Beben 5.3

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Die Schritte der beiden Siks, die mich energisch abführten, hallten rhythmisch durch den Gang. Der Rest ihrer Kollegen war auf dem Platz geblieben, um die Evakuierung der Bürger zu unterstützen. Vielleicht drückten sie sich auch einfach nur davor, erklären zu müssen, warum nicht sie es gewesen waren, die den Attentäter aufgehalten hatten.

Mit meinen Fingerspitzen berührte ich die elektrischen Handfesseln. Es wäre sicher möglich, sie abzuschütteln. Sollte ich? Meinen Chip konnte ich anschließend deaktivieren, damit sie mich nicht aufspüren konnten.

Ich war zwischen ihnen eingeklemmt, so konnte ich nicht einschätzen, wie stark sie waren. Aber fitter als ich zu sein, das war jetzt keine Kunst. Klar, das Training in den Kanälen hatte meine letzten Fettreserven verbrannt und dank unserer Kletteraktionen konnte ich mit den Fingern bestimmt Walnüsse knacken. Aber Nahkampf? Den konnte ich trotzdem knicken. Das war eher Sergejs Bereich. Ich musste ihnen mindestens die Waffen abnehmen, damit eine Flucht auch nur den Hauch einer Chance hatte. Beiden gleichzeitig am besten.

Ich lachte innerlich, und zwar ganz trocken.

Außerdem würde jeder Fluchtversuch die Siks nur in ihrer Annahme bestärken, dass ich etwas mit dem Anschlag zu tun hatte, ganz egal, ob ich den Täter gerade selber zur Strecke gebracht hatte.

"Hey Jungs, ihr habt den Falschen."

"Den Falschen wofür?", fragte der Sik, der mich auf meiner linken Seite flankierte.

"Jeder ist schuldig", ergänzte der andere Sik. "Sorry, Kumpel. Du warst mindestens zur falschen Zeit am falschen Ort."

"Ich habe mit euren Drohnen den Attentäter gestoppt. Nachdem der Rest von euch die Kurve gekratzt hat. Seht euch die Aufnahmen des Controllers an. Durchsucht das Gebäude am andern Ende des Platzes, da liegt er noch. Zusammen mit der Drohne, die ich an seinem Kopf zertrümmert habe."

"Unbefugte Verwendung des Eigentums des Sicherheitskorps. Beschädigung des Eigentums des Sicherheitskorps. Füge ich der Liste der Anklagepunkte hinzu", ratterte Sik rechter Hand emotionslos herunter.

Na klasse. Ich stöhnte. "Hey, wenn ihr euch nicht um ihn kümmert, steht der am Ende wieder auf und läuft weg."

"Falls es einen weiteren Attentäter gibt, wird er uns nicht entkommen", sagte der Sik auf der linken Seite voller Überzeugung.

"Weitere Attentäter? Es gibt noch mehr?"

"Stell dich nicht dümmer, als du bist", fuhr mich der linke Sik an. "Es gibt nur dich und die anderen beiden."

Diese Idioten. Das verkniff ich mir aber. "Wir sind keine Attentäter! Seht euch doch einfach die Kameraaufnahmen an!"

"Jetzt halt die Klappe", befahl der Sik rechts von mir und verpasste mir einen Stoß in die Seite.

Verdammt! Das nahm mir die Luft zum Reden. War wohl sowieso besser, wenn ich nichts mehr sagte. Prallte alles an ihrem Pflichteifer ab.

Also ließ ich mich weiter durch den Gang eskortieren, in der Hoffnung, nicht sofort weggesperrt zu werden. Vielleicht bekam ich wenigstens noch einen ihrer Vorgesetzten zu Gesicht. Oder irgendjemand, der einen Überblick über die ganze Sache hatte.

Ich nutzte die Zeit und bewunderte das monotone Grau der Wände. Das hier war der Gang, durch den zuvor Thulius und ihm folgend Sergej und Moritz gegangen waren, oder? Mir fielen keine Kampfspuren auf. Was alles Mögliche bedeuten konnte. Hatte er Moritz erkannt oder hatte eine der beiden Seiten die andere so schnell überwältigt, dass es zu keinem wirklichen Kampf gekommen war?

Wir passierten viele Abzweigungen und dann eine Gruppe Aufzüge. Sie brachten mich nicht hinab nach E0, in das Hauptquartier des Sicherheitskorps. Gab es auf dieser Etage auch Zellen?

HypothermieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt