[𝟒] 𝐇𝐞𝐫𝐞𝐢𝐧

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Die Minuten vergingen und ich hatte das Empfinden, als würde ich schwitzen, jedoch war das vermutlich nur meine Einbildung. Ich war wirklich noch nervöser als ich die letzten Tage zugab, da ich versuchte meine Panik mit der Tatsache zu überspielen, dass ich mich unglaublich freute hier stehen zu dürfen. Aber das änderte natürlich nichts an meiner Nervosität. Diese war stets überall mein Begleiter und das schon seitdem ich denken konnte.

Die Zahl siebenundzwanzig wurde angezeigt und ich knetete aufgeregt meine Hände, um mich etwas zu beruhigen. Die Aussicht auf Toronto durch den Fahrstuhl ist mehr als nur atemberaubend gewesen, jedoch konnte ich mich auf diesen schönen Ausblick aufgrund meiner mich an mein Ende treibende Panik nicht konzentrieren. Ich stand kerzengerade inmitten des Lifts und wartete still, bis die Tür aufging.

pling.

Als ich mich suchend umblickte, bemerkte ich einen Mann in einem schwarzen Anzug, welcher mich warm anlächelte. Ich wusste nicht wieso, aber sofort entspannten sich meine angespannten Muskeln und ich hörte auf meine Hände zu zerdrücken, so wie ich es gerne mal unter der Nervosität machte. »Ms. Johnson, folgen Sie mir, bitte.« Begrüßte mich der nette Mann. Seine Stimme hatte einen sehr netten Unterton und war etwas höher, als man eigentliche Männerstimmen kannte. Er machte mir durch seine nette Geste, welche darin bestand, mir seinen Arm hinzuhalten sofort einen unglaublich sympathischen Eindruck und ich nahm sie dankend an.

Als meine Augen neugierig versuchten alles anzublicken was sich in dieser letzten Etage befand, entdeckte ich viele Türen und musste sogleich daran denken, wie ich mich hier die nächsten zwei Wochen zurechtfinden sollte. verschiedene Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab, wie ich aus Versehen den falschen Raum betrat oder stolperte und die Treppe runterfiel. Wie ich mich blamierte indem ich stotterte oder nicht wusste, was ich Mr. Adams fragen sollte. Schnell schüttelte ich diese unangenehmen Gedanken aus meinem Kopf. Ich blickte zu meiner linken Seite, wo sich der nette Herr befand. Er war definitiv dem mittleren Alter schon voraus und wies schon das ein oder andere graue Haar unter seinen schwarzen Haaren auf. »Hier ist Mr. Adams Büro, er wartet schon auf Sie.«, informierte er mich und suchend musterte ich seinen pechschwarzen Anzug ab, bis ich das fand, wonach ich mich umschaute. Sein Namensschild. »Danke, Mr. Martin.«, erwiderte ich herzlich und in seinem Blick blitzte etwas auf. Freude.

»Geben Sie mir ruhig ihre Jacke, ich hänge diese solange auf.«, teilte er mir mit und hielt mir erwartend seine Hand hin. Etwas verdutzt zog ich meine Jacke aus und drückte ihm diese in die Hand. Ich fühlte mich durch diesen Akt etwas besonders. Ich war es nicht gewohnt gewesen, die Jacke abgenommen zu bekommen. Welcher stinknormale Teenager war das denn auch?

»Sie sollen sich die nächsten zwei Wochen wie Zuhause fühlen, das ist die erste Priorität, auf welche Mr. Adams sehr viel Wert legt. Sollten Sie Anliegen haben oder sollte es Ihnen an etwas fehlen, Ms. Johnson, dann haben Sie keine Scheu mich anzusprechen. Ich bin immer auf dieser Etage. Und bitte, nennen Sie mich doch einfach Andrew.«

Lächeln nahm ich meine Hand wieder zurück und entzückte mich seiner unglaublich gutherzigen Geste. »Vielen Dank, Andrew.«

Ich atmete durch, nachdem Andrew sich wieder auf den Weg zum Lift machte und mich mit meiner Nervosität komplett alleine ließ. Gerade noch hatte ich mich wohl gefühlt und dachte nicht über mein bevorstehendes Interview nach, aber nun war meine Reihe und ich musste klopfen. Unruhig wischte ich meine Hände an meiner Hose ab, wollte vermeiden zu schwitzen, sobald ich seine Hand schüttelte. Und danach atmete ich tief ein und aus, um endlich zu klopfen.

»Herein

Ein Schauer lief über meinen Rücken und obwohl ich diese Stimme nur gedämpft wahrnahm, jagte sie mir eine Gänsehaut über meinen Körper. Schluckend betrat ich den Raum und ließ meinen Blick erst einmal über die Einrichtung gleiten. Ich musste mich an die helle, weiße Wandfarbe und die schwarzen Möbel gewöhnen. Die Einrichtung ist unglaublich modern und bewusst gewählt gewesen. Jemand mit erstklassig hervorragendem Geschmack musste dieses Büro errichtet haben. Als mein Blick das riesige Fenster erreichte, stockte für eine Sekunde mein Atem. Es war nicht als Fenster zu bezeichnen, es war eine komplette Front, die nur aus Glas bestand und das mit dem hinreißenden Ausblick auf ganz Toronto. Und dort stand er, kehrte mir den Rücken zu und gab mir nicht sofort die Möglichkeit, in sein Gesicht zu blicken. Sein Gesicht war nicht unbekannt. Manchmal war es in den Medien zu sehen oder nahm des Öfteren das Titelblatt berühmter Zeitschriften in Beschlag. Doch gerade schenkte er mir nur den Anblick seines durchtrainierten Rückens. Und wie er dort stand, sorgte dafür, dass meine Gänsehaut noch immer nicht verschwand, zeigte mir, wie viel Macht er wirklich hatte. Ich war buchstäblich nur die ganzen Jungs in meiner Schule gewöhnt. Es waren kleine Kinder, mit welchen ich täglich zurechtkommen musste. Doch wie er dort vor dem Fenster stand teilte mir mit, welche Machtstellung er wirklich besaß. Was für ein Mann er doch war. Unverzüglich kam das Bedürfnis in mir auf endlich in sein Gesicht zu blicken. Dieses Bedürfnis brachte mich dazu, wieder zum Reden anzusetzen. Doch er kam mir zuvor.

»Ms. Johnson, schön, dass Sie eingetroffen sind.«

Seine Stimme klang rau und mächtig, sodass ich mich inständig klein fühlte. Er stand über mir und mit dieser Stimme vermittelte er mir genau diese Tatsache. Er zeigte mir, dass ich doch nur eine Schülerin gewesen bin, während er die ganze Welt in seiner Hand hatte. Er blickte noch immer die ganze Stadt an und bewegte nur seine Hand, um ein Glas auf den Tisch neben sich zu stellen. Das Getränk in dem Glas war fast leer gewesen und ich stellte ohne zu Zögern fest, dass das kein Wasser gewesen ist.

»Guten Morgen, Mr. Adams.« Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, um diese vier Wörter aussprechen zu können. Ich klang so leise wie ein kleines Mädchen, dass hier eigentlich nichts zu suchen hatte. Er lachte innerlich und dachte sich bestimmt, dass ich mich verlaufen hatte.

»Setz dich ruhig.« Schon wieder überkam mich die Welle der Gänsehaut, brachte mich dazu, nervös zu schlucken und mich zu setzen. Ich tat genau das was er mir vorschrieb, als würde er mich gerade hypnotisieren. Ava, konzentrier dich. Denk an dein Interview redete ich auf mich selbst ein, während ich den Fragebogen aus meiner Tasche kramte.

Und auf einmal drehte er sich um.

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt