Kapitel 73

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Ich stapfte neben Rashkel durch die Hitze. Unsere Häupter wurden von hellen Tüchern geschützt, trotzdem hielt ich den Kopf gesenkt. Viele Blicke galten mir, aber ich ignorierte sie alle. Angespannt kniff ich die Augen zusammen und starrte in die Ferne. Bald würden wir die Abzweigung erreichen, die zur Arena führte.

Auch Rashkel wirkte unruhig. Das konnte ich an der Art erkennen, wie er die Schultern leicht zusammengezogen hatte. Von den nächsten Minuten hing ein Großteil meines Plans ab.

Der Tross bog in den schmalen Weg ein, der sich durch steile Felsengrate schlängelte. Irgendwo dort vorne saß Abdajah auf seinem Pferd und führte seine Anhänger. Wir gelangten zu einem Felsen, der etwas abgesondert stand. Rashkel nickte mir fast unmerklich zu und ich machte ein paar unauffällige Schritte zur Seite, bis ich in seinem Schatten stand. Dort wartete bereits einer der Widerständler, der mir in Hinsicht meiner Statur ähnelte. Er trug dieselbe Kleidung wie ich und mit einem Salutieren nahm er meinen Platz an Rashkels Seite ein.

Niemand schien etwas bemerkt zu haben. Plötzlich jedoch drehte sich Imor um und starrte geradewegs in meine Richtung. Er zog die Augenbrauen zusammen und eine steile Falte erschien auf seinem Gesicht. Ich wagte es nicht, mich zu rühren.

Nach ein paar angstvollen Sekunden breitete sich ein Grinsen an seiner Mundpartie aus. Er wandte sich ab und trat zu Rashkel. Sofort begannen die beiden, sich angeregt zu unterhalten.

Ich konnte es nicht fassen. Imor hatte mich nicht verraten. Aber warum?

Viel Zeit zum Nachdenken blieb mir jedoch nicht. Ich presste mich mit dem Rücken an den Felsen und starrte gen Himmel, während ich innerlich die Sekunden zählte, bis alle Schritte vorüber wären. Die Assassinen, die so bekannt dafür waren, unbemerkt aufzutauchen und wieder zu verschwinden, tratschten wie alte Klatschweiber und waren sicher noch bis Agba zu hören.

Niemand schenkte seiner Umgebung auch nur einen zweiten Blick. Was jeder Mentor in uns hineingeprügelt hatte, wurde hier achtlos beiseitegelassen, was mir zugutekam. Als das Marschgeräusch des Trosses in der Ferne verklang, schob ich mich langsam hinter dem Felsen hervor.

Die trockene Erde schien unberührt, aber die leichte Sandschicht, die sich bis hierher verirrt hatte, war von hunderten Füßen an den Rand des Pfades gedrängt worden. Nach dem lauten Stimmgewirr schien es auf einmal gespenstisch still. Nur der in den vielen Ritzen und Spalten gefangene Wind heulte leise. Ich eilte zurück zur Feste.

Dieses Mal patrouillierten keine Wachen auf den Felsen. Niemand starrte auf mich herab, während ich die Schlucht durchquerte, keine Pfeilspitze zeigte auf mich. Die Hitze drückte mir schwer auf den Leib, aber der Gedanke an Alyn ließ mich forschen Schrittes weitermarschieren. Meine Zeit war begrenzt. Spätestens wenn ich zum ersten Kampf antreten sollte, würde man feststellen, dass ich verschwunden war. Rashkel vermochte mir etwas Luft verschaffen, aber auch seine Möglichkeiten waren nicht unendlich.

Das große Tor war verschlossen, aber nachdem ich zweimal dagegen gepocht hatte, öffnete es sich langsam. Mein Herz schlug schneller bei diesem Anblick und Erregung durchfuhr mich.

Als ich in Karims grinsende Miene blickte, atmete ich hörbar aus.

„Hat es funktioniert?", fragte er.

„Sonst würde ich wohl kaum hier stehen. Habt ihr die Sklaven..."

Karim nickte. „Niemand außer Sphen und deine dunkelhaarige Frau befinden sich noch in der Feste."

„Gut." Mehr gab es nicht zu sagen. Ich eilte ins Innere des Gebäudes und Karim folgte mir auf den Fuß.

„Soll ich nicht doch mitkommen?"

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt