Kapitel 41

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Nachdenklich beendete ich mein Mahl und erhob mich ebenfalls. Tarik schien nur darauf gewartet zu haben, denn sofort klebte er wieder an mir.

„Bist du traurig? War Mama gemein?"

Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Nein, deine Mutter war immer sehr gut zu mir."

Tarik lachte glücklich und ergriff meine Hand. Aufgeregt zog er mich hinter sich her.

„Darf ich deine Pferd reiten?", fragte er mich aufgeregt.

„Wir nehmen lieber Isa."

Er zog eine Schnute. „Warum?"

Weil Isa ruhiger war. „Weil Farah heute schon sehr viel gelaufen ist. Jetzt darf sie sich auf der Weide erholen."

Das schien er zu verstehen. Als wir den Stall erreichten, blieb er stehen. „Welche Pferd ist Isa?"

Abgelenkt deutete ich auf die Isabellenstute. In Gedanken war ich immer noch bei Amina. Tarik quietschte und Rosenas Reittier nahm es erstaunlich gelassen hin. „Zuerst müssen wir sie putzen", erklärte ich.

„Warum?", fragte Tarik wieder.

„Weil sie sonst ganz dreckig ist. Wenn ich ihr den Sattel auflege, tut ihr das dann weh."

Tarik nickte eifrig und nahm eine Bürste in die Hand. Ich zeigte ihm, wie er sie führen musste, damit er Isa nicht verletzte und er versank in der Arbeit. Ich genoss die kurzzeitige Stille. Irgendwann jedoch wurde die Ungeduld des Jungen zu groß und er ließ den Arm sinken. „Kann ich jetzt reiten?"

Milde lächelte ich und holte den Sattel. Nachdem ich Isa aus dem Stall geführt hatte, half ich Tarik auf ihren Rücken. Dann führte ich die Stute für eine Weile herum und sie ließ es gutmütig über sich ergehen, obwohl Tarik ziemlich im Sattel hin- und herruckelte und dabei vor Freude quietschte.

Amina trat aus dem Haus und winkte ihrem Zweitgeborenen zu. Auch Rosena und Alyn verließen das Innere des gemütlichen Gebäudes und stellten sich mit verschränkten Armen nebeneinander. Beide warfen mir einen nicht zu deutenden Blick zu. Die beiden jüngsten Kinder der Skara kamen auf mich zugerannt.

Die nächste Stunde verbrachte ich damit, Isa immer wieder durch den Garten zu führen, mit immer anderen Kindern auf ihrem Rücken. Farah hätte das vermutlich niemals so geduldig über sich ergehen lassen. Kasar wurde nicht müde, dem Pferd zu folgen und selbst durch sein Gebell ließ sich die Stute nicht stören.

Irgendwann klatschte Amina in die Hände und befand, dass es nun genügte. Die Kinder gehorchten mit einigem Murren und verschwanden zurück im Haus. Inzwischen war die Mittagshitze herangebrochen und Schweiß stand auf meiner Stirn. Fliegen summten um Isas Kopf und nährten sich an ihrer Tränenflüssigkeit, während der Schweif der Stute rastlos hin und her peitschte.

Ich tätschelte Isas Hals und führte sie zurück in den Stall. Dort sattelte ich sie ab und entließ sie für den Rest des Tages auf die Weide. Dank schattenspendender Bäume waren die Pferde hier vor der direkten Sonneneinstrahlung geschützt. Ein Beutel mit einer gewöhnungsbedürftig riechender Flüssigkeit, der an einem Pflock baumelte, hielt die meisten Fliegen fern. Stafa tänzelte aufgeregt am Zaun entlang, der seine Koppel von der unserer Pferde abtrennte. Die drei Stuten, die sich mit ihm die Weide teilten, ignorierten sein Imponiergehabe. Turrim, den Alyn offenbar irgendwann hinausgebracht hatte, hielt seinen Kopf hoch erhoben und musterte den Hengst aus seinen dunklen Augen. Farah stand etwas abseits und schien sich nicht um die Spannungen zu kümmern. Seelenruhig machte sie sich über das wenige Gras her, das dieses karge Stück Land zu bieten hatte. Isa trabte sofort zu ihr und tat es meiner Stute nach.

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt