Lange bevor sie Cholula erreichten schickte Cortés den Einwohnern dort eine Nachricht, dass er in Frieden und Freundschaft käme und dass sie ihn friedlich aufnehmen sollten.
Dafür sollten die Adligen der Stadt ihm entgegenkommen und ihn begrüßen. Doch in Cholula hatten die Leute wahnsinnige Angst. Sie fürchteten sich vor den Tlaxcalteken. Doch ebenso fürchteten sie sich auch vor den Azteken und natürlich vor Cortés. So schickten auch sie ihm erst einmal nur eine Nachricht. Sie wollten ihm bis zur Grenze von Tlaxcala entgegen kommen und ihn dort begrüßen. Cortés gab sich damit zufrieden und fügte die Informationen, die er aus dieser Botschaft zog, seinem Gesamtbild hinzu.
*
Als sie auf dem Weg nach Cholula am Abend eine Rast einlegten, kamen gleich mehrere hochrangige Offiziere der Tlaxcalteken in das Zelt von Cortés. Sie waren sehr niedergeschlagen und es war ihnen anzusehen, dass sie nicht wussten, wie sie ihr Anliegen in Worte fassen sollten. Doch dann trat einer von ihnen vor und wandte sich direkt an Cortés, denn er wusste, dass Malinche seine Worte übersetzen würde.
„Herr von Malinche, es tut mir Leid, aber in unseren Reihen gibt es einen Verräter!" Voller Scham schaute der Krieger zu Boden, um gleich darauf wieder Cortés anzusehen. „Hummel der Jüngere will dich heute Nacht im Schlaf ermorden und auch alle anderen Spanier umbringen. Statt mit dir, will er sich jetzt mit den Mexica verbünden."
Erstaunt hörte Cortés die Worte und hatte noch immer ein kleines ungläubiges Lächeln auf den Lippen. Doch in diesem Moment betraten weitere Krieger sein Zelt und berichteten genau das Gleiche. Das kleine Lächeln im Gesicht des spanischen Heerführers gefror immer mehr. Er konnte einfach nicht glauben, was er da hörte. Ratlos lief er im Zelt hin und her.
Das was er jetzt tun musste, konnte ihn alles kosten, was er bisher erreicht hatte. Wenn er sich jetzt gegen Hummel den Jüngeren wandte, dann konnte das nicht nur seine Pläne in Gefahr bringen, sondern alle Spanier das Leben kosten. Trotzdem hatte er keine andere Wahl. Denn wenn er nicht handelte, waren sie ebenso in Gefahr.
„Geh, verhafte ihn und bring ihn hier her!", sagte er zu seinem Sekretär.
Vollkommen sprachlos und mit vor Aufregung pochendem Herzen stand Martín im Zelt. Er war wie vor den Kopf geschlagen und konnte es einfach nicht glauben, dass Cortés ihm diese Aufgabe übertragen hatte. Gab es dafür nicht sehr viel besser geeignete Männer? Warum hatte er sich nicht an Pedro gewandt? Dem hätte es ganz sicher nichts ausgemacht, mitten unter die Tlaxcalteken zu gehen und dort ihren Anführer zu verhaften. Jetzt klebte dieser Befehl an ihm!
Hilfesuchend schaute er sich um und nahm die tlaxcaltekischen Krieger mit, die Cortés von dem Verrat erzählt hatten und suchte dann im Heerlager die Alvarado Brüder. Als die ihn mit ernster Miene und den entschlossenen Tlaxcalteken im Rücken auf sich zu kommen sahen, hörten sie mit ihren Gesprächen auf und legten alle wie zufällig die Hände an ihre Waffen. Martín registrierte ihre Vorsicht und mit einem verkrampften Lächeln versuchte er die Situation zu entspannen.
„Meine Herren, wir haben eine sehr heikle Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen Hummel den Jüngeren verhaften. Der Kerl ist ein Verräter! Ich hoffe ich kann auf euch zählen?"
Pedro grinste ihn an und entspannte sich. „Für einen Moment habe ich geglaubt, du wärst gekommen, um uns zu verhaften." Alle seine Brüder nickten und grinsten erleichtert. „Natürlich helfen wir dir! Aber sei ein wenig lockerer! Mach nicht so ein finsteres Gesicht! Wenn du so angespannt auf Hummel den Jüngeren zu gehst, dann springt der dich an und spaltet dir den Schädel, noch bevor du auch nur in seine Nähe kommst!", meinte Pedro und legte Martín einen Arm um die Schulter.
Mit einem entspannten Lächeln in ihren Gesichtern suchten sie alle zusammen Hummel den Jüngeren auf und gingen direkt auf ihn zu. Mitten unter seinen Männern zog Martín plötzlich seinen Degen und hielt ihm innerhalb einer Sekunde die Klinge an die Kehle. Als hätten sie es vorher abgesprochen, zogen auch die Alvarados blank und sicherten ihn gegen jede Dummheit der Tlaxcalteken ab, indem sie ihn in ihre Mitte nahmen.
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Der letzte Jaguarkrieger
Historical FictionBevor die Spanier Mittelamerika betraten, waren die Azteken die beherrschende Macht auf dem Kontinent. Niemand konnte ihnen das Wasser reichen. Doch ihre Macht beruhte auf Gewalt und Terror. Die unterworfenen und geknechteten Völker warteten sehnsüc...