Kapitel 70

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Es war bereits später Abend, als Alastair leise nach Hause kam. Seine Frau stieg die Treppe herunter, nur mit einem Nachthemd bekleidet.

„Du bist spät", meinte sie leise.

Er seufzte. „Viel Arbeit." Er schlüpfte aus seinem Mantel und hängte ihn auf. „Sind die Kinder bereits im Bett?", fragte er, während er seine Schuhe auszog.

„Natürlich. Es ist spät."

„Davide?"

Sylvie seufzte. „Der auch. Er braucht den Schlaf. Die Sorge um seinen Freund quält ihn. Bist du sicher, du hast das Richtige getan?"

Alastair nahm sie an den Arm und führte sie die Treppe nach oben. „Was ist schon das Richtige?", fragte er. „Ich weiß nicht, ob es das Richtige war. Es ist nur das, was ihn am sichersten am Leben hält." Leise öffnete er die Tür zu ihrem Schlafzimmer. Sylvie setzte sich aufs Bett und beobachtete ihren Mann beim Ausziehen.

„Willst du nicht noch etwas essen?"

„Ich will nicht, dass irgendjemand um diese Zeit in der Küche stehen muss. Ich werde schon nicht verhungern."

„Warum bist du so spät gekommen? Ist etwas passiert?"

„Die vier Wochen sind abgelaufen."

Sylvie wusste sofort, wovon er sprach. „Kurtis?"

Ihr Mann lächelte. „Verschwunden. Die Le'Hag lassen offenbar nach."

„Dank den Göttern. Wie haben die Oberen reagiert?"

Alastair knüpfte sein Hemd auf. „Zu behaupten, sie wären darüber zornig, ist noch untertrieben. Sie waren regelrecht rasend vor Wut. Torz hat natürlich alle Schuld von sich gewiesen."

„Und du?"

„Ich hatte damit rein gar nichts zu tun. Torz traut mir nicht. Aus diesem Grund hat er auch dafür gesorgt, dass ich nicht involviert bin. Jetzt kann er mir aber, zu seinem großen Missfallen, nicht die Schuld in die Schuhe schieben."

„Wie konnte Kurtis entkommen?"

„Ich weiß es nicht. Niemand weiß es. Aber es wird behauptet, die Flusspiraten hätten etwas damit zu tun."

„Die Flusspiraten?" Sylvies Stimme klang ungläubig. Er drehte sich zu ihr um. Im gedämpften Licht schimmerten ihre Augen in einem geheimnisvollen Glanz.

„Offenbar hat alles ein weit größeres Ausmaß, als irgendjemand annehmen konnte."

„Meinst du, dein Meistermörder hat etwas damit zu tun?"

„Auf irgendeine Weise bestimmt."

Beide schwiegen und schließlich legte sich Alastair neben sie ins Bett.

„Ich muss dir was sagen", wisperte Sylvie.

„Ist etwas mit den Kindern?"

„Nein. Ja. In gewisser Weise."

Verwirrt runzelte er die Stirn. Sie atmete tief durch. „Ich bin schwanger."

Vollkommen überrascht richtete er sich auf. „Was?", fragte er wenig wortgewandt.

Sie lächelte. „Wir bekommen ein Kind."

„Aber ich dachte, du wärst schon zu alt."

„Was soll das denn bedeuten?" Gespielt gekränkt gab sie ihm einen Rempler.

„Ich bin nur überrascht. Ich hätte nicht damit gerechnet."

„Ich auch nicht. Ich habe es schon länger vermutet, aber ich konnte es nicht glauben. Aber es ist sicher."

Die Chroniken von Seyl 2 - Die Herrscher der WüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt