Mir wurde schlecht. Es war alles meine Schuld. Natürlich. Ich hatte vielleicht nicht so viele Feinde wie Malik oder die Oberen, aber die meinen waren umso gefährlicher.
„Trotzdem muss ich zu Jintah. Ich kann nicht einfach verschwinden. Sie werden sich Sorgen machen und auf der Suche nach mir möglicherweise eine Dummheit begehen." Angst überkam mich, als ich daran dachte, was Alyn und Rosena jetzt möglicherweise durchmachten. Die Assassinen waren nicht für ihre Gnade bekannt. Ich konnte mir nur einreden, dass sich die beiden Frauen zu helfen wussten. Allerdings beruhigte mich das keineswegs. Am liebsten wäre ich sofort aufgebrochen, aber wenn ich eines in den Jahren, die ich in der Schattenfeste verbracht hatte, gelernt hatte, dann war das Geduld. Geduld und rationales Handeln.
Dort draußen in der Wüste warteten um die hundert Männer – alle von ihnen ausgebildet in der Kunst des Tötens und keiner von ihnen mit Skrupeln belastet. Für sie war ich die Verkörperung des Bösen. Sobald ich auch nur in ihre Nähe kam, würden sie sich auf mich stürzen.
Sphen runzelte die Stirn. Ich traute ihm nicht über den Weg. Er war mehr, als er vorgab und das verhieß meist nichts Gutes. „Jedes Sandkorn, das du verschwendest, könnte ihren Tod bedeuten."
Ich schüttelte den Kopf. „Du hast dieselbe Ausbildung wie ich durchlaufen. Du solltest wissen, dass unüberlegte Entscheidungen fatal sind."
Er lachte tief und rau. Was waren seine wahren Absichten? Wollte er mir wirklich helfen? Wenn ja, dann ganz sicher nicht aus Nächstenliebe, sondern eher aus Eigennutz.
Ich griff nach meiner Reisetasche und begann wahllos irgendwelche Dinge hineinzustopfen, von denen ich dachte, sie könnten noch nützlich sein. Ich spürte Sphens neugierigen Blick auf mir, aber ich gab der Versuchung nicht nach, mich umzudrehen.
Zum Schluss ergriff ich die Schachtel, die ich eigentlich Alyn hatte schenken wollen. Aus irgendeinem, alles andere als rationalen Grund packte ich sie mit ein. Dann warf ich einen letzten Blick auf das Zimmer. Das Chaos sorgte für eine brodelnde Glut tief in mir. Wenn jemand Alyn oder Rosena etwas antat, würde ich ihn töten. Und im Gegensatz zu all meinen anderen Morden würde ich jede einzelne Sekunde genießen.
Ich trat neben Sphen, der den Raum bereits verlassen hatte. Hinter mir fiel krachend die Tür ins Schloss. Draußen schien noch immer die Sonne. Heiß brannte sie vom Himmel und tauchte die Welt in helles Licht. Wenn es nach meiner Stimmung gegangen wäre, hätte ein heftiges Gewitter über uns hereinbrechen müssen. Am besten mit besonders lautem Donner.
Kasar kam auf mich zugestürzt, aber kurz vor mir bremste er ab und starrte mich mit schiefgelegtem Kopf an. Unsicherheit sprach aus seinen Augen. Ich konnte spüren, wie meine Miene weich wurde, als ich ihm den Kopf kraulte.
Als ich jedoch zwei Beine in schwarzen Hosen aus dem Augenwinkel sah, verdüsterte sich mein Blick wie von selbst. Ich sah auf und starrte direkt in Sphens arrogantes Gesicht. Er hatte den Mund zu einem Grinsen verzogen.
Ungerührt hob ich eine Augenbraue. Niemals würde ich ihm meine wahren Gefühle zeigen. Ohne ihn weiter zu beachten, marschierte ich auf das Haupthaus zu. Kurz verharrte ich vor der Tür, dann klopfte ich zögerlich.
Bevor eine Antwort ertönte, trat ich ein. Das Gebäude schien verlassen und mein Magen verknotete sich. Angespannt tastete ich nach meinen Sennen, die ich zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder umgeschnallt hatte. Mir war es egal, dass mich jemand damit sah. Es machte keinen Unterschied mehr.
Vorsichtig schlich ich voran. Ich wagte es nicht, laut zu rufen.
Aus der Küche kam eine Gestalt und ein gellender Schrei ertönte.
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Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der Wüste
FantasySenn und Alyn haben es geschafft: Sie haben den ersten Edelstein gefunden. Doch nun führt ihre Reise sie nach Skaramesch, das Land der Wüste. Der Weg dorthin ist nicht einfach, es lauern Piraten, die es insbesondere auf wohlhabende Reisende abgesehe...