Noch immer standen Korallenschlange und Coyote auf dem Dach des Hauses und schossen ihre Steine auf die Feinde ab. Nach jedem Treffer jubelten sie und feuerten einander an. Etliche Männer hatten sie mit ihren Steinen von den Füßen geholt und jetzt wollten sie sich in das Chaos stürzen und sich ihre schwer verletzten Gegner holen, falls die noch immer am Leben waren.
Doch kaum waren sie im Innern des Hauses die Leiter hinab gestiegen und in einer Seitengasse auf die Straße getreten, liefen sie einem Adler in die Arme, der mehr Leute für den Angriff auf den Palast der Spanier brauchte. Schweren Herzens verzichteten sie auf ihre Gefangenen und folgten seinem Befehl. Es wäre undenkbar, den Befehl eines Adlers zu verweigern, nur weil man gerade Besseres zu tun hatte.
Auch wenn der größte Teil der Spanier in der Stadt kämpfte, wurde der Palast doch noch immer von einigen Spaniern gehalten. An der großen Tür waren die Angriffe der Azteken am heftigsten. Dort warf sich Korallenschlange in das Getümmel und griff in den Kampf ein. Schon bald hatte Coyote ihn aus den Augen verloren. Eine Unmenge Krieger versuchte, die dicken Balken der Tür zu zerschlagen. Aber in diesem ungeordneten Haufen gab es einfach nicht genug Platz für alle und so versuchte er gemeinsam mit anderen Kriegern an der Seite ein Loch in die Mauer des Palastes zu schlagen.
Auch hier unterstanden sie einem adligen Offizier. Es spielte keine Rolle mehr, dass Coyote ein Läufer war. Er war jetzt ein Krieger wie alle anderen und er wollte diese Gelegenheit nutzen, um so viele Gefangene wie möglich zu machen. Der Adler hatte sie einen schweren Baumstamm aufnehmen lassen und so packte er mit an und hievte mit vielen anderen den Stamm auf die Schultern. Vermutlich sollte dieser Stamm in einem neuen Haus verwendet werden, aber jetzt wurde er zu einem Rammbock.
Sollte es ihnen gelingen, entweder die große Tür oder die Mauer aufzubrechen, dann würden sie die Spanier dort drinnen niedermachen. Sie würden damit ihren Rückzugsort verlieren. Dann wäre nicht nur diese Schlacht, sondern auch dieser Krieg gewonnen. Mit dem dicken Baumstamm auf ihren Schultern rannten sie gegen die Mauer an. Aber als sie mit dem Stamm zum ersten Mal gegen die Wand krachten, fiel er ihnen herunter und viele Krieger verletzten sich.
Sie hatten keine Erfahrung damit, eine Mauer einzurennen und natürlich rechnete keiner von ihnen mit einem so gewaltigen Rückstoß. Auch Coyote hatte sich die Schulter verletzt und blutete. Trotzdem hoben sie den schweren Stamm wieder auf. Der Adler war ein erfahrener Offizier, er feuerte sie mit lauter Stimme an, gab ihnen Anweisungen und schmiedete innerhalb kürzester Zeit eine Einheit aus ihrem wilden Haufen.
Dieses Mal legten sie den Stamm nicht auf den Schultern ab, sondern behielten ihn in den Händen. Ihr Stoß war deshalb nicht mehr ganz so heftig, aber dafür hämmerten sie immer wieder gegen die Mauer. Andere Krieger kamen hinzu und packten mit an und schon bald hatten sie sich eingespielt.
Aber es dauerte nicht lange, da bemerkte man sie vom Dach des Palastes. Ein Armbrustschütze stand dort oben, legte auf den Adler an und schoss ihm einen Bolzen in den Kopf. Doch die Krieger bemerkten es kaum, dass ihr Befehlshaber tot war. Sie hatten sich eingespielt und brauchten seine Anweisungen nicht mehr.
Auf dem Dach gesellte sich ein zweiter Armbrustschütze dazu und gemeinsam töteten sie einen Krieger nach dem anderen. Coyote schaute nach oben und sah, wie einer der Männer genau auf ihn zielte.
Schnell tauchte er unter dem Stamm hindurch auf die andere Seite. Mit einem dumpfen Laut schlug der Bolzen in den Krieger ein, der jetzt an seiner Stelle stand. Er traf ihn unter seinem Hals in die Brust und der Mann fiel, ohne einen Laut von sich zu geben.
Wenn er doch nur nicht alle seine Steine verschossen hätte! Dann hätte er diese Kerle mit seiner Schleuder bekämpfen können! Warum holte die niemand mit Pfeil und Bogen herunter? Wieder krachte der Stamm gegen die Wand und erneut gingen sie ein paar Schritte zurück und nahmen Anlauf.
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Der letzte Jaguarkrieger
Narrativa StoricaBevor die Spanier Mittelamerika betraten, waren die Azteken die beherrschende Macht auf dem Kontinent. Niemand konnte ihnen das Wasser reichen. Doch ihre Macht beruhte auf Gewalt und Terror. Die unterworfenen und geknechteten Völker warteten sehnsüc...