Kapitel 36

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Wir verließen den Stall und die beiden Skara führten uns in ihre private Wohnung. „Amina, sieh mal, wer bei uns für einige Tage bleibt", rief Jintah fröhlich.

Eine verärgerte Stimme drang aus der Küche. „Doch nicht wieder deine Spielfreunde? Als die das letzte Mal da waren, hat das nur Ärger gegeben."

„Nein. Komm und sieh selbst."

Eine kleine Frau mit breiten Umfang trat heraus, in der feuchten Hand noch einen Lappen. Ihr folgte ein junges Mädchen auf den Fuß, welches neugierig hinter dem Bein seiner Mutter hervorlugte. „Bei Beladah, das ist ja Kasar!", rief sie aus.

Ich lächelte. „Hallo Amina, lange nicht mehr gesehen."
Sie breitete ihre Arme aus und drückte mich ebenso inbrünstig wie ihr Mann. Dann wich sie zurück, behielt ihre Hände aber auf meinen Armen. Mit kritischem Blick musterte sie mich. „Lass dich anschauen Junge. Du bist mager. Gibt es in deinem Land nichts Vernünftiges zu essen? Na ja, das macht nichts. Wir zwei kriegen dich schon wieder hin. Du siehst glücklich aus. Hat das was mit der jungen Dame an deiner Seite zu tun?" Sie wandte ihre Aufmerksamkeit Alyn zu.

Diese lächelte erfreut. „Ich bin Alyn", stellte sie sich vor. Ich fragte mich, wie lange wohl eine Vorstellung dauern würde, wenn sie ihren ganzen Namen nannte, inklusive diverser Titel.

Amina umarmte sie herzlich und ich konnte Alyns verdutztes Gesicht sehen. Sie war es nicht gewohnt, dass jemand Unbekanntes gleich derart vertraut mit ihr umsprang. In Seyl würde der Anstand es verbieten, sich so nahe zu kommen. In Skaramesch jedoch war es üblich.

„Ach Kasar", rief Amina dann plötzlich aus. „Wir haben ja noch etwas von dir." Sie eilte davon und kam kurze Zeit später mit einem prall gefüllten Beutel zurück.

„Was ist darin?", wollte Alyn neugierig wissen, als ich ihn verlegen entgegennahm. Ich seufzte. „Geld. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass ich zurückkehre."
Alyn hob eine Augenbraue. Ihr war der zögerliche Tonfall, in dem ich gesprochen hatte, nicht entgangen. Hastig fuhr ich fort, bevor sie irgendwelche unangenehmen Fragen stellen konnte. „Jedenfalls habe ich euch beide..." Ich fixierte Jintah und seine Frau verärgert. „...doch ausführlich darüber informiert, dass ihr damit anstellen könnt, was ihr wollt."

Amina schüttelte heftig den Kopf. „Niemals hätten wir das getan. Es ist dein Eigentum."

Jintah fügte hinzu: „Ich habe dir damals gesagt, dass wir es nur für dich verwahren werden, bis du zurückkommst. Das haben wir getan. Jetzt geben wir es dir zurück."
Ich seufzte.

„Wo hast du all das Geld her?", staunte Alyn.

Ich zuckte mit den Schultern. „Du weißt, dass ich nicht immer die ehrlichsten Tätigkeiten ausgeübt habe."

Sie fragte nicht weiter. Natürlich, inzwischen hatte sie wohl verstanden. Eigentlich hätte ich das Geld vielleicht zurückgeben sollen, denn es klebte Blut an ihm, aber Tote können nichts fordern.

„Ihr hättet es aber gebrauchen können", sagte ich lahm zu Jintah. „Für Tarik."

Die beiden Eheleute tauschten einen vielsagenden Blick. Mir wurde übel. „Ist etwas mit ihm?", wollte ich voller Angst wissen.

„Nein, nein", beruhigte mich Amina. „Er ist oben und spielt."

Erleichterung durchflutete mich.
„Wer ist Tarik?", fragte Alyn in die Runde.

Bevor irgendjemand die Frage beantworten konnte, ertönte eine schwache Stimme. „Kasa!"

Ein recht klein gewachsener Junge kam auf uns zugehumpelt. Über sein kindliches Gesicht hatte sich ein breites Lachen ausgebreitet. Freudig drückte er sich an mich und ich hob ihn hoch.

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt