66. Kapitel - Ash

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Ash Lesharo

>Gallimimus<, liest Violet vor, lehnt sich auf der Couch zurück und Emil legt den Kopf schief. Er sieht verwirrt aus und das kann ich verstehen. Das Wort ist selbst für Erwachsene nicht unbedingt leicht zu merken.

>Ein was?<, hakt er nach, hält Violet den Dinosaurier hin. Diese hat ihr Handy in der Hand und sucht ihm schon seit einer Weile die Namen der Dinosaurier heraus. Emil hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, dass er von all seinen Dinosauriern wissen will, wie sie heißen. Das dürfte ein paar Tage in Anspruch nehmen, aber wenn er jedes Mal nur einen Lernt, wenn er hier oder bei Violet ist, reicht das schon. Es gibt schließlich keinen Termin, bis wann er das wissen muss.

>Das ist ein Gal-li-mi-mus<, liest sie den Namen noch einmal langsamer und deutlicher vor und Emil versucht auch sein Glück, aber der Name hat es in sich. Zumindest, wenn man sonst nur den bekannten Tyrannosaurus rex beim Namen kennt und den anderen für Gewöhnlich neue, einfachere Namen gibt. Nebenbei ist er eben auch erst vier, da ist der Wortschatz noch nicht so groß und beinhaltet auch für gewöhnlich nicht so lange, komplizierte Wörter.

>Und ich habe gedacht, dass Veloceraptor ein komplizierter Name ist.< Violet lächelt neckend und ich weiß genau warum.

>Velociraptor, mit „I"<, korrigiere ich Emil, um Violet zu ärgern und so wie sie mich ansieht, habe ich richtig vermutet. Mit gespieltem Entsetzen starrt sie mich an und Emil boxt mir mit seiner kleinen Faust gegen das Bein.

>Vio schafft das schon, rede uns nicht rein<, fordert der kleine Frechdachs und tatsächlich wollte ich eigentlich die Küche wieder aufräumen, aber ich habe keine Lust dazu. Hier im Wohnzimmer, bei den beiden, ist es nun Mal viel schöner und die Couch ist so bequem, dass ich auch einfach nicht aufstehen will.

>Genau, Onkel Ash. Wir machen das schon. Wolltest du nicht das Mittagessen vorbereiten?< Fragend hebe ich eine Braue, doch sie lächelt nur verlegen.

>Hast du schon wieder Hunger?< Sie nickt knapp, sieht dann aber wieder auf ihr Handy. Wir haben erst vor zwei Stunden gegessen und wenig haben die beiden dabei nicht unbedingt verdrückt. >Soll ich den Dipp wieder machen?< Sofort sieht sie zu mir auf.

>Den von Montag?<, hakt sie nach und ich nicke knapp. >Oh ja, auf jeden Fall.< Emil legt eine Hand auf mein Bein, darum sehe ich zu ihm herunter und auch er strahlt mich an.

>Machst du uns Dinos?<, will er wissen, meint wohl die Nuggets in Dinosaurierform und scheint damit genau so verfressen zu sein wie Violet.

>Na dann lernt ihr beiden schön weiter Dinosauriernamen und ich zaubere euch ein Mittagessen. Ein sehr frühes.< Emil hebt die Schultern, tätschelt mein Bein.

>Ist doch egal, wann du kochst. Es schmeckt immer sehr gut<, versichert er mir und Violet lacht leise in sich hinein. Offenbar haben sich die beiden erfolgreich gegen mich verschworen, aber eigentlich habe ich nichts dagegen. Wenn die beiden ihren Spaß haben, kann ich das auch und Kochen ist schließlich eines meiner Hobbys.

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Emil und Violet hängen beide mehr oder weniger Bewegungslos in ihren Stühlen, wirken sehr zufrieden.

>Ich bin kugelrund<, meint Emil belustigt, streicht über seinen sehr vollen Bauch.

>Und ich erst<, bestätigt Violet, welche nun den Kopf zu mir dreht. >Danke. Das war unglaublich lecker<, lässt sie mich wissen und das freut mich wirklich sehr. Obwohl das Essen überraschend schnell verputzt war und auch beinahe nichts übrig ist. Grade so, als hätten sie heute noch überhaupt nicht gefrühstückt.

Ein klingelndes Handy hindert mich daran, etwas dazu zu sagen, dann hat Violet schon ihr Handy am Ohr.

>Hallo Geburtstagskind<, hebt sie ab, somit ist wohl ihre Schwester dran. Ich habe mir schon überlegt, ob wir sie nicht besuchen sollen, aber laut Violet feiert sie heute nicht und will vermutlich auch keine Gäste. >Na klar, warte kurz<, bittet sie Scarlet, nimmt dann ihr Handy vom Ohr. >Maja ist heute wohl etwas Quengelig und deshalb bittet Scar um deine Unterstützung. Sie braucht zwei freie Hände, um für morgen alles vorzubereiten und mich wird sie auch gleich mit einbinden. Geht das?< Selbstverständlich nicke ich zur Antwort, denn wir haben zwar auch Emil hier, aber die beiden kann ich sicher beschäftigen und damit Scarlet unter die Arme greifen. Mit ein bisschen Glück hängt Emil sich sowieso an Violet und Scarlet, weil er immer gern mithilft, wenn er kann. >Wir können kommen<, gibt sie an Scarlet weiter und ich stehe auf, fange schon Mal an, den Tisch abzuräumen. Falls wir gleich gehen wollen, muss das ohnehin jetzt gemacht werden. Schließlich wissen wir nicht, wann wir nach Hause kommen und falls es spät wird, schiebe ich das nur wieder nach hinten. Was ich mir allerdings vorgenommen habe, nicht mehr zu tun.

>In Ordnung, bis gleich<, verabschiedet sie sich und legt auf, dann seufzt sie langgezogen.

>Wann können wir vorbei kommen?< Sie sieht kurz auf die Uhr, dann hebt sie die Schultern.

>Sobald wir wollen.< Es ist schon Mittag und heute Abend wollen wir mit Emil die Eiskönigin im Fernsehen schauen, also ist es gar nicht so schlecht, wenn wir gleich los fahren und heute Abend dann pünktlich zum Film wieder da sind. Leider gibt es den aktuell nämlich nicht auf Netflix und ausleihen will ich ihn auch nicht unbedingt, wenn er heute Abend ohnehin im Fernsehen kommt.

>Fahren wir gleich hin? Dann sind wir pünktlich für die Eiskönigin wieder hier.<

>Ja, lass uns gleich fahren<, stimmt Emil sofort zu, strahlt Violet an, welche entspannt lächelt.

>Dann packen wir beide dir jetzt deinen Rucksack zusammen und dann fahren wir zu meiner Schwester, einverstanden?<, antwortet sie entspannt und Emil steht zur Antwort auf, reicht ihr die Hand.

>Na komm<, fordert er, hat es offenbar gleich eilig. Sie lacht leise, lässt sich von ihm auf die Füße ziehen. >Sollen wir für dich auch irgendetwas einpacken, Onkel Ash?<, will Emil wissen, dabei wüsste ich gar nicht, was er mir mitnehmen sollte.

>Ja, tatsächlich. Packst du mir ein frisches T-Shirt ein?< Er wirkt ein bisschen verwirrt, nickt dann aber und zieht Violet mit sich aus der Küche. Diese winkt mir zum Abschied, dann sind die beiden schon auf dem Weg nach oben.

Wenn ich mich um Maja kümmern soll und sie vielleicht weint oder mit ihrem Essen spielen will, kann es sehr gut sein, dass ich zwischendurch ein frisches Shirt brauche und so hat Emil auch Mal etwas, das er für mich tun kann. Bis dahin werde ich aber erst einmal die Küche wieder in Ordnung bringen, damit ich es mir heute Abend dann direkt mit den beiden auf der Couch bequem machen kann.

Ich hoffe, dass Violet und Scarlet sich heute schon ein bisschen wegen der Schwangerschaft unterhalten. Wir haben zwar in den letzten beiden Tagen kaum darüber gesprochen, aber für Violet ist das Thema ganz sicher noch nicht abgeschlossen. Sie hat auch noch Zeit dafür und natürlich will ich sie nicht drängen, aber wenn sie früher einen endgültigen Entschluss fasst, hat sie länger Zeit, sich daran zu gewöhnen. An ihrer Stelle würde ich mich jedenfalls nicht sehr wohl dabei fühlen, mich erst einen Tag davor zu entscheiden. Es braucht Zeit, etwas zu akzeptieren und ich finde, das geht leichter, wenn man noch eine Wahl hat.

Außerdem sollte sie bei dem Termin selbst dann entspannt sein und das ist sie mit Sicherheit nicht, wenn sie sich grade erst dazu durchgerungen hat, es abzutreiben. Vorausgesetzt natürlich, das alles findet statt. Aber wenn sie es behält und sich dabei sicher ist, wird es ihr dann auch besser gehen. Dann kann sie offen mit Scarlet reden und vielleicht schon Mal eine Lösung für das Problem mit ihren Eltern und der Schule finden.

Je länger sie mit all dem wartet, desto länger denkt sie darüber nach und das belastet sie. Aber eine falsche Entscheidung eben auch und das noch viel länger.  

Zu 0,05% schwangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt