Die roten Lichter des Scanners zitterten über die Wand des Kanals. Erbarmungslos versuchten sie, das Ziel zu fassen, das die Suchdrohne bis hierhin verfolgt hatte. Nun musste sie einen Moment ausharren, bis einer der Sensoren den nächsten Hinweis gab, wohin es geflohen war.
Dort! Der Akustiksensor nahm ein Geräusch wahr und die Drohne schwang herum. Sie erfasste das Ziel und unter den Laserstrahlen zeichnete sich ein dreidimensionaler, zitternder Körper ab. Das Ergebnis war vielversprechend, meinte zumindest die Drohne. Sie hatte eine Riesenratte erwischt, eine Plage, die große Teile der Kanalisation heimsuchte.
Fehlanzeige, ihr Operator teilte ihr mit, dass dies das falsche Ziel war. Also schwebte sie surrend weiter durch den Kanal und setzte ihre Suche fort.
Als die Drohne außer Sichtweite war, traute sich die riesige Kanalratte wieder aus dem Schatten heraus. Hinter ihr erhob sich eine Gestalt tropfend aus dem Kanalbett. Das war knapp gewesen. Das Sicherheitskorps hatte jetzt schon das Technik-Museum geplündert, um sie zu finden. Aber sie war früher immer die Beste beim Verstecken gewesen und so ein blödes fliegendes Teil konnte sie sicher nicht schlagen.
'Fliegendes Ding, essen?', erklang Brownies Stimme in Klaras Kopf.
'Nein, davon bekommst du Bauchweh', antwortete Klara. 'Komm, wir müssen weiter.
Die Ratten hatten leider keinen großen Wortschatz und ihr Interessensgebiet beschränkte sich auf Fressen, noch mehr Fressen und – Klara suchte in ihrem eigenen Vokabular nach dem passenden Wort – Kuscheln. Aber sie besaßen einen perfekten Orientierungssinn, wenn es um die Kanalisation ging, und waren ideale Warnmelder, wenn etwas Gefährliches auftauchte. So wie eben gerade.
Klara tastete nach ihrem Rucksack. Er war noch da, genauso, wie das Paket, das sicher in seinem wasserdichten Inneren verstaut war. Die Aufträge waren in letzter Zeit schwieriger geworden und sie musste immer mehr aufpassen, dass sie nicht erwischt wurde. Da konnte sie es sich nicht leisten, dass die Beute beschädigt wurde.
Zuerst war es nur Sergej gewesen, der alles besorgte. Geräte und Bauteile, die für die Oberweltler gedacht waren. Nichts, was sie vermissen würden und was nicht unverzüglich nachproduziert wurde. So verdienten sie sich ihren Lebensunterhalt und ihre Nahrungsrationen.
Das war nämlich am Anfang echt ein Problem. So, wie alles andere auch.
*** 4 Jahre zuvor ***
Klara riss die Augen auf und wollte rennen, immer weiter rennen. So weit von der Bombe weg, wie sie nur konnte. Doch ihre Beine gehorchten ihr nicht. War auch schlecht möglich, solange sie auf dem Boden saß.
Sie blinzelte. Irgendetwas stimmte nicht. Die Wände sahen anders aus. Grau statt Weiß. Licht drang in den Raum hinein. Von oben. Nein, das war kein Raum, es war ein Gang. Oder eine Gasse?
Neben ihr schepperte es und Klara schreckte auf. Ein Mann wühlte sich aus einem Haufen Schrott. Er starrte mit weit aufgerissenen Augen auf seinen linken Arm, der bis zum Oberarm aus Metall bestand. Sie krabbelte rückwärts davon, um sich in Sicherheit zu bringen, und stieß mit etwas anderem zusammen. Hände fassten sie an den Schultern.
"Klara, du hast es geschafft!"
Sie kannte die Stimme. Genauso wie sie den Kerl kannte, der ungläubig seinen Arm abtastete.
"Daniel?", fragte sie. Der Name fühle sich richtig an, aber alles andere nicht. "Wo sind wir hier?"
Er hob sie hoch und setzte sie auf die Füße. "Nicht mehr auf dem Raumschiff oder auf einer ganz anderen Etage, vielleicht. Ich weiß nicht, ob mir diese Wände irgendwelche Informationen verraten, aber – oh ..."

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Hypothermie
Science Fiction[𝗪𝗮𝘁𝘁𝘆𝘀 𝟮𝟬𝟮𝟮 𝗚𝗲𝘄𝗶𝗻𝗻𝗲𝗿 (Größter Twist)] Ein unerwarteter Schneesturm verwandelt Daniels Stadt in eine Hölle aus Eis. Monster, die durch die Straßen ziehen. Ein fremdartiger Zylinder, der in der Stadtmitte eingeschlagen ist. Verdräng...