44. Kapitel - Ash

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Ash Lesharo

Ich liebe es, sie zu spüren. Ihre weichen Lippen auf meinen, ihre schmale Taille in meinen Händen, ihre warmen Hände an meiner Brust oder in meinem Nacken. Und ganz egal, was sie sagt, sie erwidert meinen Kuss nicht nur, sie fordert nach mehr. Auch, wenn ihr das vielleicht nicht bewusst ist.

>Ash?< Fragend mustere ich ihr hübsches Gesicht, versuche zu erraten, was sie gleich sagen wird. >Du wolltest es mir sagen, oder? Als Anton dir gesagt hat, dass du schweigen sollst.< Ich dachte nicht, dass sie sich noch daran erinnert, nicke aber, denn genau so war es. >Vertraust du ihm?<

>Ja.< Darüber muss ich nicht nachdenken. Anton ist mein bester Freund. Würde ich ihm nicht voll und ganz vertrauen, hätte ich ihm niemals davon erzählt.

>Dann verstehe ich nicht, warum er dich aufgehalten hat. Also entweder er glaubt, dass ich dich irgendwie ausnutzen will oder er möchte nicht, dass wir zusammen sind.< Sie wird rot bei ihrem letzten Satz und ich will Lächeln, aber sie hat Recht. Im Nachhinein ergibt seine Handlung nur Sinn, wenn er ausschließen wollte, dass das hier passiert. Allgemein hat er mir und ihr nur zu Dingen geraten, die zwar für Abstand sorgen, aber eine andere Option kam ihm offenbar nie in den Sinn. Allerdings wollte ich seine Hilfe im Bezug auf Violet. Nicht dabei, uns dazu zu zwingen, einander zu vergessen. Das habe ich ihm auch gesagt, als er vorgeschlagen hat, dass wir beide Mal mit ihr reden.

René dagegen hat mir geraten die Karten auf den Tisch zu legen und ehrlich zu sein, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Er hat sich mit seinem eigenen Rat nicht wohl gefühlt, ist immer noch irgendwie dagegen, aber er versteht, dass es mehr ist, als eine Schwärmerei. Er unterstützt uns, obwohl es gegen alles spricht, woran er glaubt.

>Ich werde ihn danach fragen, was sein Ziel war und ihm erst Mal nicht verraten, dass du heute hier her gekommen bist.< Sie lächelt, sieht verlegen zur Seite. Ihre Hände liegen auf meinen Schultern, meine noch immer an ihrer Taille. Ich hätte sie gern näher bei mir, würde sie gern mehr berühren, aber so weit sind wir noch nicht. Noch lange nicht. >Violet.< Sie sieht mich wieder an, ihr Lächeln bekommt etwas verträumtes. >Irgendwie ist es komisch das zu fragen und vielleicht ist es auch überflüssig, aber möchtest du meine Freundin sein?< Ich frage das, weil es einen Namen haben soll. Ich will nicht einfach nur mit einer Schülerin rummachen und selbst nicht wissen, was es eigentlich ist. Wenn wir es eine Beziehung nennen können, selbst dann, wenn nur wir beide davon wissen, gibt mir das einfach ein gutes Gefühl. Auch, wenn sie gerade vollkommen überfordert aussieht.

>Ash, ich-<, beginnt sie, unterbricht sich dann selbst.

>Nur für uns<, erkläre ich ihr leise, gebe ihr einen kleinen, sanften Kuss auf ihre Stirn und schon ist ihr schönes Lächeln zurück. >Es soll nichts ändern. Du sollst dich nicht eingeengt fühlen oder zu irgendetwas verpflichtet. Es geht wirklich nur darum, dieser ganzen Situation einen Namen zu geben.< Sie scheint noch ein paar Sekunden zu überlegen, dann nickt sie langsam und mir wird warm ums Herz.

>Okay, ja. Dann möchte ich deine Freundin sein<, antwortet sie leise und wird wieder rot. Ich denke, ihr geht es wie mir. Nach ihrem Lächeln zu urteilen ist sie sehr glücklich, genau wie ich. >Und ich möchte, dass wir eine Möglichkeit für Dates finden. Ich will dich besser kennen lernen.< Es freut mich wirklich, dass sie das sagt. Mir geht es nämlich genauso. Das klingt vermutlich sehr merkwürdig, aber ich möchte wissen, in was für eine Frau ich mich verliebt habe und wer meine Freundin ist. Die wichtigen Charaktereigenschaften kenne ich, würde ich sagen. Aber das ist noch lange nicht alles. Es gibt noch so viel mehr über sie zu erfahren und ich möchte ihr auch noch sehr viel über mich erzählen. >Und ich sollte deinen Namen in meinem Handy ändern, nur für den Fall.< Da hat sie weiter gedacht als ich, aber sie hat Recht. Wir werden in Zukunft vermutlich häufiger telefonieren und auch miteinander schreiben. Tristan weicht ihr in der Schule nie von der Seite und Tina ist auch oft bei ihr, sie könnten also durchaus einen Blick auf ihr Handy erhaschen und meine Namen lesen.

>Michael.< Fragend sieht sie zu mir auf, ihre schönen, grünen Augen mustern mein Gesicht. >Meine Eltern haben bis zum Tag meiner Geburt zwischen Ash und der englischen Variante von Michael geschwankt, was nur sehr wenige Menschen wissen.< Langsam entsteht ein schönes Lächeln in ihrem Gesicht, dann röten sich ihre Wangen leicht.

>Bei mir war es so ähnlich, aber ich habe dann beide Namen bekommen, damit sie sich nicht entscheiden müssen.< Somit weiß ich dann auch, warum sie zwei Vornamen hat. Üblicherweise gehört der zweite einem Verwandten und der Name soll lediglich in Erinnerung bleiben, aber das ist mal ein ganz anderer Grund.

>Und wie darf ich dich nennen?< Sie zieht die Lippe zwischen ihre Zähne, scheint nachzudenken und bekommt dafür einen Kuss auf ihre Wange.

>Hey<, beschwert sie sich kichernd, bekommt noch einen auf ihren Mundwinkel. >So kann ich nicht nachdanken<, lässt sie mich wissen, versucht mich sanft von sich zu schieben, aber ich denke gar nicht daran, damit aufzuhören. Es ist viel zu schön, sie endlich küssen zu können und ihr Lachen dabei zu hören. >Ash.< Sie lacht noch mehr, offenbar habe ich eine kitzlige Stelle an ihrem Hals gefunden und sie versucht jetzt auch etwas energischer, mich von sich zu schieben.

>Melody.< Sie hält inne, wirkt verwirrt. >Weil dein Lachen wie eine schöne Melodie klingt.< Sie wird wieder rot, sieht weg, lehnt sich aber auch an mich und ich lege meine Arme um sie.

>Es fühlt sich immer so vertraut an, wenn ich bei dir bin<, flüstert sie und ich weiß ganz genau, was sie meint.

>Als würden wir uns schon ewig kennen.< Sie nickt langsam, seufzt und zaubert mir damit erneut ein Lächeln ins Gesicht. Es freut mich sehr, dass sie sich bei mir entspannen kann. >Kelly flirtet übrigens seit dem ersten Tag mit mir, nur, falls du davon mal etwas mitbekommst. Sie lässt einfach nicht locker, obwohl ich ihr nicht die geringste Hoffnung gemacht habe. Sie glaubt auch, dass ich eine Freundin habe und Penny habe ich das auch erzählt.< Ich will vorsorgen. Eifersucht kann sehr viel zerstören, genau wie Missverständnisse und ich will sie nicht verlieren. >Und Kelly hat wegen der Bestätigung von deinem Gynäkologen spekuliert, ob du schwanger bist, aber ich habe behauptet, dass sich dein Verdacht nicht bestätigt hat.< Entgegen meiner Erwartung, dass ich das zumindest erklären muss, hebt sie entspannt die Schultern.

>Ich bin da nicht so. Wenn mich etwas stört, werde ich dich darauf ansprechen und genaugenommen hast du ja jetzt eine Freundin. Es darf nur niemand wissen, wer sie ist<, erklärt sie ganz locker und das ist erleichternd. Jennifer war da sehr kompliziert, demnach ist ihre Einstellung eine sehr erfrischende, neue Erfahrung.

>Noch ein Charakterzug an dir, der mir sehr gut gefällt.< Sie lacht leise, löst sich aus meinen Armen, damit sie mich wieder ansehen kann.

>Ich würde sehr, sehr gern noch bleiben und die ganze Nacht über mit dir reden, aber mir fallen die Augen langsam zu.< Sie lächelt verlegen und sieht dabei einfach bezaubernd aus. >Sehen wir uns morgen? Oder nachher, wir haben schon nach zwölf, glaube ich.< Leider muss ich den Kopf schütteln, lächle aber aufmunternd. Es gibt etwas, das für den Moment ein bisschen wichtiger ist.

>Das zwischen uns ist jetzt geklärt und deswegen möchte ich, dass du dich morgen auf den Embryo konzentrierst. Wenn du meinen Rat brauchst, können wir jederzeit darüber reden. Aber als aller erstes musst du dich informieren und selbst versuchen, deinen eigenen Weg zu finden.< Sie bekommt ganz große Augen, dann schwimmen plötzlich Tränen darin. >Violet, was-<

>Ich will diesen Weg aber mit dir gehen und deshalb brauche ich deine Meinung. Aber wir sind seit ungefähr fünf Minuten zusammen und über Kinder zu reden würde alles noch komplizierter machen. Es ist nur jetzt schon so furchtbar kompliziert und-<

>Hey<, unterbreche ich sie sanft, streiche vorsichtig ihre warmen Tränen bei Seite. >Entspann dich. Wir zwei haben noch ein ganzes Leben vor uns. Wenn dir das hilft, bei deiner Entscheidung, sage ich dir sehr gern, was ich möchte.< Sie nickt sofort, sieht erwartungsvoll zu mir auf. Ihr zu sagen, was sie hören will, wäre nicht richtig und würde auch nicht zu einem Ziel führen, mit dem wir beide glücklich sind. Schon gar nicht, weil ich keine Ahnung habe, was sie hören möchte. Demnach werde ich ihr sagen, was ich wirklich denke und mir wünsche. Ganz offen und ehrlich.

>Ich möchte Kinder haben. Irgendwann möchte ich Vater werden, aber nicht jetzt. Ich würde dieses Kind mit dir aufziehen, das ist keine Frage, aber wenn du nicht schwanger wärst, würde ich sehr gern noch warten. Ich bin noch ganz am Anfang von meinem Leben als Lehrer und du gehst noch auf die Schule. Wir sollten noch warten und gemeinsam Fuß fassen, bevor wir beide ernsthaft über solche Dinge nachdenken.< 

Zu 0,05% schwangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt