"Lou!", riefen Taylor und Eleanor fast zeitgleich, als Zayn Harry und ich ihr Zimmer betraten.
Glücklich fielen sie mir in die Arme und ich hatte Mühe, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Zayn Harry, der nun eine traurige Schnute zog, einen schadenfreudigen Blick zuwarf. Auch ich konnte mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Bevor ich hierher ins Internat gekommen war, war er schließlich der Superstar gewesen und als zweiter begrüßt zu werden, musste nun wohl ein klein wenig an seinem Ego kratzen.
Nachdem mich Eleanor und Taylor schließlich freigelassen hatten und sich nun Harry widmeten, wurde ich auch von Kendall, Gigi und Niall, die ebenfalls im Zimmer waren, liebevoll begrüßt.
Und als wir wenig später alle im Kreis auf dem Boden saßen und uns gegenseitig von unseren Ferien erzählten, fühlte ich mich endlich angekommen. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so wohl, so zu Hause und so akzeptiert gefühlt.
"Hey, Lou. Ist alles okay?", fragte Niall plötzlich und stupste mich vorsichtig an.
Grinsend löste ich meinen verträumten Blick aus der Runde und wandte ihn stattdessen zu dem blondierten Iren, der direkt neben mir saß, um, um ihn breit an zu lächeln und zu nicken. Es könnte kaum besser sein.
"Ich geh eben auf Toilette", flüsterte ich dann Harry, der auf meiner anderen Seite saß, zu, woraufhin dieser kurz nickte, ehe ich mich erhob und das Zimmer verließ.
Verträumt betrachtete ich die alten Gemälde, die überall in den Fluren an den Wänden hingen, während ich von der Toilette zurück zu Eleanors und Taylors Zimmer ging. Das uralte Schloss war wirklich total schön und ich liebte den Geruch, der hier überall in der Luft schwebte und irgendwie etwas märchenhaftes an sich hatte.
"Na sieh mal einer an", hörte ich plötzlich eine bekannte Stimme hinter mir.
Als ich mich verwundert umdrehte, erstarrte ich augenblicklich, während sich auf meinem ganzen Körper eine Gänsehaut bildete. David. Durch den ganzen Stress mit Harry hatte ich ihn die letzten Wochen vollständig aus meinem Kopf verbannt. Seine Suspendierung war wieder aufgehoben. Er war wieder zurück im Internat. Und würde es auch erst einmal bleiben.
"Das Mädchen."
Ich zuckte zusammen, als ich seine Stimme erneut hörte und stand zu sehr unter Schock, als dass ich ihm widersprechen oder mich rechtfertigen konnte. Auf einmal erschienen Bilder in meinem Kopf. Bilder aus der Sporthalle. Bilder, die ich so lange verdrängt hatte. Und... Harry.
Panisch sah ich mich um. Ich war ganz alleine auf dem Flur. Keine Menschenseele war hier. Keiner, außer David und mir. Niemand würde mir helfen können. Bei was auch immer er vorhatte.
"Halt dich von mir fern", stammelte ich mit zitternder Stimme. Zu gerne hätte ich einschüchternd geklungen oder Furcht einflößend. Oder zumindest selbstbewusst. Doch mein gesamtes Selbstbewusstsein war auf einmal wie vom Erdboden verschwunden. Ich war ganz allein. Und er war mindestens einen Kopf größer als ich und doppelt so breit. "Bitte."
"Warum sollte ich?", grinste er selbstgefällig und baute sich vor mir auf.
Unsicher ging ich ein paar Schritte zurück, bis mein Rücken gegen die Steinwand hinter mir stieß. Mit rasendem Herzen sah ich ihm direkt in die zornigen dunklen Augen. Jetzt konnte ich sogar seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren.
"Wegen dir wurde ich zwei Wochen suspendiert", brummte er grimmig, "Das wird für immer in meinem Zeugnis stehen. Und weißt du was? Ich bin verdammt nochmal stinksauer darüber. Weil du mir eventuell meine Zukunft vergeigt hast!"
"Das hast ganz alleine du zu verantworten", hauchte ich zitternd und versuchte, mich an ihm vorbei zu drücken, woraufhin er mich am Arm packte und zurück gegen die Wand schleuderte, sodass ich unsanft dagegen fiel und mit schmerzerfülltem Blick zu Boden sank. "Ich habe dir doch überhaupt nichts getan. Lass mich einfach in Ruhe!"
Schützend hielt ich mir den Arm, der auf einmal schmerzhaft pochte vor das Gesicht, als David mit dem Bein ausholte und nach mir treten wollte. Doch plötzlich verharrte er in seiner Position, ehe sich eine Schülerin schützend vor mich stellte. Ich sah sie zwar nur von hinten, doch trotzdem glaubte ich, sie nicht zu kennen.
"Du sollst ihn in Ruhe lassen, hast du nicht gehört?", hörte ich mit einem Mal eine Jungenstimme, die einem Schüler aus dem Jahrgang über mir gehörte. Grimmig sah er David an, der nun etwas unbeholfen zwischen ihm, mir und dem Mädchen hin und her sah.
"Verpiss dich", zischte der Typ noch einmal mit Nachdruck, woraufhin sich David tatsächlich zum Gehen umwendete. "Und fass' ihn ja nie wieder an!"
Das Mädchen drehte sich nun zu mir um und mir fielen sofort ihre vielen Sommersprossen, die sie mit ihrem freundlichen Lächeln sofort sympathisch wirken ließen, auf. Doch ich kannte sie wirklich nicht und auch mit dem Jungen hatte ich noch nie ein einziges Wort gewechselt. Warum hatten sie mir geholfen?
"Geht es dir gut?", fragte mich das Mädchen nun und reichte mir besorgt ihre Hand, um mir hoch zu helfen.
"Mein Arm tut etwas weh, aber das geht schon", erwiderte ich leise, ehe ich sie schüchtern anlächelte. "Dankeschön."
"Dafür doch nicht", winkte der Junge sofort ab, ehe er vorsichtig meinen Arm abtastete. "Ich bin übrigens Joe und das ist Mia. Tut das weh?"
Kurz zuckte ich zurück und nickte anschließend leicht. "Ich glaube ich habe mir den Arm etwas zu doll an der Wand gestoßen", gab ich zerknirscht zu und versuchte, den Schmerz so gut es ging zu ignorieren. "Ich bin Louis."
"Das...", Joe lächelte vorsichtig, "Weiß hier glaube ich jeder. Man kennt dich... spätestens nach... dem Video."
"Oh", murmelte ich leise und senkte scheu den Blick.
"Tut mir leid", erwiderte Mia zaghaft, "Mit dem Video meine ich. David ist einfach ein Arsch. Komm mit, wir bringen dich ins Krankenzimmer. Ich glaube, dein Arm sollte besser untersucht werden."
Vorsichtig nickte ich und setzte mich dann in Begleitung der beiden in Bewegung. Leicht lächelnd betrachtete ich sie immer wieder von der Seite. Sie kannten mich nicht, nicht im geringsten und sie wussten das über mich, was ich solange versucht hatte, zu verstecken.
Und sie hatten nicht einen blöden Kommentar abgegeben, nicht eine dumme Frage gestellt. Sie hatten mir einfach geholfen. An meiner alten Schule hatte das nie jemand getan. Dort hatten alle entweder einfach weggesehen oder sich ebenfalls über mich lustig gemacht und mich ausgelacht. Niemals hätte ich mit Hilfe von irgendjemandem gerechnet.
Vielleicht waren Menschen ja doch nicht so grausam, wie ich sie bisher immer erlebt hatte. Und vielleicht war ich doch ein wenig normaler, als ich gedacht hatte. Ein wenig, wie alle anderen. Ein wenig, wie ein richtiger Junge. Oder auch ein wenig mehr.
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1097 Wörter - Ivy
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Sweet Creature - Larry Stylinson
Fanfic"Warum vertraust du mir nicht Louis?" "Weil du mich dann vielleicht nicht mehr so ansehen würdest" Louis ist Transgender. An seiner Schule und in seiner Stadt wird er täglich gemobbt und hat keinen einzigen Freund. Als er es irgendwann nicht mehr au...