15. Kapitel - Violet

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Violet Elaine Craig 

 Sobald die Hausaufgaben erledigt sind, weiß ich schon nicht mehr, was ich machen soll. Zwar könnte ich noch ein bisschen lernen, aber abgesehen von Mathe kann ich alles und selbst das geht aktuell ganz gut. Die Notizen von Herrn Lesharo waren da sehr nützlich und mit Tristan konnte ich schon immer gut lernen. Wenn man mal Spanisch bei Seite lässt, weil ich da nicht besser werde, wenn ich allein lerne.

Seufzend lasse ich mich auf mein Bett fallen, entscheide mich einfach noch ein bisschen zu dösen. Es ist schön still in unserem Haus, weil meine Eltern aktuell viel unterwegs sind. Das kommt immer wieder mal vor und zurzeit ist mir das mehr als Recht. Natürlich vermisse ich es auch mit ihnen reden zu können, aber aktuell hätte ich einfach nur Angst mich zu verraten.
Was mich irgendwie an Herrn Lesharo erinnert. Er hat mir einen Teil meiner Angst genommen, ohne mir eine Lösung zu geben. Er war im Grunde einfach nur da, aber allein das hat mir unheimlich geholfen. Die ganze Zeit über war ich am Weinen, total aufgelöst und habe überall nur noch mehr Hürden gesehen, aber so ist es jetzt nicht mehr. Oder zumindest wirkt nicht mehr jede dieser Hürden unüberwindbar. Mit ihm zu reden hat mir tatsächlich Kraft gegeben, obwohl er mich nicht kennt. Er wusste einfach, was ich in dem Moment gebraucht habe, obwohl mir das selbst gar nicht klar war. Ist es mir auch jetzt nicht. Die ganze Welt ist aktuell ein Rätsel für mich.

Es kann nicht sein, dass ich die einzige, neunzehnjährige schwangere in so einer Situation auf dieser Welt bin, trotzdem fühle ich mich, als wäre ich ganz allein damit. Im Internet habe ich mich schon ein bisschen umgesehen, aber nichts hat mir weitergeholfen. Ohne Luca kann ich das Kind nicht bekommen, das wäre einfach nur dumm, aber so gern ich es rein faktisch betrachten würde, haben meine Gefühle auch noch etwas zu melden. Aber ich kann auch nicht nur auf sie hören und gegen den Willen meiner Eltern das Kind bekommen. Wenn ich auf der Straße sitze, habe ich nichts gewonnen und dann auch noch ein Kind, mit dem alles nur noch schwieriger wird.

Ich wünschte, ich hätte die Kraft mich einfach zu entscheiden und es durchzuziehen, aber so bin ich nicht. Wenn ich mich entschieden habe, wird das endgültig sein. Ohne einen Weg zurück und darum muss ich mir ganz sicher sein. Aber dazu fehlen mir einfach noch so viele Informationen. Wobei auch mit mehr Informationen meine Auswahlmöglichkeiten nicht wachsen werden. Am Ende kann ich mich nur dafür und dagegen entscheiden, wobei meine Eltern nur dann von all dem erfahren dürfen, wenn ich es tatsächlich behalte. Was nicht sehr wahrscheinlich ist, aber eben auch nicht undenkbar.

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Es ist ein mehr als komisches Gefühl, bei meinem Lehrer vor der Tür zu stehen. Zumindest wird er das sein, wenn er mit seinem Referendariat fertig ist. Ich habe vergessen ihn nach der Hausnummer zu fragen und bin deshalb die Straße abgelaufen, bis ich seinen Namen an einem Klingelschild gefunden habe. Offenbar wohnt er in einer Doppelhaushälfte mit einem kleinen Vorgarten, der lediglich aus saftigem, grünem Gas besteht, ohne jegliche Deko oder Blumen.

>Hallo Violet. Komm rein<, grüßt er mich, tritt zur Seite, damit ich reinkommen kann. Er sieht gut aus, also eigentlich wie immer. Er trägt ein helles T-Shirt und Jeans, nichts Besonderes, aber es steht ihm. Anders ist nur das Kinderspielzeig in seiner Hand. >Er ist im Wohnzimmer. Entschuldige die Unordnung, ich wohne noch nicht lange hier<, erzählt er, führt mich in das Wohnzimmer, wo Emil auf der Couch sitzt, einen Dinosaurier aus Kunstsoff in der Hand. An den Wänden stapeln sich Umzugskartons, aber sonst ist es ordentlich hier. Was bei den wenigen Sachen aber auch nicht schwierig ist. >Emil, das ist Violet<, stellt er mich dem kleinen Jungen mit den braunen Haaren und den hellen, braunen Augen vor. Er sieht Herr Lesharo unheimlich ähnlich, aber er ist schließlich auch sein Neffe.

>Hallo Violet<, grüßt mich der kleine Kerl, hat ein freundliches Lächeln im Gesicht und reicht mir sogar die Hand. Sie ist ganz winzig in meiner Hand und weich, was mich innerhalb einer Sekunde dazu bringt, ihn beschützen zu wollen.

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