𝟒𝟔. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

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Etwas langsam schritt ich hinter den anderen her. Es herrschte eine komische Stimmung zwischen uns allen und ich konnte mir auch ganz genau erklären, wieso. Der gestrige Abend war mehr als nur eine Katastrophe gewesen und ein emotionales Auf und Ab dazu, wenn man bedenkt, wie schnell und oft ich gestern meine Laune geändert habe.

Wahrscheinlich schwebte noch immer das traumatisierende Ereignis in den Köpfen von fast allen, vor Allem tat es das in meinem. Ich hatte, nachdem ich gleichzeitig wütend und gleichzeitig verletzt Leos Zimmer verlassen hatte um in meins zu gehen, nicht einschlafen können. So viele gemischte Gefühle plagten mich diese Nacht und es war viel zu viel passiert, um dies verdauen und in einen ruhigen Schlaf fallen zu können. Der heutige Tag verging sehr schnell, wir hatten, aufgrund des Geschehnisses von gestern Abend das Seminar für heute abgebrochen und sind früher zum Flughafen gefahren. Es war gerade neun Uhr morgens, ich hatte Hunger und ich war sehr müde.

Mein Herz hielt es nicht aus, nur einen Meter von Leo entfernt zu stehen und zu wissen, dass er es schon wieder getan hatte und das ich es schon wieder zugelassen hatte. Ich hatte in der letzten Nacht große Hoffnungen gehabt, ich stellte mir das zwischen mir und Leo endlich einfacher vor und hatte vor Allem das Gefühl, dass er die Worte die er letzte Nacht sagte, ernst meinte. Doch dann wollte er plötzlich doch nicht mehr, weil ich Jungfrau gewesen bin? In meinem Kopf schien das alles keinen wirklichen Sinn zu machen. Aber ich versuchte keinen Sinn in diesem Chaos zu finden, denn ich wusste schon seitdem ich dieses Praktikum begonnen hatte, dass es sinnlos ist.

Wir waren gerade dabei, dem Chauffeuren unsere Koffer zu geben, welche er auf den Kofferwagen stellte und vermutlich schon zum Jet brachte. Während Logan und Jackson verschwanden, um sich ihren morgendlichen Kaffee zu holen, setzte ich mich an den Rand, weil ich nicht wirklich die Kraft dazu hatte, um im Stehen zu warten. Ich hatte diese Nacht kein einziges Auge zugemacht, weswegen meine Kraft von Zeit zu Zeit verschwand. Meine Beine gingen nur noch wackelig und meine Augen drohten mir jeden Moment zuzufallen.

»Alles gut?« Etwas besorgt kam Lia auf mich zu und setzte sich genau neben mich.

»Ich habe diese Nacht nicht wirklich gut geschlafen«, gab ich wahrheitsgemäß zu und sah Leo dabei zu, wie er einen ganz anderen Weg einschlug. Sabrina ging ihm hinterher und tippte ihn an, weswegen die beiden ein Gespräch anfingen, während sie zusammen weiter von uns weggingen. Mein Magen zog sich zusammen und ich schluckte den Kloß herunter. Ich war viel zu schwach um zu weinen.

»Das ist normal. Und verständlich«, fing sie an und strich mir behutsam über meinen Rücken. »Es tut mir so leid für das, was passiert ist. Ich weiß nicht was ich machen soll, um das wieder gutzumachen. Geld? Soll ich dir ein Haus kaufen? Möchtest du mit Leos Kreditkarte shoppen gehen?«, seufzte sie und schluckend schaute ich zu Lia nur um zu sehen, dass sie das völlig ernst meinte. Ich schüttelte schnell meinen Kopf und schaute wieder in die Richtung, in welche Leo verschwunden war, nur um ihn und Sabrina nicht mehr zu sehen.

»Lia, euch betrifft keine Schuld«, erwiderte ich ernst und lächelte durch meine Traurigkeit hindurch. »Ich will einfach nur nach Hause«, fügte ich hinzu und verständnisvoll nickte Lia.

»Ich mache das wieder gut. Ich hätte besser auf dich aufpassen sollen«

Nachdem sich alle wieder versammelt hatten, ging alles ziemlich schnell. Wir stiegen in Leos Privatjet, flogen wieder zurück und ich spielte den gesamten Flug mit Lia Uno. Ich erhaschte hin und wieder ein paar bemitleidende Blicke von den anderen, achtete jedoch nicht all zu sehr darauf, da ich Mitleid einfach nicht ertrug. Ich wollte nicht, dass die Leute Mitleid mit mir hatten, da dieses nur dafür sorgte, dass ich mich unwohl fühlte.

Ich war froh darüber, dass die Zeit so schnell vergangen war und ich wieder auf meinem kanadischen gewohnten Boden stand. Es war etwas Kälter in Toronto, weswegen ich schnell meine Jacke aus meinem Rucksack fischte.

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt