Kapitel 50

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Innerhalb kürzester Zeit passierte es, dass ich meine Zimmertür öffnete und zum zweiten Mal eine Überraschung vorfand. Im ganzen Raum herrschte Chaos und statt Alyn und Rosena thronte in dessen Mitte ein schwarz gekleideter Mann.

Das Geschenk, das ich Alyn als Entschuldigung besorgt hatte, fiel mir aus der Hand und prallte auf den Boden. Zeitgleich machte mein Herz einen Satz und rutschte hinterher.

Mechanisch zog ich meinen Dolch und wünschte mir zugleich sehnlichst meine Sennen herbei. Meine Hand zitterte und zum ersten Mal fühlte sich der altvertraute Griff in meiner Hand fremd an. Der Fremde machte keinerlei Anstalten, seine eigene Waffe zu ziehen, doch das hielt mich nicht davon ab, auf ihn zuzustürmen. Denn ich hatte seine Kleidung längst erkannt. Bevor meine Klinge an seinem Hals landen konnte, blockte er sie mit seinem eigenen Dolch ab, den er auf einmal in der Hand hielt. „Was hast du mit ihnen gemacht?", zischte ich vor Entsetzen und Wut bebend.

Er hielt mich auf Abstand und achtete zugleich darauf, mich nicht zu verletzen. Das machte mich rasend und ich konnte nur mit Mühe an mich halten. Nur eine jahrelange Ausbildung bewahrte mich davor, ihm an die Gurgel zu gehen.

„Ich habe auf dich gewartet", antwortete er mir ruhig. „Wir müssen reden."

Ich schüttelte energisch den Kopf. „Warum sollte ich das tun? Verschwinde oder ich töte dich. Ich gehöre nicht mehr zu euch. Ich werde nie mehr zurückkehren."

Er lachte. Seine Stimme war dunkel und sein Gelächter schallend. Unsichtbare Hände schleuderten mich gegen die Wand und hielten mich dort fest, sorgten dafür, dass ich meinen Dolch fallen ließ, der mit einem leisen Klirren auf dem Boden aufkam, wie schon zuvor mein Geschenk für Alyn.

Meine Augen weiteten sich. „Was bist du?", stieß ich hervor, immer noch um Atem ringend.

Er trat an mich heran und zwei bernsteinfarbene Augen fixierten die meinen. „Was glaubst du?"

Ich konnte spüren, wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich. Hätten mich diese unsichtbaren Hände nicht eisern festgehalten, wäre ich zusammengesunken. „Nein", hauchte ich. „Nein, das kann nicht sein. Du hättest..."

Der Fremde legte den Kopf schief und lächelte. „Du erkennst mich wieder", stellte er fest.

Ich wollte den Kopf schütteln und es dementieren, aber ich konnte nicht. Erinnerungen überfielen mich, die ich vor langer Zeit versucht hatte, tief in mir zu vergraben. „Du hast dich ihnen angeschlossen?", stieß ich hervor und konnte nicht verhindern, dass es wie eine Frage klang.

„Was hätte ich auch tun sollen? Du hast meine Eltern getötet. Vor meinen Augen!" Bitternis schlich sich in seine Stimme. „Ich habe dich gesucht. Jahrelang. Aber du warst wie vom Erdboden verschluckt. Und auf einmal bist du wieder da. Als wärst du nie fortgewesen."

„Du hättest nicht zu ihnen gehen dürfen" antwortete ich lahm. Auf einmal überkam mich eine nahezu übermächtige Müdigkeit gepaart mit Resignation. Ich hatte gewusst, dass es früher oder später so kommen würde, sollte ich jemals nach Skaramesch zurückkehren. Kurz wollte ich mich meinem Schicksal ergeben, doch dann dachte ich an Alyn und Rosena und bäumte mich auf.

Der Druck, der mich an die Wand presste, wurde stärker und ich keuchte, als er mir drohte die Luft abzuschnüren.

„Ich hatte keine Wahl", zischte er. „Du hast mir alles genommen."

„Ich... habe... dich... am... Leben... gelassen." Jedes einzelne Wort war eine Qual und in meinem Kopf drehte sich alles. Kurz bevor ich ohnmächtig werden konnte, ließ der Druck plötzlich nach und ich stolperte nach vorne.

Sofort packte mich der Fremde und stieß mich auf das ungemachte Bett. Alyns Geruch stieg mir in die Nase, als ich mit dem Gesicht voraus in dem weichen Kissen landete.

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt