𝟕𝟓. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

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»Lass uns hoch, bevor wir uns noch verspäten«, die Aufzugtüren öffneten sich wie auf Kommando und ich folgte Zack. Meine Gefühle waren durcheinander und während ich Zack musterte, war ich mir nicht sicher, was genau ich mir erhoffte. Oder was genau er sich erhoffte. Trotzdem steckte ich gerade in einer Situation, aus welcher ich nicht so leicht hinauskam. Ob ich mit Zack auf ein Date wollte, wusste ich nicht genau und das bereitete mir irgendwie Angst. Aber ich wollte ihm auch nicht absagen. Und irgendwie waren wir ja jetzt gleich schon verabredet. Wie konnte es eigentlich möglich sein, dass mein Leben, sobald ich dachte, ich würde es unter Kontrolle haben, wieder aus allen Fugen geriet? Und das auch noch so schnell, dass ich gar nichts dagegen tun konnte?

Ich wollte Leo nicht hintergehen. Aber tat ich das? Auch wenn wir gerade nicht zusammen waren?

Wow, Ava. Leo gesteht dir nach hundert Jahren endlich, dass er dich liebt, und du willst auf ein Date mit einem anderen Mann? Du bist wirklich komisch.

»Hattest du gestern noch viel Spaß?«, fragte Zack und blickte mich neugierig lächelnd an. Er schaute mich so an wie gestern Abend. Mit diesem Blick. Diesem Blick, der mir verriet, wie sehr ihm der Kuss gestern gefallen hatte. Auch mir hatte er gefallen. Aber mein Herz wollte was anderes. Mein Herz wollte Leo. Und mein Verstand? Mein Verstand wollte, dass ich verschwand. Mir einen Urlaub buchte. Am besten ganz weit Weg. Hawaii vielleicht. Mein Verstand wollte, dass ich mich beruhigte und mir Zeit für mich selbst nahm. Dass ich darüber nachdachte. Dass ich mich selbst nicht unter Druck setzte. Das wollte mein Verstand. 

Ich wusste, dass das alles nur Probleme mit sich ziehen würde. Ich wollte Leo. Gestern Nacht, als wir uns nach langer Zeit wieder näher gekommen waren, war ich die glücklichste Frau auf Erden. Ich hatte für einen Moment alles vergessen, was zwischen uns passiert war. Hatte die Tatsache ausgeblendet, dass er mich stehen gelassen hatte, nachdem ich ihm mein Herz anvertraut hatte. Meinen Körper. Einfach alles. Und ich war mir gestern, während er mich küsste, noch ziemlich sicher darüber gewesen, dass alles wieder gut werden würde. Das alles wieder normal war. Aber heute morgen, als ich aufwachte, erinnerte ich mich zurück an die Schmerzen, die er mir zugefügt hatte. Und dann sah die Welt plötzlich wieder ganz anders aus und das ohne, dass ich es beabsichtigt hatte. Erkannte, dass die Welt nicht so rosarot war, wie sie gestern Nacht noch schien.

»Ja, hatte ich. Danke«, ich lächelte ihn leicht an und auch er schien glücklich zu sein. Ich kannte Zack noch nicht so lange und ich konnte ihn auch nicht so richtig einschätzen. Aber er war interessiert. Das merkte ich an seinen Blicken. An der Art und Weise, wie er mit mir sprach. Zack schien wie ein vernünftiger Mann, aber stand gerade leider zwischen Leo und mir. Und es gefiel mir nicht, das zuzugeben. Aber er schien mir auch zu gefallen. Denn obwohl mein betrunkenes Ich diesen Kuss erwidert hatte, war ich jetzt, in dieser Sekunde, nicht abgeneigt von ihm. Ganz im Gegenteil, ich war komplett verwirrt. 

»Wenn ich könnte, würde ich das von gestern hier und jetzt wiederholen«

Mein schockierter Blick war augenblicklich in seine Richtung geschossen. Und ich glaube auch er bemerkte, dass mich seine Aussage aus der Fassung gebracht hatte. Ich wusste für ein paar Sekunden nicht genau, was ich sagen sollte. »Ehm«, murmelte ich, noch immer perplex von seiner direkten Aussage. »Wir sind angekommen«

Noch während ich das sagte, öffneten sich die Türen des Aufzuges und ich stürmte hinaus. Eigentlich wollte ich nicht so panisch wirken, aber ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich fühlte mich wie in einem Kreislauf, der nie endete. Gefangen zwischen zwei Typen, die ich gut fand. Wie konnte mir das nur passieren?

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt