Nie hätte Blaue Eidechse es für möglich gehalten, dass er eines Tages gerade diese Männer einmal anführen würde, doch genau so war es gekommen. Jahrelang hatten sie ihn drangsaliert, jetzt hingen sie an seinen Lippen und sie würden alles tun, was er von ihnen verlangte, nur weil er Freunde unter den Spaniern hatte. Flinker Waschbär und Verbranntes Gras hatten ihren Freunden erzählt, dass er nicht nur irgendwelche Spanier von niederem Rang kannte.
Er wurde von Frau Malinche mit seinem Namen angesprochen, er kannte Tonatiuh und er kannte einen Spanier, der selbst Nahuatl sprach, als wäre er einer von ihnen. Außerdem hatte er sogar schon einmal mit dem Herren von Malinche höchst selbst gesprochen.
Als Blaue Eidechse ihnen diese Geschichte erzählte, war es ganz still im Haus der Verschwörer. Der Herr von Malinche stand inzwischen auf der gleichen Stufe wie der große Sprecher der Azteken. Ihn auch nur einmal aus der Ferne zu sehen, würde für die meisten von ihnen wohl ein Traum bleiben, aber Blaue Eidechse hatte ihn gesprochen.
Er hatte die Spanier ganz allein vor einem Hinterhalt der Azteken gewarnt. In den Augen der jungen Männer war Blaue Eidechse ganz kurz davor, selbst zu einer Legende zu werden. Ihr Held war er auf jeden Fall und alle waren sie beschämt darüber, was sie ihm all die Jahre angetan hatten.
Wie ein Feldherr saß Blaue Eidechse ein Stück erhöht auf einem umgedrehten Korb über ihnen und schmiedete einen Plan mit seinen alten Feinden, die jetzt alle gern seine Freunde wären.
Sie sollten in die Nachbardörfer gehen und so viele junge Männer wie möglich anwerben. Mit ihnen sollte Flinker Waschbär an die Küste gehen und in der Nähe von Veracruz, unter dem Schutz der spanischen Garnison, Vogelkot von den Felsen kratzen. In sehr dicht geflochtenen Körben aus Gras sollten sie das Zeug zu den Spaniern bringen.
In der Zeit, in der sie fort waren, sollte Verbranntes Gras mit seinen angeworbenen Leuten auf die »Dame mit dem blauen Kleid« steigen. Dieser Vulkan spie nur selten Lava aus. Meistens zischte es nur aus diesem Berg und es stank fürchterlich. Dort, wo das Gas austrat, sammelte sich der gelbe Schwefel in dicken Brocken an. Man musste ihn dort oben nur ernten und in Körben nach unten schleppen. In Eis und Schnee war das sicher nicht einfach, aber machbar.
Blaue Eidechse wollte selbst nicht tatenlos daneben stehen. Er wollte mit einer eigenen, dritten großen Gruppe in die Wälder zwischen Tlaxcala und Texcoco gehen. Dort wollten die Spanier viele Bäume schlagen und große Kanus daraus bauen. Diese Kanus sollten riesig werden und sie sollten mit Segeln ausgestattet werden, genau wie die schwimmenden Türme, mit denen sie über das Meer gekommen waren.
Damit wollten die Spanier die Azteken in ihrer eigenen Stadt belagern. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen wie das gehen sollte, denn die Azteken besaßen doch Tausende Kanus. Doch diese Spanier hatten in der Vergangenheit schon oft verrückte Dinge getan, die sich vorher auch niemand vorstellen konnte. Die wussten ganz sicher was sie taten.
Zudem würde beim Bau der Schiffe eine Menge Holz übrig bleiben. Vielleicht konnte Martín ihm zeigen, wie er daraus Holzkohle herstellen konnte. Wenn sie alles zusammen hatten, Salpeter, Schwefel und Holzkohle, dann konnten die Spanier ihre Kanonen wieder mit Schießpulver füllen und ihre riesigen Kugeln den Azteken in die Gesichter schleudern.
Als Nkobe von diesem Plan erfuhr, war er gar nicht begeistert. Er wollte sich auch nicht daran beteiligen, aber er versprach so lange allein weiter an seinem Chinampas zu arbeiten wie Blaue Eidechse fort sein würde.
„Wenn du den Spaniern die Zutaten für ihr Schießpulver gibst, dann lass sie dafür wenigstens bluten!", meinte er mit einem schiefen Grinsen.
Blaue Eidechse hatte keine Ahnung, was Nkobe ihm damit sagen wollte und so erklärte er es ihm.
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Der letzte Jaguarkrieger
Fiksi SejarahBevor die Spanier Mittelamerika betraten, waren die Azteken die beherrschende Macht auf dem Kontinent. Niemand konnte ihnen das Wasser reichen. Doch ihre Macht beruhte auf Gewalt und Terror. Die unterworfenen und geknechteten Völker warteten sehnsüc...