Die Tür schwang auf und die Gäste klopften vor Begeisterung auf den Tisch und stampften mit den Füßen auf dem Boden. Ich richtete mich auf. Drei Männer sowie eine Frau traten ein. Sie trugen unhandliche Kästen mit sich und waren bunt gekleidet. Die Frau trug entgegen allen Konventionen in Skaramesch ein recht freizügiges Kleid mit tiefem Ausschnitt. Es war von einem dunklen Blau und sicher nicht billig gewesen.
„Das sind die begehrtesten Musikanten in ganz Skaramesch. Jeder will sie hören. Es war nicht leicht sie in diese kleine Schenke zu bekommen. Ich weiß nicht, was sie letztlich umgestimmt hat." Seine Stimme klang auf einmal ganz rau und nervös.
Ich hob eine Augenbraue. „Was hast du zu ihnen gesagt?", fragte ich schärfer als beabsichtigt, sodass Jintah zusammenzuckte.
„Nun, vielleicht habe ich erwähnt, dass du ebenfalls zugegen sein wirst."
„Was hat das mit mir zu tun?", fragte ich mit gerunzelter Stirn.
„Wenn ich das wüsste, würde ich es dir sagen." Jintah schaute mir fest in die Augen, in der Hoffnung mich so überzeugen zu können. „Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Sie sind schon länger in der Stadt und wollten eigentlich wieder abreisen. Ich habe tagelang vergeblich versucht, sie zu überzeugen und war kurz davor aufzugeben, aber als ich sie gestern Abend zufällig angetroffen habe, wagte ich es noch ein letztes Mal. Dich habe ich mehr zufällig erwähnt, aber sie waren sofort ganz Ohr. Als ich versprach, dass du ebenfalls hier sein wirst, haben sie ihre Pläne geändert und beschlossen noch ein letztes Konzert in Agba zu geben. Hier in meiner Schenke." Stolz sprach aus seiner Stimme.
Ich verschränkte die Arme und musterte die Neuankömmlinge angespannt. Die Musikanten machten keinerlei Intentionen sich im Raum umzusehen, stattdessen waren sie direkt auf die kleine Bühne geschritten, die bei meinem letzten Besuch noch nicht existiert hatte, und begannen ihre Instrumente auszupacken.
„Warum toleriert ihr Skara derart offenherzige Kleidung an einer Frau?", wollte ich von Jintah wissen, der sich an die andere Seite des Tresens gelehnt hatte.
„Weil sie gut ist."
Sie musste nicht nur gut sein, sondern ausgezeichnet. Obwohl sie ein wertvolles Kleid trug, schien sie nichts Besonderes. Sie besaß weder das Aussehen noch das Feuer Alyns und war auch nicht von faszinierender Exotik wie Lapislazuli. Ihr schwarzes Haar hing schlaff herunter und das Kleid betonte ihre fast nicht vorhandenen Kurven. Skeptisch musterte ich ihre Begleiter. Zwei von ihnen schienen Geschwister zu sein, denn ihre Ähnlichkeit war frappierend. Der Ältere, mit einer Leier in der Hand, trug lange Haare, sein jüngerer Bruder hingegen hatte sie kurz geschnitten und stimmte gerade seine Violine. Der Vierte im Bunde setzte eine mir unbekannte Art von Flöte an die Lippen.
Nach und nach verstummten die Gespräche, bis Totenstille herrschte.
Die Musikanten begannen zu spielen und ich musste zugeben, dass sie nicht schlecht waren. Allerdings hätte ich mir mehr erwartet.
Die Zuhörer jedoch lauschten gespannt und wurden vor jedem Stück aufgeregter. Als der Leierspieler vortrat und eine Pause verkündete, war die Spannung fast greifbar. Niemand dachte daran zu gehen, stattdessen bestellten sich alle eine weitere Runde an Getränken. Jintah kam mit dem Ausschenken gar nicht mehr nach.
„Darf ich mich setzen?", fragte eine weibliche Stimme.
Ohne dass ich etwas gesagt hätte, zog die Musikantin einen freien Hocker herbei, den ein Gast später vermutlich schmerzlich vermissen würde, und ließ sich mir gegenüber nieder. Dann musterte sie mich ohne jegliche Verlegenheit. Unwohl setzte ich mich aufrechter hin und bemühte mich um einen gelassenen Gesichtsausdruck.
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Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der Wüste
FantasySenn und Alyn haben es geschafft: Sie haben den ersten Edelstein gefunden. Doch nun führt ihre Reise sie nach Skaramesch, das Land der Wüste. Der Weg dorthin ist nicht einfach, es lauern Piraten, die es insbesondere auf wohlhabende Reisende abgesehe...