte, wie weit die Schüsse noch entfernt waren. Aber der Wind verfälschte jede Schätzung. "Die Betäubungsgewehre könnten ihn möglicherweise auch aufhalten", führte ich meine Gedankengänge fort.

"Ihr wollt euch diesem Monster stellen?", fragte eine der Wachen. Der Mann war blass und starrte mich mit großen Augen an.

"Wir werden es uns erst einmal aus der Entfernung ansehen und dann ..."

"Pah", unterbrach mich Sergej, "wo muss ich hin?"

Ein weiteres Krachen erschütterte den vereisten Boden, dann kippte ein paar Meter weiter eine Straßenlaterne um und erschlug zwei Zelte. Sergej wartete die Antwort nicht ab und stürmte los. Ich wusste, dass er immer schnell dabei war, für andere in die Bresche zu springen, aber seit wann war er nur so rücksichtslos?

"Mist!", fluchte ich. "Jetzt müssen wir hinterher."

Dr. Pfaff wollte mir Sergejs Gewehr in die Hand drücken, aber ich winkte ab. Ich würde im Getümmel nur die eigenen Leute treffen.

"Gib das lieber einem der Soldaten. Die können damit wenigstens umgehen."

Ich lief los, um Sergej zu folgen. Der Rest auch, samt Offizier und den beiden Wachen, für die es ja jetzt niemanden mehr zu bewachen gab. Im Laufen betätigte Moritz einen Hebel an seinem Apparat und hielt ihn schussbereit vor sich.

HypothermieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt