𝟕𝟒. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

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»Die Kette sieht unglaublich aus!«, Molly quiekte auf, als ich ihr das Prachtexemplar zeigte. Freude stieg in mir auf und ich konnte gar nicht beschreiben, wie glücklich mich diese Kette machte. Es war im Endeffekt nur ein teures Schmuckstück. Aber die Tatsache, dass Leo mir die Kette geschenkt hatte, machte mich so unglaublich glücklich. Es half mir dabei, mich für ihn zu entscheiden. Ihm eine Chance zu geben. Eine Beziehung einzugehen. Es lag nicht daran, dass er mir etwas teures Geschenkt hatte. Ganz und gar nicht. Am Liebsten hätte ich sein Geschenk gar nicht angenommen, denn ich fühlte mich wegen des Preises einfach nur schlecht. Es war der Gedanke, der zählte. Um ehrlich zu sein, hatte ich gar kein Geschenk erwartet. Ich hatte nur erwartet, dass er endlich ehrlich zu mir war. »Verdammt, was habe ich falsch gemacht«, Molly seufzte, was mich zum auflachen brachte. Ich sah die Firma schon von Weitem. Molly hatte mich bis zur Firma begleitet, da wir seit ein paar tagen nicht mehr richtig und in Ruhe reden konnten. Wir waren etwas spazieren gegangen und hatten uns ausgequatscht. Ich erzählte ihr, wie das mit Zack zustande kam und sie redete mit mir über die Beziehung mit Alex und ihrem Studienplatz, den sie bekommen hatte. Sie würde in drei Monaten, also zum Wintersemester, studieren. Ich war mehr als nur stolz auf meine beste Freundin.

»Was du falsch gemacht hast? Du bist mit meinem Stiefbruder zusammen, da hast du definitiv etwas falsch gemacht«, ärgerte ich sie und sie schmunzelte. Natürlich meinte ich das nicht ernst, schließlich war Alex voll in Ordnung.  »Und er hat einen großen-« ich blieb schockiert stehen und rief laut »Stopp«, was sie zum loslachen brachte. »Wag es ja nicht über das.. über du weißt schon was von Alex zu reden. Ich glaube ich muss kotzen«, fügte ich etwas angeekelt hinzu und ging wieder weiter. Sie hackte sich bei mir ein, nachdem sie mir leicht gegen die Schulter schlug. »Was bist du für eine beste Freundin? Eigentlich solltest du mich über das Thema ausfragen«, antwortete sie, während ich, noch immer etwas schockiert, den Kopf schüttelte. »Ich frage dich doch nicht.. Molly bitte. Vielleicht bin ich ein bisschen offener geworden aber ich werde nicht über... du weisst schon«, ich versuchte das Wort zu umschreiben, doch Molly sprach es direkt und ohne Schamgefühl auf. »Über Schwänze reden? Ist es das Wort das du suchst?«

»Molly«, rief ich gequält und schaute zu ihr rüber, während sie sich vor Lachen kaum noch einkriegte. »Na sag schon! Wie groß ist er? Du weisst schon, von Leo«, fragte sie und ich hätte sie am Liebsten in den nächsten See geschubst. Ich konnte noch nie über so etwas reden. Und dass ich mit Leo geschlafen habe, ist schon viel zu lange her. Jetzt schon machte ich mir Gedanken darüber, ob es nochmal dazu kommen würde. Ich war so schüchtern, dass ich über dieses Thema auf gar keinen Fall reden konnte. »Molly, hör auf«, ermahnte ich meine beste Freundin, die mich nun gespielt böse anschaute. »Groß«, murmelte ich vor mich hin während Molly ihre Augen aufriss. »Holy shit«, kommentierte sie meine Aussage und lächelte zufrieden vor sich hin. »Mehr wollte ich gar nicht wissen.«

Wir waren fast angekommen und von Weitem erkannte ich schon Leo. Er stand draußen und wartete auf mich, da ich ihm vor etwa zehn Minuten eine Nachricht geschrieben hatte. Molly blieb stehen und umarmte mich fest. »Ich hoffe ihr treibt es in seinem Büro. Eigentlich musst du dich ja auch noch für die Kette bedanken«, sie zwinkerte mir zu und ging dann auch schon in die andere Richtung, ehe ich ihr antworten konnte. »Ich hasse dich Molly«, rief ich hinterher und wusste genau, dass sie es noch gehört hatte.

»Hab dich auch lieb«, kam es von ihr und schmunzelnd ging ich Richtung Leo. Wartend stand er vor dem Eingang und ließ mich keine Sekunde lang aus den Augen. Er sah wirklich ziemlich gut aus. Wie immer eigentlich. Sein Anzug war diesmal grau, was nicht wirklich häufig vorkommt. Er hatte beide Hände in seinen Hosentaschen und musterte mich von oben bis unten. Gerade trug ich eine schlichte Hose und eine weiße Bluse. Molly hatte mir vorhin dabei geholfen, mir ein Outfit zurechtzulegen und mir auch noch meine Haare gelockt. Als ich bei ihm ankam, musste ich instinktiv lächeln. »Hey«, murmelte ich, nachdem er mir einen Kuss auf den Kopf drückte und wir das Gebäude betraten. »Und? Hast du Zuhause noch weitergefeiert?«, fragte mich Leo, als wir uns vor den Aufzug stellten und auf diesen warteten. »Mary hat einen Kuchen gebacken und ich wurde überrascht. Das war ziemlich schön«, erklärte ich erfreut und erntete ein Lächeln seinerseits. Es war nicht komisch zwischen uns. Und obwohl weder er noch ich so wirklich wussten, was das zwischen uns war, genossen wir die Zeit miteinander und Aufmerksamkeit des jeweils Anderen. Es war aufregend zwischen uns. »Das freut mich. Ich würde dir auch einen Kuchen backen. Aber ich glaube, der würde nicht schmecken.«

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt