45. Kapitel - Violet

391 8 0
                                    

Violet Elaine Craig

Er hat das wirklich schön gesagt und ich habe auch nicht das Gefühl, dass er mir etwas vorschrieben oder empfehlen möchte. Er hat mir seine Meinung gesagt, wie er sich sein Leben vorstellt und das ist schön. Mit diesen Informationen kann ich sehr gut arbeiten.

>Danke.< Er lächelt und ich wische mein Gesicht trocken. Ich weiß gar nicht so recht, warum ich mit dem Weinen angefangen habe. Vielleicht, weil ich schon eine ungefähre Ahnung habe, was ich machen will. Seine Meinung hat meine unterstrichen und sie nicht geändert, wie ich angenommen hatte. Oder vielleicht auch nur gehofft. Das alles ist nicht so leicht für mich, aber er hilft mir sehr. Schon allein deshalb, weil er hier ist.

>Soll ich dich nach Hause bringen?< Das wäre wunderbar, aber ich hätte viel zu viel Angst, dass uns jemand zusammen sieht. Am Tag könnte man vielleicht noch sagen, dass wir uns zufällig begegnet sind, aber es ist mitten in der Nacht.

>Danke, wirklich, aber ich laufe lieber.< Er sagt nichts, küsst mich stattdessen und es ist einfach schön. Mir wird immer ganz warm, wenn er das macht und jetzt grade ist es so, als würde pures Glück durch meine Adern fließen. Ich wäre selbst in meinen kreativsten Träumen nie zu dem Schluss gekommen, dass wir einmal so voreinander stehen und es einfach so wunderschön ist. Vor allem mit dem Wissen, dass wir das noch ganz oft machen können. Wenn auch nicht sehr spontan und schon gar nicht überall, aber wenn wir allein sind, steht uns nichts mehr im Weg. Obwohl ich schon daran denken muss, dass ich vor zwei Wochen erst dachte, dass nur Penny so dumm sein kann, sich auf einen Lehrer einzulassen. Jetzt allerdings stehe ich hier und es ist mir ganz egal, was passiert, was deshalb noch alles auf uns zukommt. Das hier ist es mir wert.

Aber natürlich hoffe ich das Beste.

>Schreib mir, wenn du angekommen bist<, bittet er mich leise, küsst mich noch einmal, lässt mich noch mehr lächeln.

>Mache ich.<

>Und lern morgen noch ein bisschen Mathe, wir schreiben am Montag eine Kurzarbeit.< Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen, schlinge meine Arme um seinen Hals, halte mich an ihm fest. Auch er hält mich, sein Lachen lässt seine Brust vibrieren.

>Du bist wunderbar.< Ich bin mir nicht sicher, ob er mich nur vorgewarnt hat, oder mich aufmuntern wollte. Auf jeden Fall bin ich jetzt lockerer, entspannter und habe auch etwas ganz Normales im Kopf. Nicht nur meine Schwangerschaft und meine Beziehung zu einem Referendar.

>Nur für dich<, sagt er leise, küsst noch einmal meine Schulter, dann lassen wir voneinander ab. >Wir sehen uns am Montagmorgen.< Ich freue mich jetzt schon, ihn wieder zu sehen.

>Bis dann und gute Nacht.<

-----

Mir brummt der Kopf, aber ich bin glücklich und fühle mich federleicht. Ich habe wunderbar geschlafen, wenn auch nicht lange, bestimmt etwas Schönes geträumt und denke viel an Ash, aber ohne ein schlechtes Gewissen dabei, wie die ganzen, letzten Tage.

Seitdem ich auf bin, folge ich seinem Rat und informiere mich, um eine Entscheidung treffen zu könne. Doch ganz egal, was ich im Internet lese, womit genau ich mich beschäftige, nichts kann mir die Laune verderben. Ich bin einfach glücklich. Durch und durch erfüllt von Pheromonen.

Meine Entscheidung steht auch, denke ich. Ein Baby passt nicht in mein Leben. Ich müsste die Schule unterbrechen und mein Abi an der Abendschule fertig machen. Das Studium müsste warten, bis mein Kind zumindest in den Kindergarten geht, oder ich müsste auch das irgendwie an einer Abendschule machen, aber mit einem Baby hätte ich genug zu tun. Wie Ash gesagt hat, wäre es immer da und ich müsste mein ganzes Leben nach ihm ausrichten. Später mache ich das gern, vor allem mit Ash an meiner Seite, aber es ist zu früh.

Durch den Schulabbruch wäre Ash nicht mehr mein Lehrer, aber er könnte auch nicht von heute auf Morgen offiziell mein Freund sein. Das würde Fragen aufwerfen und ihm Probleme machen. Das bedeutet, wir müssten auch dann noch Abstand halten.

Außerdem wollen wir auch einfach beide jetzt kein Kind und meine Eltern würden mich rauswerfen, also müsste ich mir dann zusätzlich noch eine Wohnung suchen und finanzieren. Wobei ich vielleicht anders darüber denken würde, wenn er der Vater wäre und nicht Luca. Mich verbindet nicht mehr viel mit ihm. Ein paar schöne Monate und eine wundervolle Zeit, aber das alles ist Vergangenheit. Ash ist meine Zukunft.

Natürlich kann ich unmöglich sagen, wie lange es halten und funktionieren wird. Ob wir wirklich so lange zusammen sind, dass wir irgendwann über Kinder nachdenken, aber die Chance ist da und ich wünsche es mir. Nicht unbedingt Kinder, ich bin immer noch nicht scharf darauf, Kinder zu bekommen, aber mit Ash könnte ich es mir zumindest vorstellen. Luca dagegen wäre kein guter Vater, glaube ich. Zumindest nicht im Vergleich zu Ash.

Tristan: Ich komme gleich zu dir.

Mein Handy hat vibriert und ich habe gehofft, dass es Ash ist, aber Tristan ist mir natürlich auch Recht. Vermutlich ist er geknickt, weil ich ihm gestern bei allem abgesagt habe, was er vorgeschlagen hat und das will ich wieder gut machen.

Violet: Schwimmbad?

Die Frage habe ich genau so jeden Abend gestellt, als Luca und ich noch nicht zusammen waren und ich denke, er wird sich freuen. Was wenige Sekunden später von einem großen, roten Herzen bestätigt wird.

Tristan: Meine Mutter fährt uns, bis gleich.

Schmunzelnd schalte ich meinen Laptop aus, beeile mich, meine Sachen zu packen. Ich brauche nicht viel, darum ist schnell alles in meiner Schwimmtasche verstaut, dann bin ich schon auf dem Weg nach unten.

>Du bist hier?<, fragt meine Mutter überrascht, als wir uns im Flur begegnen und aus einem spontanen Impuls heraus nehme ich sie in den Arm.

>Ja ich bin hier und ja mir geht es gut. Tristan holt mich gleich ab, wir gehen ins Schwimmbad.< Sie schient etwas perplex zu sein, mustert mich irritiert.

>Bist du nicht am Wochenende immer bei Luca? Ach nein, du hast gestern gesagt, dass ich nicht mehr zusammen seid<, schließt sie und ich nicke knapp.

>Schon, aber es ist okay. Es war sozusagen einvernehmlich.< Selbstverständlich war es das in dem Moment nicht und er hat mich wirklich verletzt, aber im Nachhinein wünsche ich ihn mir nicht zurück. Mit Ash wird es schwierig, wir können uns wahrscheinlich nicht sehr oft treffen, aber nichts davon ist ein Grund es nicht zu versuchen.

>Bist du dir sicher?<, hakt sie nach, bekommt ein überzeugtes Nicken als Antwort.

>Es ist schon ein paar Tage her, deshalb war ich auch so abwesend, aber ich komme gut damit zurecht.< Sie scheint langsam überzeugt zu sein und das freut mich. Dann stellt sie keine Fragen und ich kann mit dem Lügen endlich wieder aufhören.

>Dann wünsche ich euch beiden viel Spaß und cremt euch ordentlich ein.<

>Natürlich<, versichere ich ihr, hebe die Hand zum Abschied und verlasse das Haus. Am Straßenrand wartet schon Tristan im Wagen seiner Mutter und grinst breit. Er freut sich darauf, mal wieder mit mir ins Schwimmbad zu gehen und mir geht es genau so. 

Zu 0,05% schwangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt