𝟓𝟑. 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥

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»Lia?« fragte ich die unangenehme Stille hinein, während ich mich keinen einzigen Zentimeter von ihrer Limousine wegbewegte und Leo perplex, fast schon entgeistert anstarrte. »Was macht Leo hier?« Ich spürte, wie mein ganzer Körper erstarrte und in meinem Kopf flogen die verschiedensten Gedanken herum. Seine Augen waren erst auf meine fixiert, rutschten dann jedoch an meinem Körper herunter und erfreuten sich an meinem Kleid, an meinen entblößten Beinen und an meinem außergewöhnlichen Aussehen. Er sah mich nicht oft in so einem Kleid. Und das gefiel ihm anscheinend.

»Es tut mir leid, dass ich dich anlügen musste, Süße«, entkam es ihr und sie öffnete schmunzelnd die Tür der Limousine, nachdem sie meine Schulter entschuldigend betatschte. Noch bevor sie einstieg, nickte sie mir zu und schloss dann die Autotür hinter sich. Schockiert schaute ich der Limousine hinterher, wie sie Gas gab und hinter den grünen Bäumen in die Dunkelheit verschwand. Ich schluckte, als ich wusste, dass ich mich nun umdrehen musste. Meine Beine wurden plötzlich schwer und ich schloss hilflos meine Augen, um zu realisieren, dass ich keine Fluchtmöglichkeit hatte. Sollte ich in den Wald laufen und riskieren, dass ich mich verlief und einem komischen Killer in die Arme lief, der mich dann umbringen würde? Oder sollte ich mir einfach nur ein Taxi rufen, wenn ich noch nicht einmal wusste, wo genau wir gerade waren? Suchend blickte ich mich in der Dunkelheit um, in der Hoffnung, eine Lösung für mein Problem finden zu können.

»Ava«

Seine Stimme war rau und erklang näher an meinem Ohr, als ich erwartete. Er hatte sich an mich herangeschlichen und sanft seine Hand auf meine Schulter gelegt, während er leise meinen Namen aussprach. Ich atmete ein, bevor ich mich zu ihm umdrehte und ihn erwartend in seine noch immer mich fesselnden Augen blickte. Ich suchte verzweifelt eine Antwort in seinen Augen, versuchte, mir klarzumachen, weshalb er seine Schwester bat, mich hier hin zu bringen - in so einem Outfit. Aber Leo Adams war schon, seitdem ich ihn kennenlernen durfte, ein komplizierter Mensch gewesen. Er trug Geheimnisse mit sich, die er mir nicht anvertrauen konnte - oder nicht anvertrauen wollte. Und solange diese zwischen uns standen, würde er sich nicht öffnen können, um eine vernünftige Beziehung mit mir Eigehen zu können.

»Wollen wir rein?«, fragte er etwas leise und ich nickte nur, während mir wieder einfiel, wie kalt es draußen eigentlich gewesen ist. Ich spürte meine Beine augenblicklich wieder und folgte ihm langsam in die hölzerne Hütte, in welcher ich mich zuerst erstaunt umblickte. Sie war tatsächlich stilvoll eingerichtet, warm und zugegebenermaßen ziemlich romantisch. Kurz schmunzelte ich über die Haustür, auf welcher der Name "Adams" eingeritzt gewesen ist - natürlich besaß der reichste Mann Torontos eine Hütte mitten im Wald, wo niemand ihn jemals finden würde. »Sie gehört also euch«, murmelte ich leise, während ich ihm ins Wohnzimmer folgte und mich augenblicklich auf dem Sofa niederließ. Mein Blick glitt über die Bilder an der Wand, den ausgestopften Tieren an der Wand und dann über den atemberaubendsten Mann, denn ich jemals hatte sehen dürfen - Leo Adams, welcher gerade etwas Holz in den Kamin schleuderte und dafür sorgte, dass wir nicht erfrieren mussten. Er trug eine Jeans und ein weißes, leichtes Hemd. Wieder einmal verlor ich mich in seinem Anblick, auch wenn ich gerade nur seinen Rücken betrachten konnte. »Ja. Sie gehörte meinen Eltern«, sagte er, nachdem er sich die Hände abklopfte und sich kurz zu mir umdrehte. »Doch die sind nicht mehr so oft hier. Gar nicht, um genau zu sein« ich nickte verständnisvoll und lehnte mich zurück, während ich mir mit meinen Händen meine Arme vor Kälte rieb.

Leo schien zu bemerken, dass mir kalt war und setzte sich zu mir, während er eine auf dem Sofa liegende Decke nahm und sie um mich legte, damit ich nicht mehr fror. »Was hat Lia sich nur bei diesem Kleid gedacht«, flüsterte er leise, während er sicher ging, dass ich komplett in der blauen Kuscheldecke eingehüllt war. »Was habt ihr beide euch hierbei gedacht?« fragte ich und schaute ihm in seine Augen, während er bei seiner Bewegung inne hielt. »Hättest du mich nicht einfach fragen können, ob wir zwei ausgehen wollen?«, fragte ich lachend, jedoch verstummte mein Lachen langsam, als mir mir meine innere Stimme in meinem Kopf wiedermal erklärte, dass er mich nie einladen wollte. Er hatte es doch gar nicht vor. Er distanzierte sich stattdessen von mir und versuchte, mich loszuwerden. Oder nicht? Was wollte Leo bezwecken?

Was wollte er hiermit bezwecken?

Seine sanfte Hand legte sich augenblicklich auf meine Wange und langsam drehte er mein Gesicht in seine Richtung, wahrscheinlich um sicherzugehen, dass ich ihn anblickte. »Ich habe Lia gesagt, sie soll dich hier herbringen, damit ich mich bei dir.. bei dir entschuldigen kann.«, fing er an zu erklären und wie gebannt schaute ich ihm in seine Augen, während er weiterredete. Seine Worte berührten mich, obwohl ich nicht einmal wusste, ob sie dieses Mal ernst gemeint, oder nur so dahergesagt waren.

»Ich bin schlecht darin, meine Gefühle zu zeigen, aber.. ich möchte dir zeigen, dass du mir etwas bedeutest. Viel bedeutest, Ava. Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt. Und ich habe noch nie zuvor so etwas für eine Frau gefühlt. Du bist so unglaublich. Du bist perfekt«, er stoppte und ich musste schmunzeln, als ich bemerkte, wie er die Worte nicht finden konnte. »Leo, es ist okay. Ich glaube dir. Aber bitte hör auf damit, mich ständig von dir wegzuschubsen. Bitte.«, erwiderte ich schaute in seine strahlenden, wunderschönen Augen. Seine Worte beruhigten mich, denn schließlich sagte er genau das in diesem Moment, was mein Herz hören wollte. Aber mein Verstand kämpfte an, da ich nicht wollte, dass er mir noch einmal wehtat.

»Ich glaube, ich liebe dich Ava« etwas schockiert musterte ich ihn und bemerkte, dass er seine Worte ernst meinte, dass er keinen einzigen Muskel in seinem Gesicht verzog, sondern mir ernst in meine Augen blickte.

»Was.. hast du gerade gesagt?« Ich musste schlucken, denn er hatte diese drei Worte ausgesprochen, die noch nie zuvor jemand zu mir gesagt hatte. Aus dem nichts. Er hatte sich den Mut gefasst und hatte sich augenblicklich mir gegenüber geöffnet und das ohne, dass ich es von ihm verlangt hatte, weil ich es eigentlich aufgegeben hatte. Ich hatte es aufgegeben, nach Antworten zu schauen und zu hoffen, dass er sich für mich entscheiden würde. Aber das hatte er gerade in diesem Augenblick getan.

»Ich habe gesagt, dass ich dich liebe, Ava« langsam wanderte er mit seinen Händen hinunter und hielt an meinem Hals inne. Seine Augen waren noch immer auf meine fixiert und ich wandte meinen Blick keine einzige Sekunde von ihm. »Ich.. Ich liebe dich auch, Leo« und nachdem auch ich ihm meine Bestätigung gegeben hatte, hielt ihn nichts mehr zurück und er stürzte seine gierigen Lippen auf meine. Zuerst verlor ich den Halt und kippte nach hinten, wurde jedoch zügig von Leos weichen Händen an der Taille gepackt und festgehalten. Seine Hände wanderten meinen aufgeregten Körper hinunter, krallten sich hier und da fest und sorgten dafür, dass ich fast meine Fassung verlor. Seine Küsse wurden immer leidenschaftlicher und langsam verfielen wir in einen angenehmen Rhythmus, so als würde nichts um uns herum geschehen. Ich vergaß kurz die Welt um mich herum, als er aufstand und mich hochhob, ohne mit seinen Küssen aufzuhören.

the interview | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt