Auf einmal stand Sad'ahad neben mir. Sphen zuckte zusammen und verstummte. Dann starrte er merkwürdig erleichtert gen Boden. „Ich sollte gehen", meinte er leise.
Ich wollte ihn aufhalten, aber ich sah ein, dass es zwecklos war. Was auch immer Sphen mir Wichtiges zu sagen hatte, es musste warten.
„Was wollt Ihr?", fragte ich Sad'ahad rüder, als ich eigentlich beabsichtigt hatte. Entweder er schien meinen Tonfall nicht bemerkt zu haben oder es war ihm gleich. „Ich wollte mit Euch reden."
Ich seufzte. Diese Nacht würde ich wohl nicht mehr viel Schlaf bekommen. „Was ist?"
„Ich wollte nur einmal die Gelegenheit nutzen, um mit dem Mann zu reden, der mir die Augen geöffnet hat."
„Ach ja?" Ich bemühte mich, nicht schnippisch zu klingen. Das war eine Sache, die Frauen vorbehalten sein sollte.
„Ihr seid mein großes Vorbild."
Vielleicht konnte ich ihn nur nicht leiden, weil er ein Mann der Worte war und ich eher auf Taten zählte. „Ihr schmeichelt mir", erwiderte ich müde, weil es das war, was er hören wollte.
„Aber nicht doch. Gedenkt Ihr Euch an die Spitze der Assassinen zu setzen, sollte unser Putsch gelingen?"
„Das sind harte Worte, die Ihr da in den Mund nehmt."
Sad'ahad winkte ab. „Die Wahrheit."
„Um Eure Frage zu beantworten: Nein, ich habe mit diesem Leben abgeschlossen. Ich werde Euch helfen und dann den Assassinen endgültig den Rücken kehren."
„Das ist bedauerlich" Hätte ich nicht das kurze Aufhellen seiner Miene gesehen, hätte ich ihm dieses Possenspiel abgenommen. Es hatte seinen Grund, warum er es nie zu einem Meister gebracht hatte. Ihm fehlte es an den entscheidenden Qualifikationen.
„Ich bin sicher, die anderen werden wollen, dass Ihr einen neuen Anführer bestimmt."
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich habe nichts mehr mit ihnen zu schaffen. Sie werden nicht auf das Wort eines Fremden hören."
„Ihr habt selbstverständlich recht. Aber sollten sie es doch wollen, wüsstet Ihr bereits, wen ihr wählen werdet? Entschuldigt, wenn ich das frage, aber als Anführer des Widerstands muss ich mich um vielerlei Dinge kümmern. Es heißt, ich erledige das souverän und mir gefällt die Arbeit, aber..." Er verstummte und ich hob eine Augenbraue.
„Aber?"
„Ihr müsst verstehen, dass die meisten keine Ahnung haben, wie man führt und ich sollte es frühzeitig wissen, damit ich meinen Nachfolger ausbilden kann. Damit er das Amt in Eurem Sinne weiterführt."
„Ich werde darüber nachdenken." Mit diesen Worten verbeugte ich mich mit einem knappen Nicken und schritt zur Luke.
Sad'ahad schien zu verstehen, dass unser Gespräch beendet war und er drängte mich nicht weiter. Oben wartete Rashkel wie prophezeit auf mich. Gemeinsam verließen wir den Stall, während ich ihm leise von dem Gespräch mit dem Lehrer erzählte.
„Was gedenkst du zu tun?"
„Ich? Was soll ich schon machen? Ich habe es Sad'ahad ebenfalls schon gesagt. Ich werde mich raushalten. Es ist nicht meine Sache. Ich bin keiner von euch."
Rashkel lachte. „Natürlich. Aber Junge, es heißt nicht umsonst ‚einmal Assassine, immer Assassine'."
Die Gänge waren wie ausgestorben, als wir leise durch sie marschierten. Selbst wenn uns jemand entdeckt hätte, besaß Rashkel vermutlich die Autorität dazu. Niemand würde an seiner Treue zweifeln.
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Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der Wüste
FantasySenn und Alyn haben es geschafft: Sie haben den ersten Edelstein gefunden. Doch nun führt ihre Reise sie nach Skaramesch, das Land der Wüste. Der Weg dorthin ist nicht einfach, es lauern Piraten, die es insbesondere auf wohlhabende Reisende abgesehe...