Kapitel 17

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Unruhig marschierte ich auf und ab. Trotz allem was passiert war, hatten mich die Flussräuber gemeinsam mit den anderen Matrosen der Wellenkönigin in eine ungemütliche Zelle gesperrt.

Der karge Raum weckte ungute Erinnerungen, in meinem Magen bildete sich langsam, aber sicher ein Klumpen und ich stand kurz vor einer Panikattacke.

Die Matrosen hockten resigniert auf dem kahlen Boden. Sie hatten längst alle Hoffnung verloren. Selbst Krähe, der aufgeweckte Schiffsjunge, hatte mich nur aus trüben Augen angestarrt.

Wieder schritt ich die Länge der Zelle ab. Eins, zwei, drei, vier, zählte ich im Geiste mit. Dann war ich an der gegenüberliegenden Wand angekommen und das Spiel begann von vorne.

Wie es Alyn wohl erging?

Auf einmal hatten uns die Piraten unerbittlich auseinandergezogen, während ihre Anführerin es ohne Regung geschehen ließ.

„Was ist mit Dom?", hatte ich entsetzt geschrien. „Er wird sterben, wenn Ihr nichts unternehmt!" Eigentlich war es ungewöhnlich, mich derart zu ereifern, aber ich musste unablässig an das Versprechen denken, dass ich dem Kapitän gegeben hatte. Hatte er es gewusst? Hatte er geahnt, dass so etwas passieren würde? Wie hatte er nur das Leben seiner Männer in meine Hände legen können? Einem Fremden?

Doch tief in mir wusste ich, dass Dom und ich eine seltsame Verbundenheit miteinander teilten, die uns jegliches Misstrauen vergessen ließ.

Ich wollte nicht, dass der junge Kapitän starb. Ich wollte ihn als Freund. Und ich würde alles tun, damit er überlebte.

Wütend schlug ich mit der Faust gegen die Wand. An meinen Armen war Gänsehaut. In der Zelle war es erstaunlich kühl und mein Oberkörper unbedeckt.

Gerade als ich zu einer weiteren Durchquerung des kleinen Raumes ansetzte, ertönte ein Geräusch. Sofort hielt ich inne und lauschte angestrengt. Seit ich mich in Jamar befand, fühlten sich meine Sinne seltsam eingeengt an, als befände ich mich in einer Blase, die mich von der Außenwelt abschirmte. Doch ich hatte richtig gehört. Von außerhalb ertönten tatsächlich Schritte. Auch einer der Matrosen, merkte auf. Er sprang auf und rüttelte an den Gitterstäben. „Wie geht es unserem Käpt'n?", verlangte er zu wissen.

Die beiden Männer, die an die Zelle herantraten, ignorierten die Frage. Einer von ihnen trug eine Fackel, mit der er in den Raum leuchtete.

„Wer von euch ist Senn?", fragte einer von ihnen mit starkem Akzent. Prüfend musterte er uns.

Kurz zögerte ich. Was wollten die beiden Flussräuber von mir? Dann trat ich vor, die vielsagenden Blicke der anderen Matrosen in meine Richtung hatten mich sowieso längst verraten. Unerschrocken starrte ich dem Mann in die Augen. „Ich bin Senn", erklärte ich.

„Die Herrin Aöwe möchte dich sehen." Der Mann öffnete die Zellentür. „Ihr anderen rührt euch nicht, sonst ist das Leben eures Kapitäns endgültig verwirkt." Die Aussicht darauf ließ die Matrosen erstarren. Sie alle waren dem Kapitän zutiefst ergeben und unerschütterlich loyal. Obwohl der junge Mann weniger Jahre zählte als ein großer Teil von ihnen.

Ich verließ die Zelle und der Pirat ohne Fackel hielt zwei eiserne Handschellen in die Luft. Unwohl starrte ich darauf. Das behagte mir gar nicht. Der Pirat bemerkte mein Zaudern und deutete nachdrücklich auf meine Handgelenke.

„Junge, rette unseren Käpt'n", ertönte eine Stimme hinter mir.

Überrascht drehte ich mich um. Sämtliche Matrosen hatten sich hinter der wieder verschlossenen Türe versammelt und streckten die Arme durchs Gitter, um ihre Unterstützung zu signalisieren.

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt