𝟐𝟔. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

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»Ich werde dich in diesem Zustand nicht nehmen«, brummte er sicher und stellte sich wieder auf seine Beine. Er konnte seine Augen nicht von mir ablassen und musste sich sichtlich anstrengen, mich nicht die ganze Zeit anzufassen. Mir gefiel die Tatsache, dass ich auch eine Wirkung auf ihn hatte. Vielleicht lag es in diesem Moment nur an meinem etwas zu kurzen Kleid und dem Make-Up von Molly, aber ich tat es ihm an und musste mir auf die Lippe beißen, damit er meine Freude darüber nicht bemerkte.

Noch etwas benommen drehte ich mich auf meinen Bauch und stöhnte angestrengt auf.

»Mein Kleid drückt«, gab ich von mir und nachdem er aufseufzte, spürte ich, wie er sich wieder über mich gebeugt hatte, um mir aus diesem zu helfen. Langsam und bedacht zog er den Reißverschluss meines Kleides herunter und war mir dabei so nah, dass ich seinen kitzelnden Atem an meinem Nacken spürte. Er entblößte meinen kompletten Rücken. Die Gänsehaut rannte wieder über meinen ganzen Körper und eine Welle des Verlangens überkam mich in diesem Abend ein weiteres Mal. Er bemerkte wohl meinen beschleunigten Atem, welcher durch seine Geste verursacht wurde und verteilte diesmal ein paar Küsse an meinem Nacken. Er führte diese auf meinem Rücken fort und ich schloss für einen kurzen Moment meine Augen um seine zarten Berührungen noch besser genießen zu können.

»Sogar unter dem Kleid siehst du gut aus. Trotzdem nein«, murmelte er leise lachend und brachte mich dazu, mich wieder auf die andere Seite zu drehen. Er drückte mir eines seiner T-Shirts in die Hand, welches logischerweise ein paar Nummern größer gewesen ist.

»Umdrehen«, befahl ich kichernd und er tat was ich sagte. Es folgte ein Fluchen seinerseits und ich erkannte, dass er mich gerne in Unterwäsche gesehen hätte. Aber in diesem Moment war ich nicht bereit dazu und es war gut, dass er uns gestoppt hatte. Es wäre unbedacht gewesen. Ich hätte Angst gehabt, ihm unter meinem Kleid auf einmal nicht mehr zu gefallen. 

Zumal ich mich einem Jungen noch nie so gewollt entblößt gezeigt hatte. Natürlich war ich schon in einem Schwimmbad gewesen. Aber sich bewusst vor einem Mann auszuziehen war für mich mit Überwindung verbunden. Ich entfernte mein Kleid von meinem Körper und zog sein sehr frisch gewaschenes T-Shirt an. Wir beide hatten heute Abend mehr voneinander gewollt, als wir durften. Natürlich würden wir beide ohne Scheu weiter machen, aber die Wirkung des Alkohols ließ langsam aber sicher nach und genau so war das mit meinem Mut und meiner Sicherheit. So wollte ich nicht entjungfert werden.

Und auch er erkannte wieder, dass wir diesen Schritt nicht gehen konnten. Er wusste, dass das Alter zwischen uns stand und er die Position, die er eigentlich hatte, nicht ausnutzen durfte. Er war sowas, wie mein Boss.

Er verschwand kurz im Nebenraum und ich fragte mich, wohin diese Tür führte. Ich konnte einen kleinen Blick in diesen erhaschen und stellte fest, dass er sich gerade in seinem begehbaren Kleiderschrank befand. Aber das wunderte mich nicht, schließlich war Leo reich. Was mich allerdings wunderte, war die Tatsache, dass er über seinem Unternehmen wohnte. Ich hätte das niemals erwartet und ich würde ihn auf jeden Fall irgendwann mal fragen, wie es dazu kam. Schmunzeln ließ ich meinen Kopf auf eines seiner Kissen fallen und bemerkte, wie meine Müdigkeit sich allmählich bemerkbar machte.

Als er wieder in den Raum spazierte, hatte er nur eine kurze Schlafhose an. Sein entkleideter Oberkörper faszinierte mich sehr. Man hatte durch sein T-Shirt sehen können, wie muskulös er gewesen ist, aber ohne T-Shirt gefiel mir der Anblick um so vieles besser. Die Frauen mussten sich wahrscheinlich um ihn duellieren, denn er wirkte fast schon wie ein Gott. So wie er da schmunzelnd gegen den Türrahmen lehnte machte er es mir nicht einfach, wegzuschauen. Ich ließ meine Augen zügig zum Fenster gleiten und unterdrückte mir ein Lachen.

Auch er ließ sich in sein Bett nieder und instinktiv schalteten sich meine betrunkenen Gedanken ein. Wie viele Frauen liegen durchschnittlich in diesem Bett?

»Gute Nacht, Ava«, flüsterte er leise und hatte sich zu mir gedreht. Er musterte mich ab und ich wusste nicht genau, wieso er mich so eindringlich anschaute aber beschloss ihn nicht zu fragen. Auch ich drehte mich zu ihm und ließ zu, dass meine Augen seine fanden. »Gute Nacht, Leo«

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Etwas benommen und zögerlich öffnete ich meine Augen und überlegte für einen kurzen Moment, wo ich mich gerade befand. Augenblicklich fiel mir wieder ein, was sich gestern abgespielt hatte und ich schmunzelte etwas. Die Bettseite neben mir, auf welcher Leo gestern noch lag war mittlerweile leer gewesen. Langsam versuchte ich mich auf meine beiden Füße zu stellen, ohne mich zu übergeben. Ich hatte noch nie so viel getrunken wie gestern, ich hatte eigentlich noch nie mehr als ein Glas Sekt zu mir genommen. Ich hätte vielleicht nicht so übertreiben dürfen.

Ein Blick auf seine edle Wanduhr verriet mir, dass es gerade mal zehn Uhr in der Früh war. Viel Schlaf hatte ich also nicht abbekommen. Ich musste mich kurz orientieren um das Bad zu finden. Es befand sich zwar direkt neben seinem Schlafzimmer, aber bis ich die richtige Tür geöffnet hatte, waren Minuten vergangen. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, wie schrecklich ich doch aussah. Meine Schminke war verschmiert und meine Haare standen in alle Richtungen ab. Ich hatte in diesem Bett zwar wie ein kleines Baby geschlummert, aber das Ergebnis war nicht gerade schön anzusehen. Ich wusch mein vollgeschminktes Gesicht ab und kümmerte mich ein wenig um meine Haare. 

Als ich rausging, schaute ich mich im Gang nach ihm um, während mir ein unglaublich guter Geruch in die Nase stieg. Es war der Geruch von Brot, welchem ich in die Küche folgte. Ich musste schmunzeln als ich feststellte, wer dort gerade am Herd stand. Meine Frage von letzter Nacht hatte sich also erübrigt. Leo kochte für sich selber. Ich dachte immer, dass sich so ein wohlhabender und einflussreicher Mann wie Leo Adams alles erkaufen konnte und sich um nichts kümmern musste, was den Haushalt betraf. Ich stellte mir vor, wie er ein Haus am Ende der Stadt oder am Strand hatte und dass er für jeden Etatbereich einen Angestellten bezahlen würde, aber er hatte das Gegenteil bewiesen. Leo Adams lebte alleine und zivilisiert, genau so wie normale Menschen auch. Interessierte sein Reichtum ihn nicht?

»Guten Morgen« Meine Stimme war kratzig und die ersten beiden Wörter, welche aus meinem Mund kamen waren kaum zu verstehen. »Auch mal wach?«, frgagte er mich mit einem selbstgefälligen Grinsen auf seinem Gesicht und ich setzte mich an seinen Küchentisch. Er hatte schon einen Pfefferminztee abgestellt, doch mein Magen streikte. »Ich liebe diesen Tee aber.. hast du etwas Wasser?«, fragte ich unsicher, während ich eine Hand auf meinen Bauch legte, welcher gerade etwas randalierte. »Klar. Nimm die auch dazu« Er wühlte eine Weile in einem Schränkchen herum, bevor er mir eine Tablette und eine Flasche Wasser aushändigte. Ohne zu fragen nahm ich sie zu mir und trank die ganze Flasche Wasser aus. Erst jetzt stellte ich fest, wie durstig ich gewesen bin. Er belächelte meinen Akt und stellte zwei Teller auf den Tisch. Er nahm neben mir Platz und ich musste lachen. »Du kannst also Kochen?«, merkte ich an und gespielt beleidigt verinnerlichte er meine Scherzfrage. Er machte immer mehr den Eindruck eines Traummannes. Die Frauen mussten sich wirklich um ihn prügeln.

»Für wen hälst du mich denn?«, fragte er und nahm einen Bisschen von seinem Omelette.

Ich konnte diese Frage nicht auf Anhieb beantworten. Für wen hielt ich ihn eigentlich?

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt