Ich weiß nicht, wie lange ich schlief, aber lange genug, um danach erholt aufzuwachen, diesmal ohne Albtraum. Offenbar pünktlich zum Mittagessen, denn der Duft einer warmen Speise kitzelte in meiner Nase. Die Frage war nur, was es zum Mittag gab. Gekochte Kekssuppe? Oder hatte die Armee ihr Küchenzelt gerettet und im Raumschiff aufgestellt?
Ich enthedderte mich aus Armeedecke und Schneeanzug, ließ mein Nachtlager ungeordnet zurück und begab mich auf die Suche nach der mysteriösen Geruchsquelle. Eine Gruppe Soldaten war der erste Vorbote, dass ich mich auf dem richtigen Weg befand. Sie standen beisammen und löffelten etwas aus Schalen. Ravioli waren es schonmal nicht.
Hinter ihnen fand ich einen Raum, den ich bisher noch nicht betreten hatte. Zumindest nicht mit meinem realen Körper. Eine Maschine an der Wand spuckte rote Brühe in Schalen, die auf einem Fließband unter ihr hindurchgeschoben wurden. Daneben stand Moritz, bewaffnet mit außerirdischem Werkzeug. Hatte er sie in Betrieb genommen?
"Was ist das?", fragte ich.
"Ideale Nährstoffmischung. Farbstoffe und Geschmacksstoffe nach Wahl", erklärte Dr. Pfaff, die ihre eigene Schale auslöffelte. Klara hockte neben ihr und versuchte, mit einem Löffel ihr Schneehörnchen zu füttern. Das wehrte sich aber mit Zähnen und Klauen dagegen.
Ich trat an die Maschine und wollte meinen Handschuh darauflegen, als mich Moritz stoppte.
"Stell dich einfach davor und du bekommst genau das, was du willst."
"Wirklich? Na da bin ich aber gespannt."
Vor mir ploppte aus einer blauen Plastikröhre rote Masse in die Schale. Aus einer zweiten Röhre schoss die Maschine einen Löffel in den Nährstoffberg. Erwartungsvoll nahm ich die dampfende Schale auf. Ich spürte die ideale Temperatur, gerade heiß genug, dass ich mir nicht die Finger verbrannte. Ich stocherte mit dem Löffel etwas im Brei und führte ihn an meinen Mund. Der Geruch hätte mich eigentlich stutzig machen sollen. Der Geschmack haute mich dann aber aus den Socken.
"Rote Beete?" Ich rümpfte die Nase. Widerlich! Dann setzte ich mein bestes Verkäufergrinsen auf und streckte die Schale in die Höhe.
"Ich habe Rote Beete, will jemand mit mir tauschen?"
Ich erntete entgeisterte Blicke und ein paar Lacher. War zu erwarten. Ich stellte die Schale ab und berührte die Maschine jetzt doch mit dem Handschuh.
"Ravioli!", sprach ich ihr zu und wurde mit Missachtung gestraft. Also gut, ihr klar zu machen, was Ravioli waren, war wohl ein schwierigeres Unterfangen. Deshalb sah ich mir einfach an, was die anderen vor mir bekommen hatten. Mir wurden die Zutaten in Form von chemischen Formeln aufgelistet. Chemie hatte ich schon in der Schule irgendwann abgewählt, verstand also nur Bahnhof.
Die letzten zehn Einträge waren alle rot.
"Bist du dir sicher, dass du die Maschine repariert hast?", fragte ich Moritz. Der grinste nur. Vielleicht wollte er mich einfach auch nur veräppeln. Ich ging die Einträge weiter durch.
Aha! Da gab es noch andere Farben. Leuchtend blau? Uh, wollte ich wissen, was das war? Dann fand ich eine Mahlzeit mit weißer Farbe. Das war zumindest neutral.
"Einmal das Weiße", sagte ich. "Bitte?"
Die Maschine spuckte meine neue Mahlzeit aus. Ich roch an der weißen Pampe. Stank zumindest nicht nach seltsamem Gemüse. Ich traute mich, einen Löffel zu probieren, und wurde mit dem Geschmack von Milchreis belohnt. Zwar keine Ravioli, aber besser als nichts. Zufrieden trat ich zu der Gruppe, in der sich auch Dr. Pfaff und Klara befanden.
"Hey, du Schlafmütze", begrüßte mich Klara frech.
"Ja, er lässt uns die ganze Arbeit machen, während er pennt." Sergejs Worte hätten scherzhaft gemeint sein können, doch sein Ton war kühl. Irgendetwas stimmte nicht, ich konnte aber nicht sagen, was. Nahm ihn das alles mehr mit als uns? Dabei lief es doch eigentlich ganz gut.
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Hypothermie
Science Fiction[𝗪𝗮𝘁𝘁𝘆𝘀 𝟮𝟬𝟮𝟮 𝗚𝗲𝘄𝗶𝗻𝗻𝗲𝗿 (Größter Twist)] Ein unerwarteter Schneesturm verwandelt Daniels Stadt in eine Hölle aus Eis. Monster, die durch die Straßen ziehen. Ein fremdartiger Zylinder, der in der Stadtmitte eingeschlagen ist. Verdräng...