Nur einen Tag darauf waren die Spanier zu Gast in Cempoala, denn die Stadt lag nur wenige Stunden von der Küste entfernt. Gleich neben dem Haus des Häuptlings ließ Cortés sein großes Zelt errichten. Während das Zelt noch aufgestellt wurde, lud der Häuptling der Totonaken Cortés in sein geräumiges Haus ein. Dort setzte der Spanier dem Dicken erst richtig zu, indem er ihr Gespräch vom Vortag wieder aufnahm.
„Wenn du das wirklich willst, dann werde ich den Totonaken aus ihrer Knechtschaft heraus helfen! Aber wenn ich das mache, dann muss ich wissen, ob du es wirklich ehrlich mit mir meinst." Mit einem milden Lächeln schaute Cortés dem Dicken ins Gesicht.
Der war sehr interessiert und beugte sich so weit nach vorn wie es sein Bauch erlaubte. „Was verlangst du von mir?"
„Ich kann dir nur dann aus der Knechtschaft der Azteken heraus helfen, wenn du den ersten Schritt machst. Du musst deinen Kriegern den Befehl geben, den aztekischen Tribut-Eintreiber gefangen zu nehmen."
Darüber war der Dicke so sehr erschrocken, dass ihm die Luft wegblieb. Er keuchte und war ganz blass vor Angst, aber Cortés ließ nicht locker.
„Es gibt keinen anderen Weg! Nur wenn du den aztekischen Tribut-Eintreiber gefangen nimmst, kann ich in Erfahrung bringen, ob du es ernst meinst, ob die Totonaken wirklich aus ihrer Knechtschaft heraus wollen. Nur so können wir ein Bündnis schließen."
Cortés rückte noch ein wenig näher an den Dicken heran und sah ihm direkt in die Augen. „Ich kann und ich werde dich vor den Azteken schützen, aber du musst den ersten Schritt machen", wiederholte er eindringlich.
Noch immer war der dicke Häuptling voller Zweifel und wusste nicht, wie er sich entscheiden sollte. Hin und her überlegte er, doch schließlich stellte Cortés ihn vor die Wahl.
„Du musst dich entscheiden, ob du auf ewig ein Sklave der Azteken sein willst, dann werde ich sofort mit meinen Männern abziehen. Oder du lässt den Tribut-Eintreiber und seine vier Krieger festnehmen. Dann wirst du das Joch der Azteken ein für allemal abschütteln!"
Martín saß daneben und hielt die Luft an. Wie würde der Dicke sich entscheiden? Eine ganze Weile sah es so aus, als würde er mit einem Infarkt kämpfen, doch irgendwann wurde er ruhiger. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und schließlich gab er seinen Leuten den entscheidenden Befehl, mit dem er seine eigene Zukunft und die Zukunft seines Volkes in die Hände von Cortés legte.
Sofort rannten seine Männer los und schnappten sich den Tribut-Eintreiber und die vier Krieger in seiner Begleitung. Weil aber einer von ihnen sich nicht den Holzkragen anlegen lassen wollte, mussten sie ihn zuerst mit ihren Knüppeln ein wenig weich klopfen, bevor er Ruhe gab und sich fesseln ließ.
Vollkommen außer Atem, aber auch mit strahlenden Gesichtern, rannten die Krieger zurück, zu ihrem dicken Häuptling. Einer der Männer trat vor. „Großer Sprecher, es ist geschafft! Wir haben die Azteken gefangen und sie in festes Holz gelegt. Gerade bringen wir sie zur Pyramide." Das Gesicht des Mannes wurde ernster und ein wenig besorgter. „Werden sie noch heute geopfert? Es wäre nicht gut, wenn die Azteken erfahren, was hier geschehen ist."
Eifrig nickte der Dicke, doch Malinche hatte die Botschaft ins Spanische übersetzt und Cortés hob die Hand.
„Nein! Diese Männer werden nicht geopfert!"
Entsetzt schauten alle Totonaken den spanischen Heerführer an. Doch der lächelte nur ein wenig geheimnisvoll und gab ein paar Befehle, die Malinche einfach nicht übersetzte. Genau wie ihr Herr lächelte sie die Totonaken nur an, behielt aber für sich, was er über ihre Köpfe hinweg entschieden hatte. Die Indianer waren vollkommen ratlos und verunsichert.
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Der letzte Jaguarkrieger
Tiểu thuyết Lịch sửBevor die Spanier Mittelamerika betraten, waren die Azteken die beherrschende Macht auf dem Kontinent. Niemand konnte ihnen das Wasser reichen. Doch ihre Macht beruhte auf Gewalt und Terror. Die unterworfenen und geknechteten Völker warteten sehnsüc...