Alyn und ich ritten durch die engen Gassen der Innenstadt. In der rechten Hand hielt ich die Zügel Isas, die gehorsam hinter mir her schritt. Rosena war sofort nach unserer Ankunft von Mika davongezogen worden. Der junge Mann schien regelrecht begierig darauf, ihr die Stadt zeigen zu können.
Die Menschen wichen uns aus, starrten uns aber sowohl neugierig als auch unverhohlen hinterher. Das lag vor allem an Alyns Hosen. „Versprich mir, dass du dir ein Kleid anziehst, wenn wir ein Zimmer gefunden haben."
Alyn stöhnte. „Muss das wirklich sein?"„Es ist ihre Kultur. Sie fühlen sich gekränkt, wenn du sie so offenkundig ignorierst. Es ist doch nur ein Kleid."
Sie schnaubte. „Das verstehst du nicht. Für mich ist es viel mehr. Kleider engen mich ein."
Mehr musste sie nicht hinzufügen, denn ich kannte ihren Freiheitsdrang, dem meinen nicht unähnlich.
„Danke, dass du mich trotzdem begleitest", sagte ich leise.
Sie antwortete nicht, weshalb ich dachte, sie habe mich nicht gehört. Irgendwie erleichterte mich das.
Auf einmal lachte sie. Erschrocken zuckte ich zusammen und Farah begann zu tänzeln. Ich tätschelte ihr den Hals und die Stute beruhigte sich wieder.
„Ich würde dir bis ans Ende der Welt folgen. Irgendjemand muss doch auf dich aufpassen. Ohne mich wärst du bereits tot."
Bedauerlicherweise hatte sie damit recht.
„Wohin reiten wir eigentlich?", wollte Alyn wissen.
„Es gibt da eine sehr gute Herberge", erklärte ich vage. Ein ungutes Gefühl hatte sich in mir breitgemacht. Mein Nacken prickelte und trotz der Wärme hatte ich Gänsehaut. Möglichst unauffällig blickte ich mich um. Verfolgte uns etwa der Mann mit dem schlichten Gewand? Er war mir schon vor einer geraumen Weile aufgefallen. Nein, jetzt betrat er einen Laden und verschwand aus meinem Sichtfeld. Dafür kam mir der junge Kerl verdächtig vor, der gerade eben die Auslage eines Geschäftes betrachtete.
Entnervt schüttelte ich den Kopf. Ich wurde paranoid. Niemand wusste, dass wir hier waren. Trotzdem konnte ich meine Anspannung nicht ablegen. Ich untersuchte die Dächer der angrenzenden Gebäude, aber auch dort konnte ich niemanden entdecken. Litt ich schon unter Wahnvorstellungen?
Auf einmal erschien mir der Lärmpegel, der durch die Vielzahl an Stimmen entstand, unerträglich. Hatte ich zuvor die Wärme noch als angenehm empfunden, erschien sie jetzt drückend. Farah schlug nervös mit dem Schweif. Alyn hingegen schien nichts zu bemerken und ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen.
Wir ritten an einem Basar vorbei. Über die Gassen waren Tücher gespannt, die einladenden Schatten spendeten. Alyn zügelte Turrim und starrte staunend auf die Menschenmassen, die sich vor den Ständen drängelten.
Lautstarkes Feilschen auf Skarsch drang an unsere Ohren, während die intensiven Düfte der verschiedenen Gewürze meine verstopfte Nase animierten.
„Gehen wir später dahin?", fragte Alyn aufgeregt.
Ich zuckte mit den Schultern. „Wie du willst." Ich konnte ihr doch nicht einfach diesen Wunsch abschlagen, nachdem sich die Vorfreude auf ihrem ganzen Gesicht ausgebreitet hatte. Ich warf noch einen vorsichtigen Blick auf unsere Umgebung, aber ich konnte noch immer nichts Verdächtiges entdecken. Mein ungutes Gefühl blieb. „Aber wir sollten jetzt weiter. Sonst kommen wir ja nie an."
Sie seufzte und trieb Turrim in einen flotten Schritt.
Die Herberge lag etwas außerhalb der Stadtkerns. Ich war schon lange nicht mehr hier gewesen. Aber nachdem ich für einige Jahre in der Nähe von Agba gelebt hatte, kannte ich die Stadt wie meine Westentasche. Nicht viel hatte sich in der Zwischenzeit verändert. Je mehr wir uns vom Zentrum entfernten, desto ruhiger wurde es. Herrschte auf den Straßen zuvor noch dichtes Gedränge, so konnten wir die Pferde jetzt zu einem langsamen Trab antreiben.
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Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der Wüste
FantasySenn und Alyn haben es geschafft: Sie haben den ersten Edelstein gefunden. Doch nun führt ihre Reise sie nach Skaramesch, das Land der Wüste. Der Weg dorthin ist nicht einfach, es lauern Piraten, die es insbesondere auf wohlhabende Reisende abgesehe...