14. Kapitel - Ash

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Ash Lesharo 

Die ganze Woche über hatte ich nur die Schule, keine anderen Termine oder Verabredungen und heute, am Tag vor dem lang ersehnten Wochenende, kommt wieder alles zusammen. Ursprünglich wollte ich ein paar Dinge aufarbeiten, vielleicht sogar bei der Vorbereitung etwas vorgreifen, aber das kann ich wohl vergessen.

Das ist bei mir immer so. Meine Mutter hat das früher Karma genannt, weil ich zu Hause gern auf der faulen Haut gelegen habe, wenn ich nichts zu tun hatte. Was in diesem Fall aber nicht richtig ist, weil ich in der ganzen Woche noch keine ruhige Minute für mich hatte. Zwischen der Unterrichtsvorbereitung und der Kontrolle der Hausaufgaben bin ich kaum zu meinen Kartons gekommen und die gehe ich auf jeden Fall noch an, bevor ich auch nur an Freizeit denke. Wenn ich erst Mal wieder damit anfange, die Arbeit auf später zu verschieben, mache ich damit ständig so weiter. Ich kenne mich, so bin ich einfach.

>Ich habe keine Zeit<, erkläre ich ihr noch einmal, doch sie lässt nicht so schnell locker und das kann ich auch verstehen.

>Ash, bitte. Wir hatten seit Ewigkeiten keine Zeit mehr für uns. Es sind doch nur zweieinhalb Tage<, erklärt sie bittend und eigentlich habe ich kein Recht ihr abzusagen, nur fehlt mir wirklich die Zeit. >Wenn du jemanden kennst, der das machen kann, ist es auch okay. Nur-<

>In Ordnung<, gebe ich nach, atme tief durch. Irgendwie werde ich das schon schaffen. Schließlich gehört sie zur Familie und die geht immer vor.

>Wirklich? Danke.< Sie klingt erleichtert, was mich lächeln lässt. Auch, wenn ich mir damit etwas auflaste, so kann ich ihr endlich Mal etwas abnehmen und das löst ein gutes Gefühl in mir aus.

>Ihr habt die Auszeit wirklich verdient und er kann auch am Sonntag so lange bleiben, wie es nötig ist. Ich muss nur Montagmorgen rechtzeitig im Unterricht sein.< Sie lacht leise, was wirklich schön ist. So habe ich sie lange nicht gehört. Sie ist seit Jahren einfach nur noch verspannt und ausgelaugt.

>Danke, wirklich. Ich bringe ihn dir heute Mittag zwischen vier und fünf vorbei und schreibe dir auch alles auf, was du wissen musst.< Ich nicke nur, sehe auf eine Uhr an der gegenüberliegenden Wand. Ich sollte langsam wieder in den Unterricht gehen, damit die Klasse nicht auf dumme Ideen kommt.

>Dann sehen wir uns später, ich muss weiter machen.<

>Oh ja, entschuldige. Bis nachher<, verabschiedet sie sich sofort, legt auf und ich gehe wieder nach drinnen. Tatsächlich gibt es bereits einiges an Stimmengewirr, doch nichts, worüber ich mich beschweren könnte.

Von allein huscht mein Blick zu Violet, welche in dem Buch herumblättert, gedankenverloren hier und da etwas liest. Sie scheint heute entspannter zu sein. Sie ist nicht mehr blass, hat keine verquollenen Augen und sieht auch sofort auf, als ich beginne, ihnen die Aufgaben für den Rest der Stunde zu geben.

Sie so zu sehen, beruhigt mich. Auch, wenn ich heute Abend verabredet bin und gleichzeitig auf den Sohn meiner Schwester aufpassen muss, bin ich ungewöhnlich entspannt. Mein Neffe ist erst vier, viel kann man mit ihm nicht anfangen, aber mit ein bisschen Glück kann ich ihn irgendwie beschäftigen, endlich Mal die Kartons ausräumen und ganz nebenbei den Unterricht für die kommende Woche vorbereiten. Wie ich das mit meiner Verabredung regle, weiß ich noch nicht, aber darüber kann ich mir auch später noch den Kopf zerbrechen.

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Langsam massiere ich meine Schläfen, versuche die Kopfschmerzen zu vertreiben, starre den Kurztest vor mir an. Sie haben irgendwann im Laufe des Tages angefangen und sind schlimmer geworden, obwohl ich eigentlich nie Kopfschmerzen habe. Ich wollte nach der sechsten und letzten Stunde für heute nicht ins Lehrerzimmer gehen, um dort vielleicht Kelly zu begegnen. Sie würde wieder versuchen zu flirten oder etwas in der Art, aber ich muss hiermit fertig werden, bevor ich nach Hause fahre. Dort werde ich nicht mehr dazu kommen, bevor meine Schwester vorbeikommt.

Zu 0,05% schwangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt