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Im Schlafzimmer – mitten in der Nacht

„Renn. So schnell du kannst und schau nie wieder zurück."

„Renn los."

„Jetzt."

Ich tat was mir befohlen wurde und rannte durch die großen Hallen der Villa.

Schüsse fielen.

Laut. Unglaublich laut.

Ich legte meine Hände auf meine Ohren und beschleunigte mein Tempo.

In der nächsten Sekunde stand ich mitten im ersten Salon. Das rote Sofa, in der Mitte des Raumes, so anmutig wie es heute früh auch war.

Die Schüsse waren verklungen, doch viel schlimmeres spielte sich vor meinen Augen ab.

„Kyle!" schrie ich, doch er hörte mich nicht. „KYLE!" schrie ich erneut.

Schuss.

Kyle.

Tot.

Jemand schrie unglaublich laut.

Ich war das.

Ich schrie.

Ich schaute auf seinen leblosen Körper.

Ich rannte auf ihn zu.

Ich kniete mich neben ihn. Schrie ihn an, dass er aufwachen soll.

Doch er tat es nicht.

Schwarz. Schwarz gekleidete Männer standen nun um uns herum.

Pistolen. Waffen. In ihren Händen.

Gerichtet auf mich. Ein hässliches Entlein im Scheinwerferlicht.

„Ich hab gesagt du solltest rennen." Flüsterte mir jemand ins Ohr.

Amalia. Das war die Stimme von Amalia.

Ich drehte mich um.

Doch nirgends war sie zu sehen.

„Renn, sagte ich. Aber mal wieder hast du nicht auf mich gehört." Flüsterte eine andere Stimme, die ich nicht zuordnen konnte, an meinem anderen Ohr. Ich drehte mich in die Richtung, doch niemand war zu sehen.

„Ich kann ihn doch nicht hier alleine lassen." Schrie ich.

Die schwarz gekleideten Männer richteten immernoch ihre Waffen auf mich.

„Du bist schwach kleine Ellie. Das warst du schon immer." Flüsterte noch eine gehässige andere Stimme. Langsam wurde ich wahnsinnig. Ich kannte die Stimmen, aber woher verdammt?

„Deine Zeit ist abgelaufen!" rief einer der schwarzgekleideten Männer und richtete seine Waffe auf mich.

Ein Knall. Laut.

Schmerz. In meiner Brust.

War es das nun?

War es das?

War es das wirklich?

Fühlte es sich so an, zu sterben?

Vielleicht waren Kyle und ich, wie Romeo und Julia.

Verdammt zum Sterben?

Vielleicht.

Vielleicht aber auch nicht.

*

Ich schrie. Laut.

Ich setzte mich auf und umklammerte die Bettdecke so stark, sodass meine Fingerknöchel schon weiß hervortraten. Mir war heiß und kalt zugleich. Tränen flossen mir über die Wangen und ich zitterte.

„Hey, was ist los?" Kyle setzte sich neben mir ruckartig auf. Aber doch war er so weit entfernt, dass seine Stimme einzig einem Echo in einem langen Tal gleich klang.
Meine Atmung ging stockend. Es schmerzte einzuatmen. Wie als wurde mir wirklich in die Brust geschossen. Ich sah an mir herunter, doch nirgendwo war Blut zu sehen.

„Hey." Sagte er wieder, aber immernoch so weit entfernt.

„Schau mich an." Es schmerzte, es tat weh. Ich konnte nicht atmen. Wieso tat es weh?

„ELLIANA!" schrie er und ab genau diesem Zeitpunkt an fühlte es sich an, als hätte jemand einen Schalter in meinem Kopf umgelegt und mein Kopf flog in seine Richtung.

Qualvoll schluchzte ich auf, als ich sein markantes Gesicht sah. Weitere Tränen flossen meine Wangen herab. Er lebte. Oh Gott.

Ohne auch nur eine weitere Sekunde darüber nachzudenken, schmiss ich mich in seine Arme. Die Angst und auch die Furcht, vor ihm, waren komplett vergessen.

Er versteifte sich während ich sein T-Shirt durchnässte mit meinen Tränen.

Es war wie Eis, welches um ihn drum herum gefroren war. Ich war sein Feuer, denn nach und nach, ließ das Feuer in mir sein Eis auftauen. Zwar nicht das gesamte Eis, doch einen Teil schon. Mein Feuer war noch zu schwach. Aber es würde noch größer werden. Das spürte ich. Feuer wurde immer größer.

Er akzeptierte meine Umarmung und fuhr mir mit einer Hand zögerlich über den Rücken.

Es fühlte sich so unglaublich gut an, dass ich es gar nicht in Worte fassen konnte.

„Was ist passiert?" fragte er nach einer Weile und drückte mich leicht von sich weg. Sofort wollte ich seine Nähe wieder, doch ich konnte froh sein, schon überhaupt ihm so nahe, hatte kommen zu dürfen.

„Du warst tot...und...und i-ich wollte dich retten...aber...aber dann erschossen sie mich." Stotterte ich mit einigen Schluchzern. Er sah mich schon fast besorgt an. Aber das war Kyle Rigon. Er machte sich um nichts und niemanden Sorgen. Erst recht nicht um mich.

„Wer?" war das Einzige was er fragte.

„I-Ich weiß nicht. Sie...Sie waren schwarz gekleidet." Flüsterte ich, da eine unglaubliche Erschöpfung auf mich niederprasselte, wie kleine Regentropfen, die meine Haut berührten.

„Kann-Kann ich...eventuell..." fing ich an zu stottern und schaute die weiße Bettdecke an.

Kyle schien mich ohne Worte zu verstehen, da er mich einfach wieder in seine Arme zog, ohne weiter zu überlegen. Sanft strich er mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr und ich glaubte nicht, dass das gerade wirklich passierte. Kyle würde doch niemals zärtlich mit jemandem um gehen.

Doch ich war viel zu müde und erschöpft um ihn darauf anzusprechen.

Das letzte was ich noch zusammenbekam war: „Kannst du mir beibringen mit einer Waffe zu schießen?"

Er gab mir keine Antwort legte uns beide wieder in das Bett und streichelte wieder durch meine Haare.

Es fühlte sich so unglaublich gut an und seit langem fühlte ich mich so beschützt, wie noch nie zuvor.

Hoffentlich würden die schwarz gekleideten Menschen nicht mehr auftauchen.

Hoffentlich.

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