𝟑𝟏. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

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Ich war so schnell wie nur möglich aus dem Konferenzraum geeilt, da ich keine Lust hatte, noch ein weiteres Mal von Mr. Reynolds angesprochen zu werden. Ich war tatsächlich genervt und gestresst von dem heutigen Tag. Dabei hatte er doch so schön bei Leo begonnen.

Als ich fast amAusgang angekommen war und meine Augen schon den schwarzen Mercedes erhaschen konnten, wurde ich festgehalten. »Ava.«, ertönte die tiefe Stimme hinter mir. »Ja, Leo?«, fragte ich zurück und wirbelte herum. Ich wollte nicht wirklich mit ihm reden, ich wollte eher an die frische Luft. Ich nahm meine Hand vorsichtig aus seinem Griff, was jedoch nichts mehr daran änderte, dass meine Haut von einer kompletten Gänsehaut überfallen war.

»Du kannst mir doch nicht so versuchen aus dem Weg zu gehen. Wir können immer noch darüber reden, wenn du willst.«, schlug er vor und etwas entgeistert über seinen Vorschlag schaute ich ihn an. Ein verdutztes Lachen entfloh mir. Ich setzte meinen Gang fort und ließ mich im schwarzen Mercedes auf meinen Stammsitz plumpsen. Reden. Reden.

»Ava.«, presste er gezwungen zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und ich schnallte mich an. Ich wusste nicht, worüber er jetzt noch mit mir reden wollte. Er hatte mir doch alles gesagt, was er sagen wollte, oder etwa nicht? Er hatte mir seine Entscheidung doch mitgeteilt, also wieso sollte ich mir jetzt die Mühe machen und ihm noch einmal zuzuhören?

»Wir brauchen nicht mehr zu reden.«, erwiderte ich während Andrew losfuhr, nachdem auch Leo hineingekommen war. »Es ist doch alles geklärt. Ich habe verstanden, dass wir beide das nur brauchten.«, fügte ich hinzu und bemerkte seinen undefinierbaren Blick. Für mich schien alles geklärt.

»Ava, sei nicht sauer auf mich, nur weil ich versuche mich von dir fernzuhalten. Es gibt gute Gründe weshalb wir und voneinander fern halten sollten. Ich finde es schrecklich, dass du deswegen sauer auf mich bist«, stellte er fest und ich schaute in seine braunen, unschuldig leuchtenden Augen in die ich mich verguckt hatte. Ich sollte sie eher meiden, um meine Gefühle, welche ich für ihn hegte, zu verdrängen. Aber mit jedem seiner Worte, mit jeder seiner Berührungen verliebte ich mich noch ein Stückchen mehr in ihn. Das musste dringend aufhören, sonst würde ich weiterhin unter diesen Situation leiden und das wollte ich nicht.

»Ich bin nicht sauer auf dich.« Lüge. Ich war mehr als sauer. Aber das musste er nicht wissen und ich wollte ihm nicht zeigen, dass seine Entscheidung mich dermaßen getroffen hatte.

Zeig keine Schwäche Ava, du bist gleich Zuhause und da kannst du in Ruhe weinen.

»Du bist eine außerordentlich fleißige und schlaue Frau und mir macht es Spaß mit dir zu arbeiten. Aber wir müssen uns dafür unter Kontrolle halten, das musst du verstehen. Wir zwei dürfen uns nicht einbilden, ineinander verliebt zu sein«, erklärte er und immer noch war aus seiner Stimme eine gewisse Verzweiflung herauszuhören. Ich verstand was er meinte, aber das rechtfertigte sicher nicht die Tatsache, dass er mich einfach so geküsst hatte, mir kurz gezeigt hatte, was es hieß zu lieben und mich dann fallen ließ. Das Auto hielt an und ich atmete durch, da ich endlich aussteigen konnte. 

Ich sah mein Haus schon von Weitem und packte meine Jacke, welche ich neben mir auf den Sitz gelegt hatte. »Ja, verstehe ich. Gute Nacht, Mr. Adams.«, gab ich etwas bedrückt von mir und quetschte mich aus dem Auto, während Andrew mir wie immer die Tür aufhielt. Ich machte mir nicht einmal mehr die Mühe, leise im Auto zu reden, da Andrew sicherlich eins und eins zusammenzählen konnte und nicht so dumm gewesen ist um zu bemerken, was wohl vorgefallen war. Ich schämte mich ein bisschen weil ich nicht wollte, dass er falsch von mir dachte. Aber das hätte ich jetzt sowieso nicht mehr rückgängig machen können. Er hatte einen bemitleidenden Blick aufgesetzt und ich lächelte etwas traurig zurück.

»Bis Montag, Andrew«, waren meine letzten Worte, bevor ich ich auf mein Haus zuging. Ich hatte nicht mehr zurück geschaut und auch nicht auf eine Antwort von Leo gewartet sondern wollte nur noch in mein Bett und am liebsten Schlafen, um das alles zu vergessen. Ich hatte Tränen in den Augen, während ich versuchte meine Haustür zu öffnen. Doch meine Sicht war zu verschwommen gewesen, während ich spürte, wie ein paar Tränen meine Wangen herunterliefen. Mary musste meine gescheiterten Versuche die Tür zu öffnen mitbekommen haben, denn diese öffnete sich plötzlich von alleine und ich schaute auf, nur um in Marys verwirrtes Gesicht zu blicken. Mein Klos im Hals wurde immer größer und ich verspürte auf einmal das tiefgreifende Bedürfnis meinen Tränen freien lauf zu lassen. Es brauchte nur einen Blick ihrerseits bis sie verstand, wie traurig ich war. 

»Hey, hey Ava, schau mich an« Sie hatte ihre Hände an meine Wangen gelegt und zwang mich dazu, weinend in ihre beunruhigten Augen zu blicken. Ich hatte noch nie in der ganzen Zeit in welcher Mary bei uns lebte, vor ihr geweint, aber gerade brauchte ich nichts mehr, als jemanden, der bei mir blieb und mich fest in seine Arme schloss. »Komm her, Kleines.«, murmelte sie und hatte mich schon fest in ihre Arme gezogen. Ich ließ dem stechenden Gefühl in meiner Brust freien Lauf und weinte los.

Nach ein paar Minuten, in denen wir da standen, hatte ich mein nasses, gerötetes Gesicht aus ihren Armen gelöst und wischte mir mit meinem Ärmel meine verbliebenen Tränen weg. Ich konnte ein bisschen besser atmen und hatte das Gefühl, als hätte ich meinen Frust mit den Tränen zusammen losgelassen. Ich fühlte mich ein kleines bisschen besser. Doch Mary schien sehr verzweifelt. Es hatte mich beruhigt, dass sie mich nicht direkt mit Fragen bombardiert hatte.

Wir gingen hinein und ich nahm mir eine kleine Wasserfalsche aus dem Kühlschrank, welche ich augenblicklich Leertrank. Etwas erfrischter setzte ich mich auf die Couch, auf welcher sie schon saß und mich besorglich musterte.

»Bitte frag nicht ich.. ich möchte ungern darüber reden.« Murmelte ich schniefend und nahm mir die Fernbedienung. Zum Glück hatte Mary uns Disney Plus besorgt. Ich öffnete die App und wartete darauf, endlich den Titel eingeben zu können. Sie schien zu verstehen, als der Film Frozen anfing.

»Ich habe da so eine Vorahnung.«, erwiderte sie leicht schmunzelnd und brachte uns eine ganze Packung Eis mit zwei Löffeln. Dankend schaute ich zu ihr rüber und sie nickte mir zu.

»Erstes gebrochenes Herz, hm?«, fragte sie mich wissend und ich nickte ihr zu. »Es wird alles gut. Auch wenn es gerade nicht danach scheint«

Das Einzige was wir dann noch taten, war unser Eis zu essen und den Film zu verfolgen. Sie fragte nichts, sie sagte nichts und gestört wurden wir auch nicht. Ich genoß ihre Anwesenheit und ihr Dasein beruhigte mich.

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt