Kurz nach dem die Gesandten aus Tenochtitlán den Strand verlassen hatten, bekamen die Spanier erneut Besuch. Ein paar Totonaken waren neugierig, trauten sich aber nicht zu den Fremden, solange die Azteken in ihrer Nähe waren. Jetzt waren sie fort und die Totonaken kamen näher. Eine Verständigung mit ihnen war nicht schwer, denn auch sie verstanden die Sprache der Azteken und der Maya. Doch genau wie beim Besuch von Graue Eule wurde auch hier Gerónimo de Aguilar nicht mehr gebraucht.
Die spanischen Worte der Schönen wurden immer verständlicher und so erfuhr Cortés zum ersten Mal, dass die Azteken andere Völker unterdrückten. Darüber musste er unbedingt mehr in Erfahrung bringen und so ließ er das Lager abbrechen und wollte an der Küste entlang nach Norden, in das Land der Totonaken fahren.
Doch dagegen gab es erheblichen Widerstand aus den Reihen der Anhänger von Gouverneur Velázquez. Sie meinten, sie hätten zu wenige Vorräte und außerdem wollten sie ihre Besitzungen auf Kuba nicht zu lange allein lassen.
Es kostete Cortés erhebliche Mühe, sie zu überzeugen weiter mit ihm zu ziehen, doch am Ende kamen alle mit. So brachen sie auf und fuhren an der Küste entlang. Zwei Totonaken begleiteten sie als Führer und nach einer kurzen Reise gingen sie in einer schönen, windgeschützten Bucht vor Anker.
Im Gesicht von Cortés konnte Martín sehen, dass er etwas vorhatte. Aber noch saßen sie im Boot und er konnte nur raten, was als Nächstes folgen würde, denn Cortés hatte nicht mit ihm über seine Pläne gesprochen. Doch nach dem er festen Boden unter den Füßen hatte, ließ er sich seine Standarte reichen und Martín blieb die Luft weg. Wollte er tatsächlich hier im Land bleiben und gegen jeden Befehl von Gouverneur Velázquez verstoßen?
Damit machte Cortés sich selbst zu einem Verräter und konnte aufgehängt werden. Folgte Martín ihm auf diesem Weg, dann wurde auch er zu einem Verräter und es drohte ihm das gleiche Schicksal. In diesem Moment sprang Cortés mit seiner Standarte aus dem Boot, rammte sie in den Boden und nahm das Land für die spanische Krone in Besitz. Es war geschehen und viele Anhänger von Velázquez murrten über diesen Schritt.
Sie wollten sich damit auf gar keinen Fall abfinden, doch die meisten anderen sprachen sich dafür aus, hier zu bleiben. Sie hatten den Helm voller Gold gesehen und wo dieses Gold herkam, da gab es sicher noch sehr viel mehr. Deshalb stimmten sie dafür, hier an diesem Ort eine Siedlung zu errichten und eine eigene Kolonie zu gründen. Sie wollten sich von Velázquez lösen und Verbindung mit dem König aufnehmen.
Von ihm wollten sie ihre Koloniegründung legalisieren lassen und so wählten sie Cortés zu ihrem Generalkapitän und obersten Richter. Er sollte, genau wie der König, ein Fünftel ihrer künftigen Schätze bekommen. Denn zum einen war er jetzt ihr Generalkapitän und zum anderen hatte er die größte finanzielle Last zu tragen. Denn er hatte sich für diese Expedition bis über beide Ohren verschuldet.
Der Rest der zukünftigen Schätze sollte unter den Männern verteilt werden. Doch ein paar wenige Männer wollten sich mit dieser Abspaltung von Velázquez nicht abfinden. Sie drohten den anderen und so musste Cortés ein paar von ihnen in Ketten legen. Danach beruhigte sich die Situation wieder.
Weil die Spanier nun schon einmal dabei waren, eine Kolonie und eine Stadt zu gründen, tauften sie auch gleich ihre Sklavenmädchen und gaben ihnen neue, christliche Namen. Cortés verteilte sie an seine Offiziere und bedachte besonders diejenigen, die sich gerade eben noch gegen ihn ausgesprochen hatten. Die schöne Sklavin Malinche ging an Alonso Portocarrero.
Zudem sollte sie fortan den Namen Doña Marina tragen. Sie selbst fand ihre Namensänderung und ihr Los als Ehefrau von Portocarrero wohl mehr als befremdlich. Dieser neue Name schmeckte ihr überhaupt nicht und sie tat alles dafür, dass man sie weiterhin Malinche rief. Portocarrero war ein hoher Offizier, aber er war eben doch nur ein Untergebener und nicht der Befehlshaber der Truppe. Warum sollte sie sich mit einem Untergebenen abgeben? Sie wollte Cortés heiraten und Martín konnte deutlich in ihrem Gesicht lesen, was in ihr vorging.
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Der letzte Jaguarkrieger
Historical FictionBevor die Spanier Mittelamerika betraten, waren die Azteken die beherrschende Macht auf dem Kontinent. Niemand konnte ihnen das Wasser reichen. Doch ihre Macht beruhte auf Gewalt und Terror. Die unterworfenen und geknechteten Völker warteten sehnsüc...