𝟔𝟓. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

11.8K 379 36
                                    

𝐀𝐯𝐚'𝐬 𝐒𝐢𝐜𝐡𝐭

Die Fahrt nach Hause war eine Qual für mich. Es lag nicht an den Personen, mit denen ich im Auto saß, sondern an den Gedanken, die mir im Kopf herumschwirrten. An den Gedanken, die mich nicht loslassen wollten. Es lag an Leo. An Leo und seinem blöden Angebot. Ich wollte diesen Job so sehr - er war alles, was ich jemals wollte. Aber mir ging es so schlecht dabei. Dieser Abend war zu viel für mich. Leo und Leah zu sehen war zu viel für mich. Zu wissen und zu sehen, dass er ohne mich so glücklich war, hatte mir einen härteren Schlag in den Magen verpasst, als ich wahrhaben wollte. Ich saß im Auto, sah auf die Gebäude an denen wir vorbeifuhren und dachte über all das, was heute passiert ist, nach. Ich war an einem Punkt angekommen, an welchem ich einfach nicht mehr weiter wusste. Ich befand mich seitdem ich Leo kennengelernt hatte in einer Situation, aus welcher ich nicht mehr rauskam. Und seitdem er fort war, war auch ein Teil von mir weg. 

Mollys müde Stimme brachte mich zurück in die Realität. Das Auto war stehen geblieben. »Gute Nacht«, gähnte Molly und stieg aus. Verdutzt schaute ich zu meiner besten Freundin. »Willst du nicht bei uns schlafen, Molly Mops?«, fragte ich zurück. »Sorry Süße, ich habe meiner Mutter versprochen, morgen früh mit ihr in die Kirche zu gehen. Du kennst meine Eltern doch. Hab dich lieb«, sie lächelte mich ein letztes Mal an und machte schließlich die Autotür zu. »Ich dich auch«, seufzte ich.

Wir blieben noch einen Moment stehen und ich sah Alex dabei zu, wie er sichergehen wollte, dass sie im Haus ankam. »Gentlemen«, merkte Mary an klopfte ihrem Sohn auf die Schulter. »Mom«, brummte er nur und fuhr wieder los. »Was denn?«, entgegnete sie und lehnte sich zurück. »Du bist ein guter Junge. Und Ava ist so fleißig. Ach, ich habe gute Kinder«, sagte sie nun etwas leiser, eher zu sich selbst und brachte mich damit zum schmunzeln. Sie redete auch über mich. Ich glaube, ich hatte endlich eine richtige Mutter gefunden. Eine, die mich wirklich mochte. Eine, die hoffentlich bleiben würde. 

Auf der weiteren Fahrt herrschte Stille. Jeder schien mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt  zu sein. Alex dachte womöglich über Molly und ihn nach, während Mary eine Hand auf ihrem Bauch liegen hatte und sich mental wahrscheinlich auf die Geburt vorbereitete, die bald anstehen würde. Ich war selbst aufgeregt. Ich hatte mir natürlich schon immer jüngere Geschwister gewünscht. Aber diese Gedanken war mit meiner Mutter zusammen verschwunden.  Und kam erst wieder, als Mary mir das mit der Schwangerschaft anvertraute. 

Zuhause angekommen ging jeder in sein Zimmer. Es war schon spät, ungefähr ein Uhr nachts. Und ich wollte nichts lieber, als schlafen gehen und meine Gedanken ausschalten. Ich zog meine Jacke aus und setzte mich für einen Moment auf mein Bett. Erst jetzt realisierte ich diesen turbulenten Tag. Es war schön, Lia wiedersehen zu können. Umso schmerzhafter war es, Leo zu sehen. Mit einer anderen. Tränen kamen mir hoch und ich hatte das Gefühl, dass ich diese nicht länger unterdrücken konnte. 

Ich fuhr mit meiner Hand durch mein Gesicht und wünschte mir nichts mehr, als jetzt gerade irgendwo zu sein, wo es ruhig war. Ich wollte am Strand sein. Alleine. Und ein Buch lesen. Ich sehnte mich nach Ruhe und Gelassenheit. Stattdessen war ich kurz davor loszuweinen und musste eine Entscheidung treffen, die mein Leben ziemlich beeinflußen würde. 

»War nett«, ertönte es und instinktiv schaute ich auf. Alex lehnte lässig gegen meinen Türrahmen und schaute mich an. »Die Hochzeit, meine ich«, fügte er hinzu und lächelte leicht, bis er bemerkte, dass mir schon ein paar Tränen die Wange runterkullerten. Er hörte auf zu lächeln und schien augenblicklich etwas verwirrt. Verdammt, ich wollte wirklich nicht vor ihm weinen. 

Einen Moment herrschte Stille. Ich wischte mir schnellstmöglich meine Tränen weg und Alex schwieg, weil er nicht wusste, was er jetzt sagen sollte. Es war eine komische Situation. 

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt