Kapitel 26

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Nachdem die Adeligen sowie Torz und die königliche Erzieherin gegangen waren, blieben nur noch die Oberen. Keiner von ihnen machte Anstalten sich zu erheben. Unruhig rutschte Timo auf seinem Sessel hin und her. Hatte er etwas falsch gemacht? Aus den Mienen der Oberen konnte er nicht lesen.

„Du hast dich heute gut geschlagen, mein Sohn. Wir sind alle sehr stolz auf dich."

Timo wurde rot, als er das Kompliment vernahm.

„Aus diesem Grund haben wir entschieden, dass du auch jetzt dabei sein wirst."

Der Obere Handelsmeister gähnte vernehmlich und unterbrach dadurch Orik. Dieser warf einen hasserfüllten Blick auf den anderen Mann.

Ihrer aller Anführer ergriff das Wort. „Wo ist der Meuchelmörder?", fragte er ohne Umschweife.

Keiner der vier anderen Männer schien sich angesprochen zu fühlen.

„Kenthar, was ist mit deinem Zauber?"

„Ich weiß es nicht", gestand der Obere Magier. Die Worte kamen ihm nur schwer über die Lippen. Er verzog sein ganzes Gesicht, als hätte er etwas besonders Bitteres gegessen. „Ich kann ihn nicht aufspüren. Egal welchen Zauber ich auch anwende, keiner von ihnen funktioniert."
Timo wusste nicht, wovon sie sprachen. „Ist jemand aus dem Gefängnis ausgebrochen?", wagte er zu fragen.

„Wenn es das nur wäre", brummte Orik verärgert. „Er ist ein Niemand, den wir in unsere Dienste gestellt haben. Eigentlich wäre die einzige Strafe, die auch nur halbwegs angemessen ist, ein äußerst grausamer Tod. Doch wir wollten ihn für unsere Zwecke benutzen, damit er seine Sünden wenigstens halbwegs wieder gutmachen kann."

Timo nickte. Nichts anderes hätte er von den Oberen erwartet. Sie waren tatsächlich viel zu gut für die Menschen. „Aber wie könnt ihr einem Mörder vertrauen?", rief er aus. „Einem Schandfleck in unserem schönen Land."

„Das haben wir nicht. Kenthar ist bei seinen Studien auf einen uralten Zauber gestoßen. Eine magische Tätowierung, ein Siegel, welches den Träger an seinen Herrn bindet. Er ist gezwungen, die Befehle auszuführen. Zudem weiß der Herr auch, wo sich der Träger befindet."
„Das ist doch großartig."

„Wenn es funktionieren würde", erklärte der Oberste grimmig. „Wir haben es getestet. An den unterschiedlichsten Personen. Es hat unsere Erwartungen sogar noch übertroffen. Doch dieses Mal ist irgendetwas schief gelaufen."

„Ich sagte doch, dass ich alles richtig gemacht habe", brauste Kenthar auf. „Diese kleine verfluchte Made muss es geschafft haben, das Siegel zu lösen. Was unmöglich ist. Es gibt keinen Gegenzauber."

„Ist es irgendjemanden von euch gelungen, mehr über diesen Mann herauszufinden?", fragte der Oberste in einem Tonfall, der kein Nein duldete.

Trotzdem schüttelten alle den Kopf. „Er ist vor ein paar Jahren wie aus dem Nichts aufgetaucht. Dann hat er sieben einflussreiche Männer aus Krylanid getötet, allesamt unsere Unterstützer", erklärte Orik.

„Er muss einen Hass gegen uns hegen", mischte sich der Obere Priester ein.

„Wer tut das nicht?", brummte der Obere Handelsmeister.

Timo fühlte Mitleid in sich aufsteigen. „Das ist nicht gerecht", rief er aus.

„Ach Junge, was ist schon gerecht", sagte Orik, bevor er sich dem Obersten zuwandte. „Wir wissen nicht, ob es noch andere Gründe dafür gibt. Er scheint keine Familie zu haben, wir haben alle Geburtsmeldungen, die noch aus der Vorzeit existieren überprüfen lassen und auch die aus den ersten Jahren. Senn ist kein häufiger Name und doch konnten wir nichts finden."
„Natürlich ist es ein Pseudonym, du Schwachkopf!" Der Oberste war zornig. „Er ist kein Dummkopf. Ich würde gerne etwas anders behaupten, aber selbst der einfältigste Halunke auf unseren Straßen hat irgendeinen Spitznamen."

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt