Beben 5.5

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Der Captain fackelte nicht lange.

Mit einem ohrenbetäubenden Knall beförderte er den Angreifer zurück in die Nebelbank, aus der er gekommen war. Er war mit einem klobigen Totschläger von einer Pistole bewaffnet, gegen die meine wie ein Kinderspielzeug aussah. Die Waffe passte zu ihm. Und nein, ich war kein bisschen neidisch.

Als niemand sonst aus dem Nebel auftauchte, ging er in die Knie. Dort lag einer seiner Kollegen. Seine Uniform war zerrissen, löchrig und weitere Details wollte ich mir ersparen. Captain Lover fühlte mit der freien Hand seinen Puls, während er seine Waffe weiterhin ausgestreckt in Richtung Nebel hielt.

In der Ferne hörte ich Schüsse und zuckte zusammen. Waren wir hier jetzt sicher? Nein, das Gefühl, dass sie nur in der Ferne kämpften, war trügerisch. Es war unmöglich, die Schüsse der Energiewaffen zu hören, die sich leise zischend durch ihre Ziele brannten.

Lover zog eine Miene, die noch finsterer war als bisher. Für den Sik konnte er wohl nichts mehr tun. Trotzdem tastete er an seinem Handgelenk herum. Was tat er da?

Schließlich drückte er zu und es knackte. Hatte er ihm mit der bloßen Hand den Arm gebrochen? Nein, das war etwas anderes gewesen.

Stück für Stück verschwand die Uniform von der Haut des Siks, begleitet von einem Klackern, als ob jemand rasend schnell auf einer altertümlichen Tastatur tippte. Dann lag er nur noch in Unterwäsche da, übersät von Löchern und Verbrennungen.

Der Captain warf mir etwas zu, das meinen Fingern erst entglitt, bis ich es schließlich mit beiden Händen und unter Schmerzen zu fassen bekam. Ich wendete es zwischen meinen Fingern. Es war ein kleiner schwarzer Knopf, der das Flackern der Wandverkleidung reflektierte.

"Diese reichen Scheißer bekommen auch den besten Schnickschnack nachgeworfen. Ich musste für sowas die halbe Zitadelle bestechen. Na ja, geholfen hat es ihm trotzdem nicht. Vielleicht nutzt es ja dir was. Nicht, dass du den Eindruck bekommst, dass ich dich hier wirklich sterben lassen will." Er schüttelte den Kopf und starrte grimmig in den Nebel. "Nein, dann würdest du einer gerechten Bestrafung entgehen. Den Mist mit dem Agenten kauf ich dir nicht ab."

Ich scannte das Objekt mit meinem Handschuh. Da steckte so eine Art Spezialanzug drin, der den Träger gegen alles Mögliche schützen sollte. Mein Blick streifte den Sik am Boden. Ein zweifelhaftes Versprechen.

Ich platzierte den Knopf an meinem linken Unterarm und hielt den Zeigefinger der rechten Hand dagegen. Ich wollte wissen, was da passierte, und musste sichergehen, dass es nicht die falschen Stellen meiner Haut bedeckte. Wär blöd, wenn ich den Kontakt zum Handschuh verlor oder die Kontakte beschädigt wurden.

Ich fand heraus, wie der Knopf tickte und wie ich das Aussehen des Anzugs verändern konnte. Ja, ein schlichtes Schwarz sollte es sein, passend zu meinen Socken. Ganz ohne Logo und Dienstgrade der Siks. Ich gab den Befehl und er breitete sich klackernd unter meiner knalligen Oberwelterkleidung und oberhalb meiner Unterwäsche aus. Die Hände ließ ich frei, verdeckte aber den Kopf komplett, mit drei Schichten Extrapanzerung, Sehschlitz und Löchern zum Atmen. Sah vielleicht komisch aus, aber sicher ist sicher.

Ein Hinweis erschien vor meinen Augen. "Fehlende Verbindung zur Datenbrille." Ich sah zum Sik hinab und entdeckte sie auf seiner Nasenspitze. Sie war zersplittert. War das vielleicht der Grund, warum der Anzug bei ihm versagt hatte? Die brauchte ich ja nicht wirklich. Ich ließ den Stoff des Anzugs vorsichtig über meinen Handschuh wachsen und bekam Zugriff auf die Steuerung, das Kommunikationsnetzwerk und alle damit verbundenen Daten.

Ich konnte aber unmöglich die ganze Zeit mit geschlossenen Augen herumlaufen, um all diese Daten zu sehen. Sollte ich nur ein Auge schließen? Gott, das würde auf Dauer anstrengend werden. Ich versuchte, die Informationen irgendwie mit geöffneten Augen zu sehen, versagte aber kläglich. Nun, dann würde ich einfach nur mithören. Besser als nichts.

HypothermieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt