~43: Background V: Seokjin~

224 13 0
                                    

Mit neutraler Miene stand der junge Gerichtsmediziner vor der Tür eines Zimmers im Krankenhaus. Heute morgen hatte er einen Anruf erreicht, in dem er erfahren hatte, dass sein Freund halb totgeprügelt an einer Bushaltestelle aufgefunden worden sei. Ihm wurden mehrere Knochen gebrochen und auch hatte er schwere Wunden von Schlägen erlitten, die sich alle in Form von blauen Flecken an seinem Körper abzeichneten. Ohne anzuklopfen lief Seokjin in das Zimmer hinein. Sofort schaute Jimin panisch zu ihm, bevor ihm Tränen in die Augen stiegen. Er wollte nicht, dass irgendjemand davon erfuhr, und trotzdem stand Seokjin nun in seinem Einzelzimmer hier. Er hatte nicht darum gebeten. Er hatte um niemanden gebeten.

"Jin, ich kann das erklären", fing die zierliche Person direkt heiser zu erzählen an. "Deine Eltern missbrauchen dich also nicht nur sexuell", hauchte der hochgewachsene Mann, weshalb die verletzte Person sofort laut zu weinen anfing. Er wusste es. Seokjin wusste es. Er wusste, dass seine Eltern ihn schlugen. Er wusste, dass seine Eltern ihn anschrien. Er wusste auch, dass sein Vater ihn fast jeden Abend vergewaltigte, während seine Mutter zusah. Er wusste einfach alles. "Jimin, ich habe ein Einsatzkommando losgeschickt. Deine Eltern werden verhaftet", murmelte Seokjin ziemlich gefasst. Nachdem er die Nachricht erhalten hatte, hatte er Yoongi angerufen. Es war zwar mitten in der Nacht gewesen, aber Yoongi hatte nicht nur als Vorgesetzter, sondern auch als guter Freund, eher großer Bruder, ratschlaggebend geantwortet. Und er hatte dementsprechend Maßnahmen eingeleitet.

"Sie machen nichts falsch! Das ist nichts! Ich bin gestürzt!", weinte Jimin panisch, während er versuchte, sich aufzusetzen. "Sie haben Spermaspuren von deinem Vater an dir gefunden, Jimin. Dir wird ein Psychologe an die Seite gestellt, du bist offiziell vom Dienst entlassen", sprach Seokjin nun ebenfalls mit zitternder Stimme ergänzend. "Du wirst in der ersten Zeit bei mir wohnen, ich habe mir freigenommen, um mich um dich zu kümmern. Niemand kann dir mehr etwas antun." "Sie sind nicht schuldig!", schrie Jimin verweint aus, während er versuchte aufzustehen, was darin endete, dass er mit einem dumpfen Aufprall aus dem Bett fiel. Sofort reagierte Seokjin, indem er seinem Freund aufhelfen wollte. Aber dieser wehrte sich trotz Knochenbrüchen in Armen und Beinen mit Schlägen und Tritten gegen den Mann.

"Ich habe mich freiwillig ficken lassen! Weil ich eine kleine Hure bin, Seokjin! Lass mich in Ruhe, ich hasse dich! Wegen dir sind meine Eltern jetzt Verbrecher! Ich habe das freiwillig getan! Ich fand es toll, wie er mich gefickt hat! Er hat mich geliebt, geliebt!" Seokjin lief es kalt den Rücken herunter, während er diese furchtbaren Worte hörte. Jimin wurde so stark manipuliert, dass er jedem Wort seiner Missbraucher Glauben schenkte. Und das war widerlich krank. "Ich wiederhole mich", räusperte sich der Polizist, da seine Stimme sonst gebrochen wäre, "du bist vom Dienst entlassen und dir wird ein Psychologe zur Seite gestellt. Man hat all deine Wunden versorgt, dir kann nie wieder jemand etwas antun. Und du bist keine Hure, sondern ein Kämpfer. Denn du hast als einziger in diesem Haus überlebt, Jimin. Dein Geist und dein Körper haben es geschafft, während der Geist deiner Erzeuger jeden Tag ein Stück mehr gestorben ist. Ich liebe dich mehr als dieser grauenvolle Mann!" "Dann musst du mich durchficken, sonst glaube ich es dir nicht!" "Ich werde dich nie gegen deinen Willen berühren, Jimin, nie im Leben!" "Dann liebst du mich nicht! Raus hier, verschwinde! Ich hasse dich!" "Ich liebe dich." "Ich hasse dich, Seokjin!" Vor lauter Hysterie verschluckte sich Jimin, weshalb Seokjin den roten Knopf an seiner Fernbedienung zur Hilfe drückte. "Ich gehe, wie du es wünschst, aber ich halte immer ein Bett für dich in meinem Haus frei, wenn du doch einen sicheren Ort zum Leben haben möchtest. Du brauchst deine Zeit und ich werde sie abwarten, bist du bereit bist."

Still lief Seokjin aus dem Zimmer, während ein Krankenpfleger an ihm vorbei in das Zimmer lief. Weinend brach der Coroner in den Armen seines Vorsitzenden zusammen, welcher ihm beruhigend über den Rücken strich. "Seokjin, Jimin braucht seine Zeit", hauchte er beruhigend. "Yoongi, er redet sich so viel schlimmes ein! Ich musste fast kotzen, als er alles erzählt hat!", schniefte er, weshalb ihm liebevoll über den Rücken gestrichen wurde. "Wir fahren jetzt zu mir nach Hause und beruhigen uns bei einer Tasse Kaffee. Mein Partner ist heute mit unserem Sohn bei seiner Schwester, wir sind also ungestört bei mir." Verwirrt hielt Seokjin inne, ehe er einfach zustimmend nickte. Yoongi war schwul?! "Ist in Ordnung, Yoongi. Darf ich mich bei euch ins Bett legen? Ich fühle mich plötzlich nicht mehr so gut." "Natürlich, ich habe da nichts gegen." "Und deine Frau?" "Die auch nicht. Wie schon gesagt, sie ist bei ihrer Schwester. Er kümmert sich heute um Chul." "Ist gut, danke. Es fühlt sich nur alles so unwirklich an, weißt du?" "Weil du selber vergewaltigt wurdest?" Es war kurz still, Seokjin brauchte den Moment, um wieder klarer denken zu können.

"Ja, ich dachte echt, ich bilde mir bei Jimin alles nur ein. Ihm geht es so viel schlechter als erwartet." "Und trotzdem bist du für ihn da, obwohl du dich selber noch erholst." "Ich wurde nur einmal vergewaltigt, er täglich. Ich frage mich nicht, was schlimmer ist, sondern ich weiß es schon." Einfühlsam strich Yoongi dem Mann weiter über den Rücken. "Außerdem war es bei ihm ein Mann und nicht wie bei mir eine Frau."

Seokjin hatte damals bei der Polizei angefangen, nachdem er als junger Student in einem Club Beruhigungsmittel eingeflößt bekommen hatte. Eigentlich wollte er nie Polizist werden, sondern sich auf die Arbeit mit Menschen spezialisieren. Er wollte das Gesundheitswesen Koreas kennenlernen und mit ihm arbeiten, aber nach dieser Nacht hatte sich alles für ihn geändert. Er hatte sich leicht angetrunken nett mit einer jungen Frau unterhalten, sie hatte ihm einen Drink spendiert. An den Rest kann er sich nicht mehr klar erinnern, nur daran, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Und dann war er verschwunden. Seine Freunde hatten ihn mehrere Stunden lang gesucht, ehe man ihn auf der dreckigen Toilette vergewaltigt und blutend zurückgelassen gefunden hatte. Seitdem war er auf der Suche nach seinem Peiniger, obwohl das Ereignis schon fast zehn Jahre her war. Und er hatte sich geschworen, dass es keinem anderen mehr passieren durfte. Aber es war seinem besten Freund passiert, der sich nun einredete, dass das alles seine eigene Schuld war. Und die Schuld lag immer bei den Vergewaltigern.

"Du wirst immer blasser, Seokjin. Hör bitte auf, an die Nacht zu denken", lächelte Yoongi, während er den Mann an die Hand nahm. "Wir fahren jetzt nach Hause. Wenn du möchtest, können wir bei deiner festen Freundin vorbei." "Nein, Dan hat sicher noch viel zu tun. Sie muss ihre Masterarbeit noch beenden." "Ach Seokjin, sie würde dich dafür doch nicht kritisieren. Sie liebt dich. Wir holen sie ab." "Wenn du meinst gerne." "Oder wir bleiben bei euch in der Wohnung, dann stresst dich die neue Umgebung nicht allzu sehr", schlug Yoongi vor, weshalb Seokjin einfach zustimmte. Er wusste, dass Dan ihn liebte, immerhin war sie damals die Krankenschwester gewesen, die ihn nach der Vergewaltigung gepflegt hatte. Sie hatte noch nie aufgehört, ihm zu sagen, wie besonders er doch war, weshalb ihre sanften Worte bestimmt helfen würden. Und vielleicht ihre Anwesenheit allgemein. Denn ihre ruhige und ausgelassene Ausstrahlung war vielleicht das genaue Gegenteil von Seokjins Persönlichkeit, aber definitiv genau das, was er jeden Tag brauchte. "Wir können gehen."

Hot And Spicy! ▪︎TaeKook▪︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt