𝒞𝒽𝒶𝓅𝓉𝑒𝓇 𝓉𝒽𝒾𝓇𝓉𝓎𝑒𝒾𝑔𝒽𝓉

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"Whoa, you stress me out, you kill me. You drag me down, you fuck me up" Back to you (feat. Bebe Rexha & Digital Farm Animals) - Louis Tomlinson, Bebe Rexha, Digital Farm Animals


Gedankenverloren kickte ich immer wieder einen kleinen Kieselstein auf der Straße mit meinen Füßen vor mir her, während sich der Himmel langsam aber sicher immer mehr mit dunklen Wolken zuzog. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Immerhin passte das Wetter zu meiner Stimmung.

Ich hatte Liam gesagt, dass ich kurz etwas Zeit für mich bräuchte und einmal um den Block gehen wollte. Allerdings hatte ich längst meinen Orientierungssinn verloren und war vermutlich ein paar mal zu oft falsch abgebogen. But who cares. Irgendwann würde mich wahrscheinlich irgendwer suchen und finden.

Plötzlich stolperte ich über eine kleine Wurzel und blickte verwirrt auf. Ich befand mich auf einem kleinen Trampelpfad an dessen Seiten vereinzelt ein paar Bäume standen. Wie zur Hölle war ich hier gelandet? Doch, was mich noch mehr verwirrte war, dass mir dieser Ort irgendwie verdammt bekannt vorkam. Als wäre ich hier schon tausend mal zuvor gewesen. Wie war das möglich?

Irritiert sah ich mich ein wenig um und spürte dann, wie mein Herzschlag für einen Moment aussetzte, als ich die kleine Ranch am Ende des Horizonts entdeckte. Wieso war mir das nicht vorher eingefallen? Wieso hatte ich die Gegend hier nicht erkannt?

Das hier war der Ort, an dem ich meine halbe Kindheit verbracht hatte. Das hier war mein altes Zuhause.

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(Rückblick:)

Mit zittrigen Fingern umklammerte ich das Treppengeländer und lauschte dem Gespräch meiner Eltern unten im Wohnzimmer.

"Was meinst du was das für ein Schock war, als ich gestern in ihr Zimmer kam und sie sich mit meinem Rasierer die Haare abrasiert hatte?", rief mein Dad gerade aufgebracht, "Haben ihre Freunde aus der Schule ihr diesen Bullshit eingeredet?"

"Troy, ich bitte dich! Wir sollten ihn akzeptieren, auch als Louis", widersprach meine Mum, "Stell dir doch mal vor, wie er sich all die Jahre gefühlt haben muss. Versuche mal, dich in ihn hinein zu versetzen."

"Das du das unterstützt", fauchte er ärgerlich, "Sie ist doch erst zehn. Sie kann das doch überhaupt nicht beurteilen. Das ist bestimmt nur so eine Phase, die in ein paar Wochen wieder vorbei ist."

"Hey, Lucy", ich spürte, wie Lotti von hinten einen Arm um meinen zitternden Körper legte.

"Nenn mich Louis", schniefte ich leise, "Ich bin Louis."

(Rückblick Ende)

-

Wütend trat ich mit dem Fuß gegen einen Baum am Wegrand. Ja, mein eigener Vater hatte mich nicht akzeptiert und würde es vermutlich auch niemals. Aus dem Grund waren wir damals nach Deutschland gezogen. Mum, meine Schwestern und ich. Dort hatte sie dann Dan kennengelernt und einige Jahre später geheiratet. Von Troy, meinem leiblichen Vater hatte ich niemals wieder etwas gehört.

Ich wollte gerade umkehren, als mir plötzlich ein Gedanke in den Sinn kam. Was wäre, wenn er mich wiedersehen würde? Älter, reifer, nicht mehr der kleine Junge von damals. Würde er mich vielleicht akzeptieren? Was wäre, wenn das hier eine Chance wäre, mich wieder mit ihm zu versöhnen und ich sie nur ergreifen müsste?

War ich bereit dafür? War er bereit dafür? Könnten wir uns wieder sehen, ohne einander an die Gurgel zu springen? Hatte sich seine Denkweise inzwischen vielleicht geändert? Dann hätte er doch angerufen oder? In den sieben Jahren in denen wir keinen Kontakt hatten...

Hatte er inzwischen vielleicht eine Freundin? Eine Frau? Kinder? Familie? Wohnte er hier überhaupt noch? All das würde ich niemals herausfinden, wenn ich jetzt umdrehen würde. Vielleicht reichte es auch völlig aus, ihn nur aus der Entfernung zu beobachten, einfach um zu sehen, was aus ihm geworden war...

Ich atmete einmal zittrig aus, ehe ich mich in Bewegung setzte und die kleine Ranch am Rande des Horizonts ansteuerte.

-

Mir wurde ganz warm ums Herz, als ich an den Gattern der Paddocks, auf denen vereinzelt Pferde standen, vorbei ging. Es sah alles noch genauso aus wie früher. Nur der Betrieb war deutlich zurück gegangen. Es liefen keine kleinen Mädchen und Jungen mehr herum und es waren auch keine Stimmen mehr aus der Reithalle zu hören.

Gedankenverloren betrat ich die Stallgasse und lugte neugierig in ein paar Pferdeboxen. Die meisten standen leer. Nur ganz am Ende vernahm ich Geräusche. Neugierig näherte ich mich und lugte in die Box. Ein kleiner, grauer Esel starrte mich misstrauisch an. Mein Blick fiel auf das Namensschild an der Tür. Markus.

"Du verfolgst mich doch, Harry", lachte ich leise und streckte meine Hand vorsichtig nach dem Tier aus. Neugierig streckte der Esel den Hals nach mir aus, schaffte es jedoch nicht, meine Hand zu berühren.

"Wenn ich dich streicheln soll, musst du schon herkommen", schmunzelte ich.

Tatsächlich setzte er sich nun in Bewegung, bis seine weiche Schnauze meine Fingerspitzen berührte. Allerdings fiel mir jetzt auf, dass er sein eines Bein merkwürdig nachzog und irgendwie total schief lief.

"Hey", hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir, "Besucher dürfen außerhalb der Fütterungszeiten nicht in die Ställe."

Als ich mich umdrehte stand vor mir ein Mädchen, ungefähr in meinem Alter und musterte mich misstrauisch.

"Du bist doch auch hier oder?", grinste ich frech, woraufhin sie mich finster anstarrte. Dann wurde ihr Blick plötzlich nachdenklich. 

"Bist du nicht der Typ, dessen Foto auf dem Schreibtisch von meinem Bruder steht? Der, den er so vergöttert?"

"Gemma?", fragte ich verwirrt.

"Ja", grinste sie nun und reichte mir ihre Hand, "Freut mich, dich kennenzulernen, Louis. Aber solltest du nicht bei Harry sein? Wo ist er?"

"Wir... wir haben uns gestritten", murmelte ich zerknirscht. Um vom Thema abzulenken, deutete ich auf Markus, "Warum läuft er so komisch?"

"Seine Hüfte ist kaputt", antwortete Gemma traurig, "Eigentlich müsste er operiert werden, aber so eine Operation kostet ein Vermögen und..."

"Wieso verkauft ihr in nicht?", fragte ich skeptisch, "Er hat doch sicherlich höllische Schmerzen."

"Harry hat ihn als kleines Kind mit der Flasche aufgezogen, es würde ihm das Herz brechen. Außerdem kauft kein Mensch einen kranken Esel. Die einzige Option wäre, ihn endlich einzuschläfern. Aber... Harry sollte sich noch verabschieden können..."

"Oh", murmelte ich betreten und kraulte das kleine Tier liebevoll hinter den Ohren.

Dafür hatte Harry das Geld gebraucht. Traurig guckte ich in Markus' liebe Augen. Warum hatte er denn nie etwas gesagt?

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1044 Wörter - Ivy

Sweet Creature - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt