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Esszimmer - der Morgen danach

Ich war tot. Also so wirklich - innerlich. Doch außer Kyle schien das niemand zu bemerken, da alle überglücklich über Amalias Schwangerschaft waren. Mutter grinste ununterbrochen auf Amalias Bauch, Vater schaute sie Stolz an und Amalia selbst wirkte überglücklich, mit Gastones Händen auf ihrer kleinen Kugel. Selbst Bea, die Cola trinkend, mir gegenüber saß, wirkte glücklich, doch ihre Freude war ihrem Handy geschuldet, auf welchem sie unterm Tisch die ganze Zeit rum drückte. Es war ihr zweites Glas, was so viel verhieß, dass sie in spätestens zwanzig Minuten herumspringen würde, wie ein kleiner Flummi auf Koks.

Kyle hatte unterm Tisch meine zitternde Hand genommen und streichelte zaghaft immer wieder über meine Finger und den Ring, den er mir erst vor kurzer Zeit, selbst an den Finger gesteckt hatte. Es beruhigte mich irgendwie, dennoch war es wirklich komisch, dass niemandem meine tiefen Augenringe auffielen oder aber meine rot unterlaufenen Augen.

Ich nippte immer wieder mal an meinem Orangensaft und rutschte unruhig hin und her. Mein einziger Gedanke, beschränkte sich darauf, allein zu sein. So sehr ich meine Familie auch liebte, wünschte ich mir nichts sehnlicher als wieder in mein Bett zu kriechen.

Kyle sah mich von der Seite an und verschränkte seine Finger mit meinen kalten, noch immer zitternden. Sachte beugte er sich zu mir herunter und streifte meine Wange mit seiner, bis sein Mund so nah an meinem Ohr war, dass ich jedes Wort, ganz tief in meinem Inneren widerhallen, hörte.

„Du musst essen." Flüsterte er und küsste erst meine Ohrmuschel und danach ganz zaghaft eine Stelle hinter meinem Ohr, die mir ein kleines Lächeln abgewinnen konnte, was das erste an diesem Morgen war. Ich starrte auf den nicht einmal berührten Toast auf meinem Teller, und fand nicht einmal die Motivation, meinen Arm zu heben um ihn in die Hand zu nehmen.

„Ich will nicht." Flüsterte ich so leise wie ich nur konnte, doch meine Familie schien gar nicht zu bemerken, dass es mich auch noch gab, was in diesem Fall wirklich ein pures Glück war. Zaghaft hob ich den Blick, um Kyle anzuschauen und berührte gleichzeitig die filigrane Lilie um meinem Hals, welche ich seit gestern Abend nicht mehr abgenommen hatte. „Ich kann nicht."

Wenn ich auch nur an Essen dachte, hätte ich mich am liebsten übergeben, vielleicht sind das einfach nur noch die Nachwirkungen von gestern, dem Alkohol auf nüchternem Magen, Valeria und den ganzen Erinnerungen.

Meine Hände fingen wieder an doller zu zittern, als ich an Keaton dachte und ich krallte mich förmlich in Kyles Hand, damit er verstand, dass es mir nicht gut ging.

„Ist okay." Er ließ meine Hand schnell los und zog meinen Stuhl näher zu seinem, um seinen Arm um meine Schultern legen zu können. Mit seiner anderen Hand, nahm er wieder meine Hand in seine und streichelte meine Fingerknöchel.

Fast in einer zehntel Sekunde, ließ ich mich gegen ihn fallen und meinen Kopf auf seiner Schulter ruhen.

Mein Gott, wieso war seine Schulter, gerade der schönste Ort auf dieser ganzen Welt? Wieso, war er der schönste Ort auf der Welt?

„Ellie, geht es dir gut?" fragte mich meine Mutter und stand schon halb.

„Ja, ja. Ich bin nur ein wenig müde." Antwortete ich in meiner besänftigten Stimme, doch sie war schon auf meiner Seite und fühlte meine Stirn.

„Mhm, Fieber hast du nicht." Sagte sie in ihrer Mutterstimme und ich rang mir ein kurzes Lächeln ab, welches niemals echt wirken konnte.

„Mutter, sie hat gestern einfach zu viel getrunken und hat einen Kater, das ist alles." Schob Amalia dazwischen und ich war ihr so dankbar dafür. Sie wusste genauso sehr wie ich, dass es mir nicht gut ging, aber Mutter hörte auf sie.

Like the fire inside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt