Ash Lesharo
>Meine Klassen sind schrecklich<, beklagt sich Jeremy, einer meiner Freunde und nun Kollegen von der Uni. Wir haben uns in der ersten Vorlesung kennengelernt und sofort verstanden. Er war wohl auch für die Grundausbildung bei der Bundeswehr, sogar beinahe zur selben Zeit, aber wir sind uns dort nie begegnet. >Ich kann machen, was ich will. Wenn Unruhe aufkommt, hilft gar nichts mehr. Hätte ich vorher gewusst, wie anstrengend und nervenaufreibend das wird, wäre ich bei der Bundeswehr geblieben.< Die Bemerkung lässt mich lächeln, denn die Bundeswehr ist keineswegs entspannt. Er wirkt sehr unzufrieden, starrt nüchtern auf sein Bierglas. Er hat den ganzen Abend über kaum gelächelt, ist im Kopf nur bei seinen Schülern und ich hoffe, dass wir ihm damit ein bisschen helfen können.
>Es waren erst zwei Wochen<, kommentiert René halb lachend, denn er ist glücklich mit seinen Schülern. Genau wie ich.
Er war vor dem Studium im Ausland, ist erst im zweiten Semester an dieselbe Uni gekommen und hat sich einfach bei uns eingeklinkt. Es hat gepasst, er ist ein wirklich toller Kerl, wir verstehen uns blenden, darum sind wir seitdem immer zu dritt unterwegs.
Diese beiden, ich und eigentlich auch noch Lena waren hier verabredet, aber sie hat kurzfristig abgesagt. Wegen Problemen mit ihrem Hund, wenn ich das richtig mitbekommen habe.
>Was ist mit klaren Regeln und Strafarbeiten? Bei mir hat die Androhung allein sehr geholfen.< Jeremy sieht von seinem Glas zu mir auf, hebt die Schultern.
>In meiner ersten Woche hat das auch funktioniert, aber nachdem ich in der zweiten fünf Strafarbeiten verteilt habe, hat das sofort wieder nachgelassen.< Ich glaube nicht, dass das bei mir auch so laufen wird. Meine zweite Woche kommt erst noch, aber bisher läuft es sehr gut. Keine meiner drei Klassen ist sonderlich schlimm oder anspruchsvoll, abgesehen von ein paar nervigen Schülern wie Penny. Aber das wird sich schon noch klären.
>Nachsitzen hilft auch nicht?<, will René wissen, trinkt etwas von seinem Whisky. >Wenn ich das Wort nur in den Mund nehmen würde, wären alle Mucksmäuschen still, aber ich musste noch nicht mal Strafarbeiten androhen<, schwärmt er und ein bisschen neidisch bin ich schon auf ihn. Aber nur ein kleines Bisschen, denn ich würde meine Stelle an dieser Schule niemals wieder hergeben. Auch wenn ich das nicht wirklich begründen kann. Vielleicht fühle ich mich einfach nur wohl dort. Schließlich wollte ich von Anfang an wieder an diese Schule, nur ist es irgendwie anders als gedacht. Was nicht bedeutet, dass es schlechter ist.
>Das hilft mir nicht weiter<, beschwert sich Jeremy, rauft sich die Haare.
>Dann musst du klarstellen, dass du das Ruder in der Hand hast und sie notfalls sogar gegen die Wand fahren lassen. Wir müssen diesen Teenagern nicht nur den Lehrplan beibringen, sondern ihnen auch zeigen, wie es im echten Leben läuft. Bis zu einem gewissen Punkt sind wir auch Erzieher<, meint René und da stimme ich ihm voll zu. >Lass sie direkt am Montag eine Kurzarbeit schreiben und wenn sie es nicht lernen, in der nächsten Stunde gleich noch eine. Sie wollen zwar alle nichts machen, aber ihr Notenschnitt wird sich verschlechtern, wenn sie sich keine Mühe geben und ihr Verhalten ändern. Das wird sie früher oder später wachrütteln. Im schlimmsten Fall schalten sich dann die Eltern ein, aber so weit sollte es nicht kommen.< Wenn sich die Eltern zu Wort melden, ist es nach meiner Meinung entweder unbegründet oder es ist schon sehr viel schiefgelaufen. Die meisten Eltern denken auch, dass ihre Kinder alle Musterschüler sind, was ein weiteres Problem ist. Pennys Mutter zum Beispiel weiß ganz sicher nicht, dass ihre Tochter jede verfügbare Sekunde nutzt, um mit mir zu flirten. Zumindest versucht sie es.
>Oh, Ash denkt an etwas widerliches<, lenkt René meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Es wittert solche Dinge immer. Bei ihm geht es viel um Frauen, das ist eigentlich sogar sein Lieblingsthema, nur ist er damit bei mir bisher immer vor verschlossenen Türen gelandet. Mit Frauen habe ich seit Jennifer nichts mehr am Hut. >Ich habe es dir angesehen. Erzähl schon, das Thema von Jeremy ist langweilig<, fordert er und ich atme tief durch. Eigentlich sollte ich nicht darüber reden, denke ich, aber die beiden haben vielleicht einen guten Rat für mich. Mir fehlt die Erfahrung oder einfach nur die Ideen, weil ich ihr nicht aus dem Weg gehen oder ihr klar sagen kann, dass sie mir vom Leib bleiben soll. Zumindest nicht so, wie ich es manchmal gern tun würde.
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Zu 0,05% schwanger
RomanceWenn die Vernunft gegen das Herz verliert, wenn wir unseren Herzen folgen, entsteht meist ein Geheimnis, das alles zerstören kann. Verliebt zu sein ist etwas Schönes, schwanger zu sein auch. Beides würde prinzipiell in so ziemlich jedes Leben passe...