Violet Elaine Craig
Das ist so unglaublich merkwürdig. Ich spüre seine Blicke auf mir, wie schon das ganze Wochenende über und es fühlt sich gut an. Zu wissen, dass er sich für mich interessiert, gibt mir ein so gutes Gefühl, dass ich ständig lächeln muss. Daran erkenne ich, dass ich mich durchaus auch für ihn interessiere und genau deshalb war es das einzig Richtige, es zu unterbinden.
Herr Lesharo ist mein Referendar, ich bin seine Schülerin. Das geht nicht.
Was er an mir findet, weiß ich nicht und ich halte mich auch nicht für naiv, aber ich bin nicht blind. Er verhält sich einfach nicht wie ein einfacher Lehrer oder Bekannter. Er ist zu nett, zu umsichtig und rücksichtsvoll. Ich dagegen bin ihm wahrscheinlich nur für seine Hilfe dankbar oder es sind meine Hormone wegen der Schwangerschaft und meine Gefühle fahren einfach nur deswegen Karussell. Einen anderen Grund gibt es ganz bestimmt nicht. Das wird sich wieder legen, wenn wir Abstand halten und das dürfte nicht allzu schwer sein.
>Hey Elly.< Mit einem unterdrückten Gähnen sehe ich zu Tristan auf, welcher soeben die Klasse betreten hat. Es ist die letzte Stunde für heute, dann kann ich endlich nach Hause und ein Mittagschläfchen machen. Ich bin vollkommen erledigt von dem langen Wochenende. >Du siehst müde aus.<
>Bin ich auch<, gebe ich zu, spiele mit einem meiner Stifte.
>Wer ist denn Emil?<, will er wissen, hat den Blick auf meinen Block gerichtet. Ich hatte in der letzten Pause Langeweile und habe den Namen in verschiedenen Blautönen gemalt. Es ist ganz hübsch geworden, finde ich. Vielleicht schenke ich es ihm, wenn ich ihn wiedersehe. Kinder freuen sich über solche Dinge und wegwerfen will ich es nicht.
>Ein ganz bezaubernder Kerl, den ich am Freitag kennengelernt habe<, will ich ihn aufziehen, doch so geschockt wie er aussieht, glaubt er mir das sogar. >Ganz ruhig, Emil ist vier. Ich war Babysitten am Wochenende.< Er wirkt erleichtert, sieht mich strafend an. Mir ist nicht danach ihm zu sagen, dass Emil der Neffe von Herr Lesharo ist und ich finde auch nicht, dass ich das dazusagen muss.
>Dass du mich immer so schocken musst<, beschwert er sich, legt sich eine Hand über das Herz. >Gemeinheit.<
>Holzkopf.< Ich sage das möglichst neutral, kann mir dann aber ein Lächeln nicht verkneifen. Er legt den Kopf schief, zieht eine Braue nach oben.
>Gib mir mal einen neuen Namen<, fordert er, doch ich denke gar nicht daran. So nenne ich ihn schon immer und das wird auch so bleiben.
>Nein, Holzkopf passt perfekt zu dir.< Er rollt die Augen, murmelt etwas vor sich hin, dann betritt Luca die Klasse und mir vergeht die Laune. Ihn hätte ich heute wirklich nicht mehr gebraucht. Oder am besten den ganzen Monat nicht mehr. Wegen dem Baby habe ich das ganze Wochenende immer Mal wieder über ihn nachgedacht, was sich natürlich nicht vermeiden lässt. Nur wenn ich ihn jetzt wieder sehe, kommen noch die ganzen Erinnerungen an unsere Trennung dazu.
Zum Glück beachtet er mich gar nicht, setzt sich auch nicht neben mich, sondern zu Sam. Was mir natürlich nur recht ist.
>Guten Morgen<, grüßt uns Herr Lesharo, was Tristan und mich einen verwirrten Blick wechseln lässt. Wir hatten zwar eben eine Stunde Mathe bei ihm, aber jetzt wäre eigentlich Englisch dran. Frau Fiegler ist krank, deswegen hatten wir schon eine Vertretung in Politik und Spanisch heute Morgen. Es ist schon ziemlich ungewöhnlich ist, dass gleich zwei Lehrer am selben Tag ausfallen, zumal Referendare normalerweise nur Vertretungen in ihren eigenen Fächern machen. Zumindest kenne ich es nur so. >Es gibt leider keine passende Vertretung für die beiden Englischstunden. Ich kann euch nur anbieten, diese Stunde Englisch oder Spanisch mit euch zu machen. Allerdings hat Frau Jung mir nur eine Seite mit Vokabeln für Englisch genannt, die ich euch aufgeben soll. Ihr könnt euch also aussuchen, ob ihr hier lernen wollte oder nach Hause geht.< Grade Spanisch wäre wichtig gewesen und Englisch schadet mir auch nicht, aber wenn kein Lehrer dafür da ist, kann ich auch nach Hause gehen. In Englisch habe ich keine großartigen Probleme. >Mein Spanisch ist nicht das Beste, aber wenn ihr Fragen habt, kann ich euch sicher weiterhelfen<, bietet er an, sieht sich um, aber es packen eigentlich alle ihre Sachen. Nur ich nicht. Natürlich will ich es meiden, länger in seiner Nähe zu sein und wenn Tristan nicht mit mir bleibt, gehe ich auch, aber Spanisch ist wichtig. Eigentlich kann ich es mir nicht erlauben die Stunde ausfallen zu lassen. Herr Lesharo kann gut erklären und beherrscht die Sprache bestimmt auch besser als ich. Zumal ich zu Hause ganz bestimmt nicht lernen werde. >Seite zweihundertvierzig sollt ihr bis zur nächsten Stunde lernen<, versucht er sich Gehör zu verschaffen, doch kaum jemand schenkt ihm seine Aufmerksamkeit. Abgesehen von mir natürlich, weil ich komisch bin und ihn schon wieder anstarre.
DU LIEST GERADE
Zu 0,05% schwanger
RomantikWenn die Vernunft gegen das Herz verliert, wenn wir unseren Herzen folgen, entsteht meist ein Geheimnis, das alles zerstören kann. Verliebt zu sein ist etwas Schönes, schwanger zu sein auch. Beides würde prinzipiell in so ziemlich jedes Leben passe...