𝟔𝟑. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

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Sie sah wunderschön aus. Alles an diesem Abend schien perfekt. Lia trug ein traumhaft langes, schönes weißes Kleid. Eins, dass sich kleine Mädchen immer erträumten. Ihre gelockten Haare fielen an ihren Schultern herunter und ich konnte meinen Blick kaum von ihr abwenden. Sie sah unglaublich schön aus.

Jackson konnte, genau so wie der Rest, seine Augen nicht von ihr ablassen. Ich wusste, dass diese Ehe lange, wenn nicht für immer halten würde. Es war schön mitanzusehen, wie glücklich Lia aussah. Sie war am strahlen - während sie den Saal betraten, während sie den Hochzeitstanz miteinander tanzten und während sie die Hochzeitstorte anschnitten. Die ganze Zeit über sah man ihr an, wie lange sie schon auf diesen Tag gewartet hatte. ich erinnerte mich noch daran, als wir gemeinsam am Pool saßen und sie mir erzählte, wie sehr sie sich freute. Es hatte sich gelohnt. Und es machte mich glücklich zu sehen, wie glücklich Lia war.

»Mir reichts«, flüsterte Molly mir zu. »Ich will später auch so eine heftige Hochzeit. Ich such mir einfach einen reichen Typen«, fügte sie hinzu und brachte Mary und mich zum lachen. Alex hingegen zog seine Augenbraue in die Höhe und musterte seine Freundin, die ihre Augen nicht von Lias wunderschönem Kleid ablassen konnte. »Soso?«, erwiderte dieser. Molly fing an zu lachen und nahm seine Hand. Während Mary, Alex und Molly miteinander herumscherzten und sich amüsierten, war ich in meinen Gedanken gefangen. Drei Monate. Drei Monate waren vergangen, seitdem ich Leo das letzte Mal gesehen hatte. Drei Monate reichten aus, damit er mich komplett vergessen und sich auf eine, anscheinend ernsthafte, Beziehung einlassen konnte. Es hatte mich verletzt. Ungewollt glitt mein Blick nach ganz vorne. Er saß natürlich am Tisch der Braut und seine Freundin ebenso. Sie saß neben ihm, schmiegte sich an ihn und hielt seine Hand. Sie war dort, wo ich sein wollte.

»Alles okay, Liebes?«, fragte mich Mary flüsternd, während Molly und Alex sich angeregt über ein anderes Thema unterhielten und uns für einen Moment ausblendeten. »Ich weiß es nicht«, antwortete ich ehrlich. Ich hatte Mary schon lange nicht mehr vorenthalten, wie ich mich fühlte. In den letzten drei, langen und stressigen Monaten, war sie wie eine Mutter für mich geworden. Sie wusste, dass mich die Sache mit Leo mitnahm und sie kannte auch die ganze Geschichte. Sie wusste, dass ich sehr gerne dort arbeiten würde, sehr gerne den Vertrag behalten und unterschrieben hätte. Trotzdem wusste sie auch, weshalb ich das nicht tun würde. Manchmal, wenn ich nachts wach in meinem Bett lag und über alles nachdachte, war ich enttäuscht von mir selbst. Enttäuscht darüber, dass ich meine Gefühle über meine Ziele stellte. Es war schon immer mein Traum gewesen dort zu arbeiten. Und ich hatte diesen Vertrag einfach in die Mülltonne geworfen.

Molly und Mary versuchten mich davon zu überzeugen den Job doch anzunehmen. Sie erinnerten mich ständig daran, wie gerne ich diesen Beruf schon immer ausüben wollte und wie toll dieser doch wäre. Natürlich hatten Sie recht. Es war mein Traum.

Aber irgendwie stand ich jetzt da - ohne Traum, ohne Ziel, ohne Perspektive. Und das nur wegen eines Mannes. Das durfte normalerweise nicht sein.

»Ich sollte dir jetzt einen mütterlichen Rat geben. Oder irgendetwas weises sagen. Aber meine Hormone gehen mit mir durch«, murmelte sie und folgte meinem Blick, welcher auf Leo gerichtet war. »Deswegen ist das Einzige, was ich dir jetzt sagen werde, folgendes: Er ist ein Arschloch«

Ich musste schmunzeln und schaute zu meiner Stiefmutter, die sich ihr Lachen auch nicht unterdrücken konnte. »Vielleicht sollte ich gleich zu Lia. Um sie zu begrüßen. Ich habe sie so lange nicht mehr gesehen«, sagte ich zu Mary, welche angeregt nickte und einen Schluck aus ihrem alkoholfreien Glas Champagner trank. »Definitiv«, stimmte Mary mir zu und schaute mich eindringlich an. »Meine Mutter war bei meinem allerersten Liebeskummer auch für mich da. Ich war wirklich schlimm drauf«, erinnerte sich Mary zurück und amüsiert musterte ich ihr angewidertes Gesicht. »Ryan hieß er und wenn ich jetzt darüber nachdenke verstehe ich gar nicht, was ich so toll an ihm fand« Ich lachte los, während Mary mit ihrer Geschichte fortfuhr. »Betrogen hat er mich. Und ich habe ihn sogar erwischt. Dieser Vollidiot hat sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, seine blöde Affäre geheimzuhalten und im Autokino mit ihr rumgeknutscht. Wo alle anderen ihn sehen konnte. Ich sag doch, er was ein Vollidiot«

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt