Kapitel 19

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Lange schwiegen wir, teilten uns wortlos ein karges Mal, bestehend aus einem Teil der Vorräte, die wir im Rucksack gehortet hatten. Morgen mussten wir etwas zu essen finden, denn die wenigen Lebensmittel, die wir mitführten, waren zu wenig, um uns zehn Tage ernähren zu können.

Irgendwann schlief der Glatzkopf ein, während ich Wache hielt. Nach einer Weile ließ der Regen nach und ich konnte überlaut hören, wie einzelne Wassertropfen von unserer Plane gen Boden fielen. Selbst in der Nacht war der Dschungel voller Geräusche und immer wieder zuckte ich zusammen und hielt angestrengt in die Dunkelheit Ausschau, jeden Moment damit rechnend, von einem wilden Tier angefallen zu werden. Abgesehen von einem kleinen rattenähnlichen Wesen blieb der kleine Platz vor unserer Bleibe allerdings leer.

Mir fiel es schwer, wach zu bleiben. Immer wieder fielen mir die Augen zu und mein Bewusstsein begann abzudriften.

Als ich es gar nicht mehr aushielt, stand ich auf und rüttelte Joarken, der laut vor sich hin schnarchte. Bevor er richtig zu Bewusstsein gelangte, schlug er mit den Armen nach mir. Hätte ich sie nicht im letzten Moment abgefangen, hätte er mir mit Sicherheit ein blaues Auge verpasst.

„Wach auf", zischte ich.

Joarken blinzelte träge. Als er jedoch mein Gesicht erkannte, war alle Müdigkeit wie weggewischt. Pfeilgerade setzte er sich auf. „Was ist los?", wollte er wissen, während seine Hand auf der Suche nach der Machete umhertastete.

„Nichts, aber ich bin todmüde und du musst die zweite Wache halten."

Er nickte und strich sich über seinen nackten Kopf. Ich legte mich auf den Blätterhaufen und rollte mich zusammen. Dort, wo kleine Zweige und vertrocknetes Laub meine bloße Haut berührten, kitzelte es, aber trotzdem schlief ich innerhalb kürzester Zeit ein.

Auf einmal wachte ich heftig atmend auf. Joarken hatte sich über mich gebeugt und offenbar bereits mehrmals meinen Namen gerufen. Als er sah, dass ich die Augen geöffnet hatte, atmete er erleichtert aus.

„Bei den Göttern", sagte er. „Du hast geschrien, als würdest du Todesqualen ausstehen."

Ich seufzte. Nur verschwommen konnte ich mich an meinen Traum erinnern und jetzt, wo ich wach war, verblasste er zu einer ungefährlichen Spukgestalt. Trotzdem wusste ich, dass er mich in der nächsten Nacht wieder holen würde.

Langsam richtete ich mich auf. Draußen hatte es bereits zu dämmern begonnen. Vermutlich stand die Sonne längst über dem Horizont, aber ihre Strahlen drangen noch nicht durch das Blätterdickicht. Ich zupfte mir ein paar einzelne Blätter aus dem Haar, ehe ich mir mein Hemd überstreifte. Es war noch feucht, aber vermutlich würde es bei diesem Klima sowieso nie richtig trocknen können.

„Du bist sicher, dass es dir gut geht?" Joarken musterte mich besorgt. Ich nickte nur.

„Alles in Ordnung", murmelte ich.

Wir verzerrten etwas von unseren Vorräten, dann machten wir uns aufbruchsbereit.

Suchend blickte ich mich um. Vom Pfad war weit und breit nichts zu sehen. „Ich fürchte, wir haben uns verlaufen", stellte ich das Offensichtliche fest.

Ich hatte keine Ahnung, aus welcher Richtung wir gekommen waren. Bei unserer überstürzten Flucht hatte ich nicht auf den Weg geachtet und der Regen hatte unsere Fußspuren weggewaschen. Das Dickicht wies einige Lücken auf, aber ich konnte nicht feststellen, welche davon von uns stammte.

„Ich denke, wir sind von da gekommen." Joarken deutete in eine vage Richtung, aber ich konnte die Zweifel in seinem Gesicht sehen. Auch er wusste nicht weiter.

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt