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Im „Bunker" – geräumige Zeit später

Früher in meinen Mathestunden, starrte ich meistens auf die kleine schäbige Uhr die an der Wand hinter unserer Tafel hing, und sah dem Minutenzeiger dabei zu, wie er sich qualvoll langsam bewegte und die Stunde nicht umgehen ließ. Ich war nie wirklich schlecht in Mathe, manchmal hatte es mir sogar in gewisser Weise Spaß gemacht, logische Wege zu erklären, doch trotz allem war ich froh, dass der Minutenzeiger, irgendwann sein Ziel erreicht hatte.

Genau dieses Gefühl, aber ohne Erlösung, hatte ich, als ich weitere Stunden an die gegenüberliegende Wand starrte, und auf die rustikale Uhr blickte, welche mit stockenden Zeigern in super Slowmotion, von einer Zahl zur anderen wechselte.

Die Zeit ging wirklich nicht rum, und ich war mir nicht einmal sicher ob es der wirklichen Zeit, außer halb von diesem „Bunker" entsprach, und verließ mich daher auf mein Bauchgefühl.

Das ticken der Uhr war das einzige Geräusch in dem Zimmer und erinnerte mich an einen Horrorfilm.

Mit angezogenen Beinen saß ich auf dem Bett, die Decke quer um meinen Körper gehüllt, weil mir unfassbar kalt war. Alleine gelassen in dem Raum. Alleine gelassen, mit den schrecklichsten Gedanken, die jeder Zeit über mir, wie eine dunkle Gewitterwolke, zusammenbrechen könnten.

Ich gestattete den schlimmen Gedanken nicht, sich frei zulassen, weil ich sonst wahrscheinlich an einem Nervenzusammenbruch erleiden könnte.

Stattdessen dachte ich an meine Kindheit, die zwar trotz all den Förmlichkeiten und engen Kleidern, wunderschön gewesen war. Vater und ich hatten trotz allem viele Sachen zusammen unternommen. Meist waren wir im Winter oft Schlittschuh fahren, und haben uns auch ab und an ein paar Spiele von den Boston Bruins gemeinsam angeschaut. Seit klein auf, war ich von dieser Sportart begeistert gewesen. Mit wie viel Kraft die Eishockeyspieler über das Eis schlitterten und den Puck genau im richtigen Moment schossen, musste auf unfassbaren Fähigkeiten beruhen. Ich selbst wollte jedoch nie Eishockey spielen, was ich auch sowieso in unserer Welt nicht hätte ausführen können, zu sehr war das Klischeebild einer Frau, in den sturen Köpfen der Männer verankert. Daher habe ich einige Jahre lang Eiskunstlauf ausgeübt und bin sogar richtig gut geworden, natürlich bestanden meine Eltern auf privat Stunden, welche auch eigentlich ganz okay waren, da die Lehrerin – Kayla – wirklich nett war.

In Gedanken an die Eisbahn, dem Wind um meinen Ohren und dem Eis unter meinen Füßen, schloss ich die Augen und lehnte meinen Kopf, an die Wand hinter mir. Viele Erinnerungen stürzten über mir ein; wie ich meine erste Pirouette drehte und die erste Biellmannpirouette perfekt ausführte.

Mit Gedanken an die Eisbahn beruhigte ich mich wieder ein wenig und konnte so die angsterfüllenden Gedanken ausblenden.

***

Ich wusste nicht wie es geschehen war, doch anscheinend war ich eingeschlafen. Denn als ich das nächste Mal blinzelnd die Augen öffnete, war meine Orientierung komplett verloren. Langsam setzte ich mich auf und nahm den eigenen Geruch des Raumes war. Ich konnte nicht einmal beschreiben, was das für ein Geruch war, irgendwie war es feucht.

Ohne Orientierung sah ich mich um, doch erstarrte, als ich ein lautes Rumpeln hörte, welches aus Richtung der Tür kam. So schnell wie ich es in meinem schlaftrunkenen Zustand schaffte, rappelte ich mich auf und schnellte zur Tür. Ein breiter Besen befand sich hinter dieser und mit angehaltenen Atem, stellte ich mich zu dem Besen.

Mit zitternden Händen umklammerte ich den Besenstiel, als auch schon im nächsten Moment die Tür auf ging, mein Herz fing an zu rasen. Ein gedämpfter Lichtkegel fiel in den Raum und ich vernahm Schritte. Mein Blut rauschte in meinen Ohren und ließ mich keine Sekunde länger zögern. So schnell wie ich es schaffte kam ich hinter der Tür hervor und holte schwungvoll mit dem Besen aus, als ich ihn meinem Gegenüber auch schon mit voller Wucht gegen die Brust schmetterte.

Like the fire inside meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt